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Was ist der Mensch, wenn er Geld hat? Alles! — Was
ist der Mensch, wenn er Alles hat, aber kein Geld? Nichts.

Nun, der Maler Valentin Gärtner fühlte sich an einem
schönen Morgen, als er Studien halber Lust hatte, auf's
Land zu gehen, als ein Nichts, als ein unendliches Nichts.
Eine ächte Künstlernatur hatte er sich fast eben so sehr an
den Mangel, als dieser an ihn gewöhnt, und deßhalb war
er sonst gerade nicht absonderlich verstimmt, wenn seine Kasse
an Erschöpfung litt. Er wußte sich immer auf so lange zu
helfen, bis er ein neues Werk verfertigt und eine neue Spring-
fluth die Dünen seiner Baarschaft deckte. Heute nun sah er
sich in seinem Atelier nach allem Verkäuflichen um und durch-
suchte die geheimsten Schubladen seines Schrankes, bis er
endlich die ihm von Luzinden gestickte Mappe fand. Zwar
entschloß er sich nicht gleich, doch entschloß er sich nach einer
ganz kleinen Weile, das Geschenk zu Gelde zu machen.

Gärtner besaß unzählige kleine Angedenken von Frauen
und Mädchen; aber keines dieser Erinnerungen hätte er selbst
um eine hohe Summe verkauft. Nicht ein welkes Vergiß-
meinnicht, das ihm von Mädchenhand in trauter Stunde ge-
schenkt worden, hätte er veräußert. Diese Mappe aber, dieses
Kunstwerk der Stickerei zu veräußern, kostete ihm wenig Ueber-
windnng. Wie ist dies zu erklären? — Ganz einfach da-
durch, daß er Luzinden nicht liebte. Für sein ästhetisches
Gefühl war sie ihm Alles; für sein Herz war sie ihm fast
Ulchts. Er traute ihr keine wahre Empfindung zu, und sie
konnte seinen Geist, sein Auge, aber nicht sein Gemüth be-
schäftigen. Auf ihren Reichthum zu spekuliren, hielt er für
verächtlich; seine Gefühle waren ihm viel zu theuer — um

Familienglück. 31

(Schluß.)

sie für Geld zu verkaufen. Was indessen Luzinden an
Gärtner mehr als irgend einen andern Mann fesselte, war
just seine kaum zu verbergende Kälte gegen sie.

Nach einigen Stunden befand sich Gärtner im Gebirge,
wo er mehrere Tage mit dem Skizziren der schönsten Punkte
zubrachte.

III.

Vrrschirdtnr Urdrrrafchimgrn.

„Jetzt bin ich fertig!" rief Gärtner, indem er noch ein-
mal die Festons über der Thüre betrachtete. Julia, Luzinde
und der Baron zollten der Ausschmückung des Salons ihren
lebhaftesten Beifall und lobten den Geschmack des Malers,
dem Luzinde verstohlen die Hand drückte.

Es war heute der Geburtstag des Banquiers Förster, dem
jetzt eine freudige Ueberraschung bereitet werden sollte.

Als Förster in den Salon trat, war er in der That
aufs freudigste überrascht. Frau und Tochter führten den Ge-
feierten zu dem mit Rosenguirlandcn umflochtenen Sessel, und
Gärtner stattete nun in einigen, von ihm selbst verfaßten ein-
fachen, aber gemüthlichen Strophen seine Glückwünsche ab.

Förster war sichtbar gerührt und drückte dem Maler
und den Baron, der ihm in Prosa gratulirte, herzlich die
Hand. Unterdessen waren Julia und Lucinde aus dem Salon
gegangen. Sie kehrten aber bald zurück und zwar Jede mit
einem, in ein weißes Tuch gehüllten Augebinde.

Julia und Luzinde traten nun vor Förster, beglückwünsch-
ten ihn nochmals', und indem sie ihn baten, das für ihn
gearbeitete Augebinde freundlich anzunehmen, zogen sie die
Umhüllung von demselben. Julia überreichte ihm nun eine
Mappe und Luzinde ein prachtvolles Sophakissen. Förster
war ergriffen, bewunderte die schöne Arbeit an dem Kissen
und umarmte seine Tochter, während die Matter, nachdem
sie ebenfalls das Kissen betrachtet, und es als ihre Arbeit
erkannte, vor Zorn und Verlegenheit eröthete und auf den
Baron einen Blick warf, der Luzinden nicht entging.

„Nun muß ich doch sehen, was meine liebe Julia mir
geschenkt!" sprach jetzt Förster und öffnete die Mappe. „Schön,
sehr schön!" rief er, indem er die Stickerei betrachtete uud
fragte dann; „Was bedeuten die Buchstaben V. G-. ?"

„Biel Glück!" erwiderte Julia, indem sie sich schnell
faßte. Sie hatte in einem Laden unter mehreren Mappen
eine ausgewählt; aus Versehen wurde ihr aber gerade diese
in's Haus geschickt.

Luzinde war außer sich vor Unwillen und warf einen ver-
ächtlichen Blick auf Gärtner, der wie aus heißen Kohlen stand.

„Ihr habt gewiß eure Augen bei diesen Arbeiten sehr an-
gestrengt, meine Theueren," sagte Förster, indem er seine Frau
und Tochter herzlich umarmte. „Ich danke euch für eure Auf-
merksamkeit. Ihr habt mir eine schöne, eine rührende Ueber-
raschung bereitet. O meine Herren," fuhr er dann zu dem
Baron und dem Maler gewendet fort, „ o meine Herren, Sie
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Familienglück"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Stauber, Carl
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Maler <Motiv>
Nachdenklichkeit
Atelier <Motiv>
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 14.1851, Nr. 316, S. 31

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