Eine westerwälder Säugeschichte.
28
Freilinger Hansjörg? Guten Mittag, Freund Hansjörg!
Schon verkauft? Wirklich? Vierzig Thaler für die Schweine
bekommen? Nun, es waren auch die schönsten auf dem gan-
zen Marktplatz! Komm! laß uns einmal anstoßen! Ihre
Fütterschen, die Jane, soll leben! Heute gehts vor Nacht
nicht nach Hause! Hörst du, Hansjörg, warte auf uns,
wir gehen zusammen! —
Doch als die Nacht anbrach, sah man Hansjörg, selig
torkelnd, allein seine Straßen ziehen! An was man nur denken
mag, wenn man betrunken ist? Ich habe mir schon oft
vorgenommen, einmal darauf Achtung zu geben, doch es noch
regelmäßig vergessen! Der Mond mit seiner weißen Schlaf-
mütze lächelt so freundlich Einem zu; droben im blauen
Himmelssaal streichen die Englein Geigen, blasen Flöten,
und singen dazu; die gvldnen Sterne tanzen zu ihrem Spiele;
und nieder zur Erde steiget die Lust; und sieh! rings im
Kreise tanzen schon die Bäume, sanft koset mit den Blumen
der Schmetterling und selbst die Hügel wachen auf zur Freude
und rufen fortschwebend im Tanze dir zu: „Warum tanzest
du nicht?" Keck auffordernd schiebst du dann schnell den
runden Hut auf ein Ohr, schlägst der Erde ein Schnippchen,
und beflügelt von den seligen Gefühlen der Freude strebt ,
Herz und Liebe mit einem „Juchhe!" in höhere Regionen!
O seliger Hansjörg!
Vom Molsburger Markt bis nach Freilingen sind zwei
kleine Stunden, doch, wenn man betrunken ist oder Schweine
treibt, braucht man deren vier, denn Schweine und Betrunkene
haben das miteinander gemein, daß sie den Straßenkoth lieben.
Selig torkelte Hansjörg seinen Weg dahin, Erde und Him-
mel tanzten zusammen, warum hätte Er der Einzige sein
sollen, der im Tanze der Welten die Lust von sich stieß?
Doch wie es oft geschieht, daß ein böser Kamerad Einem
beim Tanze einen Fuß stellt, und man hinfallen muß, so
hatte auch ein neidischer Dämon den tanzenden Hansjörg
einen großen Stein in den Weg gelegt und ehe er es wußte,
lag Hansjörg schon im Chausseegraben, Aber schnell erhob
er sich wieder und lächelte selig, denn er hatte ja nun wieder
einen breiten Streifen auf der rechten Seite seiner Hosen,
grade so, wie damals als er noch in Weilburg Soldat war!
Freilich, damals trug er grüne Hosen mit rothen Streifen;
und was stolzirte er damit, wenn es Sonntags Nachmittags
zu Bier und Tanz in die grüne Tanne ging! Ha, dachte
Hansjörg, es war doch ein schönes Leäba!
Es gibt kein schönres Leäbe,
Als das Saldoteleäbe,
Als das Saldoteleäbe! —
Skeht er im Feld,
Sein ist die Welt!
Ist er nit Offiffär,
Ist er doch Grenadiär;
Steht er im Glied, wie er!
Weiß nit, wos besser war!
Juchhe! Ins Feld! Juchhe! Ins Feld!
Mein ist die Welt! Mein ist die Welt! —
Unterdessen wartete Mutter Jane zu Hause mit Schmer-
zen, O, wie oft hatte sie schon die runden Fensterscheiben
geöffnet und hinausgeschaut in die sterngestickte Winternacht!
Draußen war Alles so ruhig, so stille! Sie hörte nur die
Schläge des eigenen besorgten Herzens tönen. Und hatte
sie nicht Ursache besorgt zu sein? Schlagen die Freilinger
und die Molsburger sich nicht immer auf Markttage und Kirch-
weihfeste blutige Köpfe, und war nicht erst vor zwei Jahren
ein Molsburger Bursche mit Stuhlbeinen todtgeschlagen wor-
den? Wie? Wenn sie ihm aufgelauert, ihm sein Geld ge-
nommen und ihn todtgeschlagen hätten? Wenn sie dir ihn
über und über mit Blut bedeckt ins Haus hereintrüg —
„Herr Jeses!" schrie sie auf einmal auf und ein kalter
Schweiß floß ihr von der Stirne, denn ihr Herz sagte ihr
daß ihre Ahnungen Gewißheit geworden; draußen in der
Hausflur hatte sie ja Tritte und unverständliche Laute ge-
hört. Jetzt, arme Jane gefaßt! Sie bringen ihn dir! Ihre
Sinne schwanden, ihre Kniee wankten, da rafft sie sich auf,
stürzt mit der brennenden Lampe der Thüre zu und —
(Schluß folgt).
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Freilinger Hansjörg? Guten Mittag, Freund Hansjörg!
Schon verkauft? Wirklich? Vierzig Thaler für die Schweine
bekommen? Nun, es waren auch die schönsten auf dem gan-
zen Marktplatz! Komm! laß uns einmal anstoßen! Ihre
Fütterschen, die Jane, soll leben! Heute gehts vor Nacht
nicht nach Hause! Hörst du, Hansjörg, warte auf uns,
wir gehen zusammen! —
Doch als die Nacht anbrach, sah man Hansjörg, selig
torkelnd, allein seine Straßen ziehen! An was man nur denken
mag, wenn man betrunken ist? Ich habe mir schon oft
vorgenommen, einmal darauf Achtung zu geben, doch es noch
regelmäßig vergessen! Der Mond mit seiner weißen Schlaf-
mütze lächelt so freundlich Einem zu; droben im blauen
Himmelssaal streichen die Englein Geigen, blasen Flöten,
und singen dazu; die gvldnen Sterne tanzen zu ihrem Spiele;
und nieder zur Erde steiget die Lust; und sieh! rings im
Kreise tanzen schon die Bäume, sanft koset mit den Blumen
der Schmetterling und selbst die Hügel wachen auf zur Freude
und rufen fortschwebend im Tanze dir zu: „Warum tanzest
du nicht?" Keck auffordernd schiebst du dann schnell den
runden Hut auf ein Ohr, schlägst der Erde ein Schnippchen,
und beflügelt von den seligen Gefühlen der Freude strebt ,
Herz und Liebe mit einem „Juchhe!" in höhere Regionen!
O seliger Hansjörg!
Vom Molsburger Markt bis nach Freilingen sind zwei
kleine Stunden, doch, wenn man betrunken ist oder Schweine
treibt, braucht man deren vier, denn Schweine und Betrunkene
haben das miteinander gemein, daß sie den Straßenkoth lieben.
Selig torkelte Hansjörg seinen Weg dahin, Erde und Him-
mel tanzten zusammen, warum hätte Er der Einzige sein
sollen, der im Tanze der Welten die Lust von sich stieß?
Doch wie es oft geschieht, daß ein böser Kamerad Einem
beim Tanze einen Fuß stellt, und man hinfallen muß, so
hatte auch ein neidischer Dämon den tanzenden Hansjörg
einen großen Stein in den Weg gelegt und ehe er es wußte,
lag Hansjörg schon im Chausseegraben, Aber schnell erhob
er sich wieder und lächelte selig, denn er hatte ja nun wieder
einen breiten Streifen auf der rechten Seite seiner Hosen,
grade so, wie damals als er noch in Weilburg Soldat war!
Freilich, damals trug er grüne Hosen mit rothen Streifen;
und was stolzirte er damit, wenn es Sonntags Nachmittags
zu Bier und Tanz in die grüne Tanne ging! Ha, dachte
Hansjörg, es war doch ein schönes Leäba!
Es gibt kein schönres Leäbe,
Als das Saldoteleäbe,
Als das Saldoteleäbe! —
Skeht er im Feld,
Sein ist die Welt!
Ist er nit Offiffär,
Ist er doch Grenadiär;
Steht er im Glied, wie er!
Weiß nit, wos besser war!
Juchhe! Ins Feld! Juchhe! Ins Feld!
Mein ist die Welt! Mein ist die Welt! —
Unterdessen wartete Mutter Jane zu Hause mit Schmer-
zen, O, wie oft hatte sie schon die runden Fensterscheiben
geöffnet und hinausgeschaut in die sterngestickte Winternacht!
Draußen war Alles so ruhig, so stille! Sie hörte nur die
Schläge des eigenen besorgten Herzens tönen. Und hatte
sie nicht Ursache besorgt zu sein? Schlagen die Freilinger
und die Molsburger sich nicht immer auf Markttage und Kirch-
weihfeste blutige Köpfe, und war nicht erst vor zwei Jahren
ein Molsburger Bursche mit Stuhlbeinen todtgeschlagen wor-
den? Wie? Wenn sie ihm aufgelauert, ihm sein Geld ge-
nommen und ihn todtgeschlagen hätten? Wenn sie dir ihn
über und über mit Blut bedeckt ins Haus hereintrüg —
„Herr Jeses!" schrie sie auf einmal auf und ein kalter
Schweiß floß ihr von der Stirne, denn ihr Herz sagte ihr
daß ihre Ahnungen Gewißheit geworden; draußen in der
Hausflur hatte sie ja Tritte und unverständliche Laute ge-
hört. Jetzt, arme Jane gefaßt! Sie bringen ihn dir! Ihre
Sinne schwanden, ihre Kniee wankten, da rafft sie sich auf,
stürzt mit der brennenden Lampe der Thüre zu und —
(Schluß folgt).
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Eine westerwälder Säugeschichte"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 14.1851, Nr. 316, S. 28
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg