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Die harmlose Geschichte vom petzgauer ITTannM.
Don
Georg (Qucri.
igentlich wäre über den alten Petzgauer gar
nichts zu berichten, als daß er sich durch
das viele Rackern einen verdorr-
ten, krummen Rücken geholt hat.
Und darum, weil er so ein
zusammengeschrumpftes altes Bäu-
erlein ist, darum heißt man ihn
das Petzgauer Manndl.
Das Petzgauer Manndl haust
mit seinem alten Weiblein in kreuz-
gemütlicher Eintracht zusammen,
Er hat sie nie hintergangen und sie
ist immer brav zu ihm gestanden.
Aber einmal ist eine schwere Sund' über die Leber des Petz-
gauer Manndl gekrochen. Sie ist schier nit zu verzeihen.
Damals hat er ein Kalbl verkauft an den Mohrenköpflwirt.
„Aber die Leber mußt D' Dir halt ausnehmenI" sagte die Petz-
gauerin. „Ich mag sie so viel gern essen, die Leber von einem
Kalbl."
schier an die fünfzig Jahr'.
„Alsdann nehm' ich mir die Leber aus," sagte das Petzgauer
Manndl, trieb das Kalb zum Mohrenköpflwirt und sagte es dem
von wegen der Leber.
„Wird eh gleich gestochen, das Kalbl," sagte der Mohrenwirt.
„Sitz Dich in die Stuben und trink ein Maßl, dann kannst D' die
Leber haben."
Aber das Petzgauer Manndl hat vier Maßl lang warten
müssen, bis die Leber 'kommen ist.
„Da ist Deine Kalblleber," sagte der Mohrenköpflwirt. „Die
wird Dir aber fein schmecken, die Leber!"
„Ach jeh, und jetzt habt Ihr die Leber gleich angericht' in
der Soß! Und ich hält' sie der Bäu'rin mitbringen müssen."
„Wird Dir justament auch nit schaden."
„Sell wohl."
Nein, schaden tut's ihm wirklich nichts — das merkt er schon
beim ersten Bröckel. Ah, und die Soß ist gut! Aber sündhaft
ist's schon, der Bäu'rin das wegzuessen.
Aber weil er noch ein Maßl Bier hinter der Kalblleber drein-
schickt, der petzgauer, drum merkt er nicht mehr so viel von der Sünd-
haftigkeit. Schau, der Mohrenköpflwirt schenkt schon wieder ein.
Ganz torklig kommt das Petzgauer Manndl heim.
„Tust D' die Straßen abmessen?" fragt die Petzgauerin, wie sic
ihn von einer Straßenseite zur andern kreuzen sieht.
„Nein, die Straßen tu ich nit abmessen," sagt der Petzgauer
jämmerlich.
„Am End' hast D' die Leber von dem Kalbl verloren I" fällt's
der petzgauerin angstvoll ein.
„Die kann ich nit gut verloren haben!"
„Alsdann so gib sie her, die Leber!"
„Ach jeh! weible, Weible — und die Leber kann ich Dir
nit geben — "
„Alsdann hast Du die Leber vergessen, Du lauschiger Mann,
Du mit Deinem Biersaufcn!"
„Nein, Weible," sagt der Petzgauer verlogenerweis, „die Hab
ich nit vergessen. Das ist so eine Geschichte mit der Leber. Die
muß ich Dir verzählen, die Geschicht'. Alsdann da hat der Mohren-
köpflwirt unser Kalbl gestochen — nit wahr?"
„Wird wohl wahr sein müssen," bejaht die petzgauerin.
„Alsdann, und er will die Leber Herausschneiden für Dich,
nit wahr?"
„freilich, die Leber."
„Alsdann, und da sucht er und sucht und sagt zu mir — —
weißt Du, was er zu mir g'sagt hat, Weible?"
„Ich kann's wohl nit derraten."
„Nein, das kannst D' nit, Weible. „Petzgauer Manndl" hat
der Mohrenköpflwirt g'sagt, „das Kalbl hat keine Leber nit!"
Die harmlose Geschichte vom petzgauer ITTannM.
Don
Georg (Qucri.
igentlich wäre über den alten Petzgauer gar
nichts zu berichten, als daß er sich durch
das viele Rackern einen verdorr-
ten, krummen Rücken geholt hat.
Und darum, weil er so ein
zusammengeschrumpftes altes Bäu-
erlein ist, darum heißt man ihn
das Petzgauer Manndl.
Das Petzgauer Manndl haust
mit seinem alten Weiblein in kreuz-
gemütlicher Eintracht zusammen,
Er hat sie nie hintergangen und sie
ist immer brav zu ihm gestanden.
Aber einmal ist eine schwere Sund' über die Leber des Petz-
gauer Manndl gekrochen. Sie ist schier nit zu verzeihen.
Damals hat er ein Kalbl verkauft an den Mohrenköpflwirt.
„Aber die Leber mußt D' Dir halt ausnehmenI" sagte die Petz-
gauerin. „Ich mag sie so viel gern essen, die Leber von einem
Kalbl."
schier an die fünfzig Jahr'.
„Alsdann nehm' ich mir die Leber aus," sagte das Petzgauer
Manndl, trieb das Kalb zum Mohrenköpflwirt und sagte es dem
von wegen der Leber.
„Wird eh gleich gestochen, das Kalbl," sagte der Mohrenwirt.
„Sitz Dich in die Stuben und trink ein Maßl, dann kannst D' die
Leber haben."
Aber das Petzgauer Manndl hat vier Maßl lang warten
müssen, bis die Leber 'kommen ist.
„Da ist Deine Kalblleber," sagte der Mohrenköpflwirt. „Die
wird Dir aber fein schmecken, die Leber!"
„Ach jeh, und jetzt habt Ihr die Leber gleich angericht' in
der Soß! Und ich hält' sie der Bäu'rin mitbringen müssen."
„Wird Dir justament auch nit schaden."
„Sell wohl."
Nein, schaden tut's ihm wirklich nichts — das merkt er schon
beim ersten Bröckel. Ah, und die Soß ist gut! Aber sündhaft
ist's schon, der Bäu'rin das wegzuessen.
Aber weil er noch ein Maßl Bier hinter der Kalblleber drein-
schickt, der petzgauer, drum merkt er nicht mehr so viel von der Sünd-
haftigkeit. Schau, der Mohrenköpflwirt schenkt schon wieder ein.
Ganz torklig kommt das Petzgauer Manndl heim.
„Tust D' die Straßen abmessen?" fragt die Petzgauerin, wie sic
ihn von einer Straßenseite zur andern kreuzen sieht.
„Nein, die Straßen tu ich nit abmessen," sagt der Petzgauer
jämmerlich.
„Am End' hast D' die Leber von dem Kalbl verloren I" fällt's
der petzgauerin angstvoll ein.
„Die kann ich nit gut verloren haben!"
„Alsdann so gib sie her, die Leber!"
„Ach jeh! weible, Weible — und die Leber kann ich Dir
nit geben — "
„Alsdann hast Du die Leber vergessen, Du lauschiger Mann,
Du mit Deinem Biersaufcn!"
„Nein, Weible," sagt der Petzgauer verlogenerweis, „die Hab
ich nit vergessen. Das ist so eine Geschichte mit der Leber. Die
muß ich Dir verzählen, die Geschicht'. Alsdann da hat der Mohren-
köpflwirt unser Kalbl gestochen — nit wahr?"
„Wird wohl wahr sein müssen," bejaht die petzgauerin.
„Alsdann, und er will die Leber Herausschneiden für Dich,
nit wahr?"
„freilich, die Leber."
„Alsdann, und da sucht er und sucht und sagt zu mir — —
weißt Du, was er zu mir g'sagt hat, Weible?"
„Ich kann's wohl nit derraten."
„Nein, das kannst D' nit, Weible. „Petzgauer Manndl" hat
der Mohrenköpflwirt g'sagt, „das Kalbl hat keine Leber nit!"
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Die harmlose Geschichte vom Petzgauer Manndl"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum (normiert)
1909 - 1909
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 130.1909, Nr. 3323, S. 169
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg