Skizzen ans Sachsen Nro. 1.
63
wie eingewurzelt stehen, denn es bot sich ihm ein Anblick
dar. der ihn vor Erstaunen sprachlos machte.
Es hatten nämlich sämmtliche Abgeordnete ihre Ueber-
schuhe hier abgezogen, und von Ueberschuhen hatte der
Stadtrichter von Rabenau bisher noch keine Ahnung. Ter
Verblüffte glaubte daher nichts Anderes, als die Abgeord-
neten hätten ihre Schuhe ausgezogen und verhandelten in
Strümpfen.
Nachdem er etwas hin- und hergesonnen, leuchtete plötz-
lich sein Gesicht auf, und er äußerte pfiffig: „'s wird ge-
wiß was Wichtiges verhandelt!" Ruhig setzte er sich
auf einen Stuhl und zog seine Stiefeln aus, die er neben
die Thür stellte; dann öffnete er die großen Flügelthüren
und schlich leise, leise auf den Zehen hinein in den Sitzungs-
saal.
Ter Redner, welcher so eben sprach, ward durch das
Geräusch der Thüre etwas gestört, drehte sich nach dem Ein-
tretenden um; statt aber in seiner Rede sortzufahren, brach
er in ein lautes Lachen aus, welches die Versammlung in
großes Erstaunen versetzte. Als aber die Blicke Aller denen
des Redners folgten, so brach von Gallerte und Saal ein
solches Gelächter los, daß Fenster und Kronleuchter zitterten.
Wer hätte auch nicht lachen sollen über den armen Stadt-
richter, der da stand ein Bild des Schreckens und der Ver-
wunderung, die Füße seiner Herrn Collegen anstarrend, an
denen er statt der Strümpfe glänzend-schwarze Stiefeln er-
blickte. Plötzlich drehte er um, und hinaus stürmte er, die
Flügelthüren mit donnerndem Krachen zuschlagend; beim Por-
tier vorbei flog er die Treppe hinab, dieser ihm nach, denn er
hatte ihn nicht erkannt, und glaubte, es sei Einer, der ein
paar Stiefeln ausführen wolle; als er aber seinen Jrrthum
einsah, ließ er ihn laufen. Fort lief der Volksvertreter, und
nicht einmal seine Strümps zog er aus, bis er sich in
Rabenau aufs Canapee warf und sagte: „Da muß der Teufel
drinn sitzen."
Klug genug war er, um Niemanden ein Wort von der
ganzen Geschichte zu sagen, aber ein Unglück kömmt selten
allein.
Meister Eger der Schmid war auf der Gallerte gewesen
und brachte die Mähr mit nach Rabenau, und als am Sonn-
tag der Stadtrichter mit dem Pfarrer, Schulmeister und Kauf-
mann im Wirthshaus beim Spielchen saß, und das junge
muthwillige Volk plötzlich leise, leise in Strümpfen zur Thür
hereinschlich, da wurde er blaß und drückte sich durch die
andere Thür hinaus unter dem Gelächter der Rabenauer.
Aber wer zuletzt lacht, lacht am besten; der Landtag
hat dem Stadtrichter zwei schöne Felder, vier Kühe und einen
neuen Schubkarren eingebracht.
63
wie eingewurzelt stehen, denn es bot sich ihm ein Anblick
dar. der ihn vor Erstaunen sprachlos machte.
Es hatten nämlich sämmtliche Abgeordnete ihre Ueber-
schuhe hier abgezogen, und von Ueberschuhen hatte der
Stadtrichter von Rabenau bisher noch keine Ahnung. Ter
Verblüffte glaubte daher nichts Anderes, als die Abgeord-
neten hätten ihre Schuhe ausgezogen und verhandelten in
Strümpfen.
Nachdem er etwas hin- und hergesonnen, leuchtete plötz-
lich sein Gesicht auf, und er äußerte pfiffig: „'s wird ge-
wiß was Wichtiges verhandelt!" Ruhig setzte er sich
auf einen Stuhl und zog seine Stiefeln aus, die er neben
die Thür stellte; dann öffnete er die großen Flügelthüren
und schlich leise, leise auf den Zehen hinein in den Sitzungs-
saal.
Ter Redner, welcher so eben sprach, ward durch das
Geräusch der Thüre etwas gestört, drehte sich nach dem Ein-
tretenden um; statt aber in seiner Rede sortzufahren, brach
er in ein lautes Lachen aus, welches die Versammlung in
großes Erstaunen versetzte. Als aber die Blicke Aller denen
des Redners folgten, so brach von Gallerte und Saal ein
solches Gelächter los, daß Fenster und Kronleuchter zitterten.
Wer hätte auch nicht lachen sollen über den armen Stadt-
richter, der da stand ein Bild des Schreckens und der Ver-
wunderung, die Füße seiner Herrn Collegen anstarrend, an
denen er statt der Strümpfe glänzend-schwarze Stiefeln er-
blickte. Plötzlich drehte er um, und hinaus stürmte er, die
Flügelthüren mit donnerndem Krachen zuschlagend; beim Por-
tier vorbei flog er die Treppe hinab, dieser ihm nach, denn er
hatte ihn nicht erkannt, und glaubte, es sei Einer, der ein
paar Stiefeln ausführen wolle; als er aber seinen Jrrthum
einsah, ließ er ihn laufen. Fort lief der Volksvertreter, und
nicht einmal seine Strümps zog er aus, bis er sich in
Rabenau aufs Canapee warf und sagte: „Da muß der Teufel
drinn sitzen."
Klug genug war er, um Niemanden ein Wort von der
ganzen Geschichte zu sagen, aber ein Unglück kömmt selten
allein.
Meister Eger der Schmid war auf der Gallerte gewesen
und brachte die Mähr mit nach Rabenau, und als am Sonn-
tag der Stadtrichter mit dem Pfarrer, Schulmeister und Kauf-
mann im Wirthshaus beim Spielchen saß, und das junge
muthwillige Volk plötzlich leise, leise in Strümpfen zur Thür
hereinschlich, da wurde er blaß und drückte sich durch die
andere Thür hinaus unter dem Gelächter der Rabenauer.
Aber wer zuletzt lacht, lacht am besten; der Landtag
hat dem Stadtrichter zwei schöne Felder, vier Kühe und einen
neuen Schubkarren eingebracht.
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Skizzen aus Sachsen Nro. 1"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 10.1849, NR. 224, S. 63
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg