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Schwämmchen.

<£in Märlein.

efretär Schwämmchen war ein braver und psiichtgetreuer
Beamler. Nur eine Leidenschaft Halle er. Er versäumte
keine Beerdigung eines Kollegen oder Bekannten. Auch
wenn er jemandem im Leben in keiner Weise nahegestanden war —
die Tatsache, daß der Ärmste gestorben, gewann ihm Schwämmchens
perz und Beileid, und nichts hielt ihn ab, sich für den Nachmittag
vom Bureaudienst freizubitten und in feierlicher Kleidung mit der
Würde eines tieftrauernden Hinterbliebenen sich dem Sarggefolge
einzuverleiben. Ja, seine Teilnahme ging so weit, daß seine mit-
emxfindende Seele sich auch nicht von dem meist nachher üblichen
Leichentrunk lossagen konnte; nein, auch hier schied er gewöhn-
lich als letzter von der Stätte, an der man nach alter deutscher
Art dem Andenken des Verlebten eine ehrenvolle Spende darge-
bracht.

Auf diese Weise erweiterte sich natürlich der Bekanntenkreis
Schwämmchens immer mehr und mehr, und die Pflicht, solchen
letzten Gängen beizuwohnen, steigerte sich von Jahr zu Jahr, ja,
von Monat zu Monat. Schon kannte man das feierlich gekleidete
und würdig im Trauerzug einherschreitende Männlein auf allen
Friedhöfen und infolgedessen auch in allen benachbarten Gast-
häusern. Seine Vorgesetzten schüttelten zwar immer heftiger den
Kopf und murmelten dies und das, wenn er wieder und wieder

um Dienstenthebung kam. Aber niemand wagte es, bei dem Ernst,
mit dem er sein Nebenamt betrieb, und bei der Wärme, womit
er feuchten Auges jedesmal die Notwendigkeit seiner Teilnahme
betonte, ihm seine Bitte abzuschlagen.

Endlich aber kam sein eigenes letztes Stündlein. An einen:
schönen sonnenklaren Wintertag trug man ihn hinaus. Kein
Wunder, daß das Gefolge hinter seinen: Sarg von einer unge-
wöhnlichen Stärke war. Alle, denen er bei einem verstorbenen
Lieben den gleichen Dienst erwiesen, schritten nun im Zuge. Auch
alle seine Amtsgenossen waren dabei, und, wie es schon unter
Kollegen so geht, die Bosheit ruhte auch bei Liesen: ernsten Gang
nicht ganz. „Es wird ihm leid tun," sagte einer, der oft nach-
mittags seine Arbeit mit hatte besorgen müssen, „daß er selber
diesmal nicht dabei sein kann!" Dann sah er zufällig um, und
sein Gesicht wurde bleich, das Wort erstarb ihm auf den Lippen
— stumm deutete er mit bebenden Fingern nach rückwärts. Sein
Nachbar sah um, und die Nächsten sahen zurück und immer mehr
und mehr, und schließlich folgten alle mit ihren Blicken der an-
gezeigten Richtung. Und alle sahen es stumm und blaß — als
letzter im Zug . . in feierlichem Trauerschmuck .. ernst und würdig
wie immer . . lautlos und schemenhaft folgte Schwämmchen pflicht-
getreu seinem eigenen Begräbnis. „ womde».

L,. Der rücksichtsvolle Schusterjunge. . q -


„Na, Fritz, warum ißt Du denn nickst?" — „De Subbe is mir zu heeß, Frau Meestern!" - „Blast e’
bißchen, Junge, da werd se kalt!" — „Ach nee, Meestern, das mach' ich niche — ich kennte der Subbe Stoob in ihr
eenz'ges Ooge blasen!"_
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Der rücksichtsvolle Schusterjunge"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Stubenrauch, Hans
Entstehungsdatum
um 1909
Entstehungsdatum (normiert)
1904 - 1914
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 130.1909, Nr. 3318, S. 105

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