Lebensregeln eines altern Dümmelbecker Buchhändlers rc.
ISS
Doch wieder auf meinen
Lebenswandel! Nachdem ich
nun der Frömmigkeid genug
gedhan!-(Zu einem Bet-
teljungen) Sackerloter wntt du
woll das Beddeln lahten! Gieh
meind maiit, man kann bet
Pote vor jut immer in der
Ficke habben! (Zu den jün-
gcrn). Sehense, wenn ich Arm-
flegerwere, mißten dieJungens
alle in die lateinische Schule
gehen, das Betteln herte auf,
dieBuchhändlergewennen, und
wir bekemen viele Pastoren, die
es billiger deten, als die jetzi-
gen es dhun. (Zu denrJnngen.)
Teifmant, wenn ick dick noch
emal erwische du Fulenzer! (Zu den jüngern) Sonst geht
Alles den Sonndag seinen geregelden Gang, Sweinebraten essen
wir mant, und meine Frau führe ich den Nachmiddag spad-
zieren und an den drei Maschdagen slage ich eu bisgen über
den Sdronk. Na aber auch so was wie unsere Masch wegen
der Sweine und unser Johannismarkt wegen der Wohlgerüche,
nein das Umgekehrte wollte ich sagen, hat auch keine andere
Sdadt, Gott sei dank! -
E
gewinnen immer. Wenn man auch Sieger blcibd, man giebd
ihnen hin, was man hat; sie beudeln Einen fermlich ans.
Und dann unser Schitzenzug!"
„Ja großartig! Man weiß nicht, bei wem mehr die Para-
phranesis herrscht, bei denen, die dergleichen anseheu können,
oder bei denen, die dergleichen machen."
„Ja ein Bischen Pharaonennäsig sind se, namendlich die
beiden Schitzenkenige; da haben aber unsere Bürger Recht
dazu, denn es sind ihre alten Gerechtsame, daran halten se
und weder der Deiwel noch der Herrgott kann se en Tritt
vorwärts bringen. Doch niein Lebenswandel! Sehense, man-
nechsmal gehe ich auch innes Theater, wenn mein Jnquiline
der Tenorist Horn singt. Horn is eigendlich kein Künstler-
name, er sollte sich ins Französische übersetzen. Das is ne
Seele, wir haben uns erst zweimal miteinander geprügelt
und doch wohnt er schon ein Jahr bei mir. Diesen Hausfreund
verdanke ich meiner Frau, ich wollte, ich krichte noch so einen."
„Ich werde mit Ihrer Frau dafür sorgen!"
„Obligird! Und dann, wenn die Leibsiger Ostermesse kommt,
da muß der Mensch den Buchhändler weichen. Man will
Manuscribte, man muß mit den Lidderathcn gehn. Na wo
die mich schon alles Hingeviert haben! Und wenn ich denn so
en Bischen in Tritt bin, da vergesse ich Weib und Kind unn
lasse mich anpumpen auf alle denkbare Weise. Und die Kerle
wissen die Füchse aus dem Loche zu locken. Und die Buch-
händler! da muß man auch midmachen, da wird Champagnert,
und wehrend die eigenen Krebse den Leichnam des Geschäftes
„Ja es ist ein Pestilenzialisch - bestialisches,
horizontal-perpendicularischcs Fest! Man glaubt,
man ist sein eigenes Hausthier, und ruft mit dem
unsterblichen Goethe aus:
Mir ist so kanibalisch wohl,
Als wie fünftausend Schweinen!"
„Na also auch unser große Goethe, der be-
rühmde Faustmacher, hadd uns angesungen, na
das is scheu, unser Klingemann, der auch en
Faustmacher is, hadd das nich gedahn. Na eigcnd-
lich is es mehr en Fest für unsere Damens, sie
kennen in einsweg mit uns Männern spielen und
18!
ISS
Doch wieder auf meinen
Lebenswandel! Nachdem ich
nun der Frömmigkeid genug
gedhan!-(Zu einem Bet-
teljungen) Sackerloter wntt du
woll das Beddeln lahten! Gieh
meind maiit, man kann bet
Pote vor jut immer in der
Ficke habben! (Zu den jün-
gcrn). Sehense, wenn ich Arm-
flegerwere, mißten dieJungens
alle in die lateinische Schule
gehen, das Betteln herte auf,
dieBuchhändlergewennen, und
wir bekemen viele Pastoren, die
es billiger deten, als die jetzi-
gen es dhun. (Zu denrJnngen.)
Teifmant, wenn ick dick noch
emal erwische du Fulenzer! (Zu den jüngern) Sonst geht
Alles den Sonndag seinen geregelden Gang, Sweinebraten essen
wir mant, und meine Frau führe ich den Nachmiddag spad-
zieren und an den drei Maschdagen slage ich eu bisgen über
den Sdronk. Na aber auch so was wie unsere Masch wegen
der Sweine und unser Johannismarkt wegen der Wohlgerüche,
nein das Umgekehrte wollte ich sagen, hat auch keine andere
Sdadt, Gott sei dank! -
E
gewinnen immer. Wenn man auch Sieger blcibd, man giebd
ihnen hin, was man hat; sie beudeln Einen fermlich ans.
Und dann unser Schitzenzug!"
„Ja großartig! Man weiß nicht, bei wem mehr die Para-
phranesis herrscht, bei denen, die dergleichen anseheu können,
oder bei denen, die dergleichen machen."
„Ja ein Bischen Pharaonennäsig sind se, namendlich die
beiden Schitzenkenige; da haben aber unsere Bürger Recht
dazu, denn es sind ihre alten Gerechtsame, daran halten se
und weder der Deiwel noch der Herrgott kann se en Tritt
vorwärts bringen. Doch niein Lebenswandel! Sehense, man-
nechsmal gehe ich auch innes Theater, wenn mein Jnquiline
der Tenorist Horn singt. Horn is eigendlich kein Künstler-
name, er sollte sich ins Französische übersetzen. Das is ne
Seele, wir haben uns erst zweimal miteinander geprügelt
und doch wohnt er schon ein Jahr bei mir. Diesen Hausfreund
verdanke ich meiner Frau, ich wollte, ich krichte noch so einen."
„Ich werde mit Ihrer Frau dafür sorgen!"
„Obligird! Und dann, wenn die Leibsiger Ostermesse kommt,
da muß der Mensch den Buchhändler weichen. Man will
Manuscribte, man muß mit den Lidderathcn gehn. Na wo
die mich schon alles Hingeviert haben! Und wenn ich denn so
en Bischen in Tritt bin, da vergesse ich Weib und Kind unn
lasse mich anpumpen auf alle denkbare Weise. Und die Kerle
wissen die Füchse aus dem Loche zu locken. Und die Buch-
händler! da muß man auch midmachen, da wird Champagnert,
und wehrend die eigenen Krebse den Leichnam des Geschäftes
„Ja es ist ein Pestilenzialisch - bestialisches,
horizontal-perpendicularischcs Fest! Man glaubt,
man ist sein eigenes Hausthier, und ruft mit dem
unsterblichen Goethe aus:
Mir ist so kanibalisch wohl,
Als wie fünftausend Schweinen!"
„Na also auch unser große Goethe, der be-
rühmde Faustmacher, hadd uns angesungen, na
das is scheu, unser Klingemann, der auch en
Faustmacher is, hadd das nich gedahn. Na eigcnd-
lich is es mehr en Fest für unsere Damens, sie
kennen in einsweg mit uns Männern spielen und
18!
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Lebensregeln eines älteren Dummelbecker Buchhändlers an einen jüngeren Collegen"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Kommentar
abweichende Titelschreibweise (Dümmelbecker statt Dummelbecker)
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Thema/Bildinhalt (normiert)
Mühlsteinkragen <Motiv>
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 12.1850, Nr. 282, S. 139
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg