DER BILDHAUER OTTO HITZBERGER.
Als Hauptzweck der Kunst stellte Breton
. einmal fest: „ daß die Seele des Künstlers in
Zwiesprache mit der Seele des Beschauers tritt."
Werke von Otto Hitzberger stellen unbestreit-
bar Resultate ehrlichen künstlerischen Wollens
dar; sie sind aber noch mehr: sie besitzen
Sprache und finden leicht den Kontakt mit dem
Beschauer, kurz, sie haben etwas zu „sagen",
sie reizen zur Zwiesprache zwischen Seele und
Seele. Hitzberger war auch (und ist noch!)
Sturm und Drang. Aber — er machte Halt,
als die Mitstürmer sich der völlig abstrakten
und rücksichtslosen Konstruktion zuwandten
und die eigenwilligen Prediger dieses streng-
starren Formenprinzips die Geister riefen, die
als gegeben hinnahmen, was zwar jene, aber
nicht sie durchkämpft und durchgefühlt hatten.
Hitzberger verpustete sich im Gewonnenen,
schuf mit einem Blick zur Gotik und einem in
sich einige reine, ehrlicheWerte und ging dann für
sich allein und mit sich allein wieder vorwärts
— den Weg, der zu seiner Eigenart führte,
sowohl im freien wie dekorativen Schaffen.
Crane erklärte einst: „Mag er Meißel, Ham-
mer oder Pinsel führen, mag er in der Schmiede
arbeiten oder an der Schnitzbank, im Schuppen
des Steinmetzen, auf dem Baugerüst oder im
Atelier: wenn er sein Werk fühlt, wenn er
die Geschicklichkeit erlangt, Schönheit
hervorzubringen, dann ist er ein Künstler im
besten Sinne des Wortes!" Wer Hitzberger in
seiner Werkstatt nicht einmal, sondern häufig
arbeiten gesehen — oder besser gesagt — er-
lebt hat, weiß, wie sehr Hitzberger sein Werk
fühlt; es lebt dann in ihm und beherrscht ihn
vollständig. Beim Schaffen ist er Temperament,
zäh, immer und immer wieder Durchdringer,
unablenkbar und unaufhaltsam, restlos auf-
gehend; er ist kein Kleber dabei am Vorge-
faßten, kein akademisch belasteter Bürokrat.
Seine leichte Hand besitzt schnellen Wurf;
handwerkliches Können, absolute Beherrschung
der Technik, durch Werkstattpraxis an der
Schnitzbank und am Stein erworbene Geschick-
lichkeit erleichtern ihm das Schaffen. Seine
besondere Stärke liegt in der Schaffung einer
fast stets vollendeten Silhouette; er besitzt das
Verständnis für Licht und Farbe und kennt
ihren Einfluß auf die Form der Skulptur, die ja
von beiden stark abhängig ist. Er weiß, sich
«VII. November 1923. 8
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Als Hauptzweck der Kunst stellte Breton
. einmal fest: „ daß die Seele des Künstlers in
Zwiesprache mit der Seele des Beschauers tritt."
Werke von Otto Hitzberger stellen unbestreit-
bar Resultate ehrlichen künstlerischen Wollens
dar; sie sind aber noch mehr: sie besitzen
Sprache und finden leicht den Kontakt mit dem
Beschauer, kurz, sie haben etwas zu „sagen",
sie reizen zur Zwiesprache zwischen Seele und
Seele. Hitzberger war auch (und ist noch!)
Sturm und Drang. Aber — er machte Halt,
als die Mitstürmer sich der völlig abstrakten
und rücksichtslosen Konstruktion zuwandten
und die eigenwilligen Prediger dieses streng-
starren Formenprinzips die Geister riefen, die
als gegeben hinnahmen, was zwar jene, aber
nicht sie durchkämpft und durchgefühlt hatten.
Hitzberger verpustete sich im Gewonnenen,
schuf mit einem Blick zur Gotik und einem in
sich einige reine, ehrlicheWerte und ging dann für
sich allein und mit sich allein wieder vorwärts
— den Weg, der zu seiner Eigenart führte,
sowohl im freien wie dekorativen Schaffen.
Crane erklärte einst: „Mag er Meißel, Ham-
mer oder Pinsel führen, mag er in der Schmiede
arbeiten oder an der Schnitzbank, im Schuppen
des Steinmetzen, auf dem Baugerüst oder im
Atelier: wenn er sein Werk fühlt, wenn er
die Geschicklichkeit erlangt, Schönheit
hervorzubringen, dann ist er ein Künstler im
besten Sinne des Wortes!" Wer Hitzberger in
seiner Werkstatt nicht einmal, sondern häufig
arbeiten gesehen — oder besser gesagt — er-
lebt hat, weiß, wie sehr Hitzberger sein Werk
fühlt; es lebt dann in ihm und beherrscht ihn
vollständig. Beim Schaffen ist er Temperament,
zäh, immer und immer wieder Durchdringer,
unablenkbar und unaufhaltsam, restlos auf-
gehend; er ist kein Kleber dabei am Vorge-
faßten, kein akademisch belasteter Bürokrat.
Seine leichte Hand besitzt schnellen Wurf;
handwerkliches Können, absolute Beherrschung
der Technik, durch Werkstattpraxis an der
Schnitzbank und am Stein erworbene Geschick-
lichkeit erleichtern ihm das Schaffen. Seine
besondere Stärke liegt in der Schaffung einer
fast stets vollendeten Silhouette; er besitzt das
Verständnis für Licht und Farbe und kennt
ihren Einfluß auf die Form der Skulptur, die ja
von beiden stark abhängig ist. Er weiß, sich
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