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Der Zauberhut.
Gottswunder! Hot Schamsele Meyer allemahl g'sehn, aß
mer vun dien Engelländer kahn Kreizer genommen Hot, Sta-
ziuhn ver Staziuhn, wu er nor sein Hut un» das Wupen
hat sehe gelaßt. Denkt Schamsele Mayer bey sich selber: dien
Hut muß ich haben! Ich werr user dien Engelländer fragen,
ob ern net verkahft. Krieg ich ihn neth ze kahfen, sich' ich,
wie ich esou derzu kumm, worum? sou e Huth is eppes wcrth,
noch derzu für en Geschäftsmahu wie ich, wu gor so oft af
der Rahs is. Sou e Hut is user net mit Geld ze bezahlen!
Af ahner Staziuh macht sich Schamsele nahn an dien
nemlichen Tisch, wn der Engelländer gcsatzen und gcachelt hat,
unn achelt aach mit, e Gliegenheit ze haben von wiegen dien
Hut. Er fangt als ahn ze sprechen von politische Reuigkeite,
verzählt Alles, was er gewüßt hot, unn iverd sou e Bisle
bekannt mit dien englische Lard.
Wie drouf wieder eihngspannt is, unn Schamsele Meyer
Hot bezahlt gehatt, zicgt der Engclländer wieder sie» Hut,
zeigt es Wupen, unn es geht wie allemohl. Fangt Schamsele
Mayer an ze sagen zon Engelländer: „Erlauben Se, 'r Gna-
den Harr Lard, was is der Mehr mit dien Hut, aß wenn
de Leut eneihn rajene, aß Sie nix bezahlen derfen? Ich
bitt Se, sagen Se mer, was is dou der Mehr dermit? Ich
hebb anfpepaßt scho viele Staziuhnes und kahnmohl hieben
Se kahn Kreutzer neth bezahlt."
Sagt der Engclländer: „Das macht Alles mein Wupen,
wu in Hut drine kupfergestocht unn eppes abgemohlt is."
Sagt Schamsele Meyer: „Gottswunder! mit Ihrem Wupen!
Was ist der Mehr mit ihren Wupen? ich bitte Se, lösten
Se mich ahnrajene das Wupen, ich möchts aach sehe!"
Der Engelländer zeigt sein Schabbesdeckel, loßt Schamsele
Meyer das Wupen sehe.
Schamsele Meyer rajenet es ahn unn fahrt fort ze sagen:
„Gott! Was e Rarität vunn en Wupen! Sou en Wupen
unn sou en Hut mächt' ich user aach haben! — Süll mich
Gott! Herr Lard, dien Hut kahf ich Ihnen ab. Dien Hut
müssen Sie mir gieben! Das is eppes fer en Handelsmahn
wie ich, der alleweil af Rahsen."
Au weih! — Sagt der Lard drouf, wie aß er dien Hut
neth verkahft. worum, weil es e Familiestück wär unn er
braachets selber.
Sagt Schamsele Meyer: „Was thu ich mit e Familiestück?
So wahr as Gott lebt, r Gnadn Harr Lard, dien Hut laß
ich neth ous!" —
Er hält en derbey alleweile in de Hände unn gibt en gar
nimmer zerück, aß der Engclländer muß in blauße Kopf stehn.
— „Was wellen Se derfür? Ich kahfen. Se senn e reicher,
solider, vornehmer Mensch, Se brauchen sou eppes neth;
ober fer mich is das e Hut, wie mer'n nor wünschen kann.
Ich bitt Se, lassen Se mer dien Hut zukumme!"
Sagt der Lard: „Aß ich Euch dien Hut aach gieben wollet,
Ihr könnt en doch neth bezahlen."
Fährt Schamsele Meyer auf: „Ich kann dien Hut neth
bezahlen? Fer was siegen Se mich ahn, Herr Lard? Ich
Hab Geld bei mer, user! viel Geld, unn Wechselich aach.
Sagen Se, was schockt') der Hut, aß ich en kahf?"
Sagt der Lard: „Der Hut, aß ich en Euch verkahf, weil
Ihr ihn gor so gern hätt, wiwuhl ich en neth gern hergib,
schockt boore blanke hundert Lugedorer, uhnbeschnitten unn
in Gold ausbezahlt."
Schamsele Meyer loßt vor Schreckes dien Hut uf en
Bode in Dreck falle, hiebt en wieder auf, wischt en mit
seine Rockermel ab unn lametirt, aß so jauker "); doch der
Engelländer sagt: kahn Kreutzer neth weniger als hundert
Lugedorer, worum, er kennet von Frankfort aus bis Ham-
borrig allahn souviel dermit dersparen.
Bitt sich Schamsele Meyer aus, aß er dien Hut zevor erst
af e Staziuhn probiren dörf.
Was das der Engelländer wor eihngigange, fahren se
wieder weiter.
Af der nächste Staziuhn loßt sich Schamsele Meyer vorn
Postbajes 3) dien Zauberhut gieben, satzt en auf, geht eneihn,
eßt, trinkt unn loßt umspänne. Wies zen Zahlen is gekumme,
hat der Engelländer meschulme müssen, Schamsele dergiegen
ruft en Werth: „Herr Postmahster, dou genge Se her!" Is
der Postmahster gekumme. Sagt Schamsele Meyer zu ihm:
„Ich braach nix ze bezahlen!" Frougt der Postmahster Waroum?
Reißt Schamsele dien Hut von Rosch, halt en dien Post-
mahster onter de Ras unn sagt: „Rajene Se dau eneih'n!"
Gottswunder! Wie Hot der Postmahster seihn Käple er-
unter gerissen! Gleich hat er sagt: „Fohren Se zu in Gotts
Nume! 's is Alles bezahlt." —
Hot Schamsele Meyer e grauß Simche'') gehatt, doch hat
er dien Engelländer gebieten, ihn nach emohl af ere Staziuhn
probiren ze lassen.
Hat ers aach gethuhn, unn Gottswunder! hat Schamsele
Meyer wieder nix bezahlen gehörst.
Hat es bei sich gedenkt: dien Hut laß ich nimmer aus,
müsset ich ach merklich hundert Lugedorer derfür gieben; worum ?
in e Verteljohr kann ich se dermit dersparen. Ich kann jo
dermit rahsen, wu ich nor will unn kost mich nix.
Drouf Hot sich Schamsele Meyer mit dien Engelländer im *)
*) schockt: kostet: 's jauker: theuer; 3) Postbajes: Posthaus;
*) Simche: Freuden.
Der Zauberhut.
Gottswunder! Hot Schamsele Meyer allemahl g'sehn, aß
mer vun dien Engelländer kahn Kreizer genommen Hot, Sta-
ziuhn ver Staziuhn, wu er nor sein Hut un» das Wupen
hat sehe gelaßt. Denkt Schamsele Mayer bey sich selber: dien
Hut muß ich haben! Ich werr user dien Engelländer fragen,
ob ern net verkahft. Krieg ich ihn neth ze kahfen, sich' ich,
wie ich esou derzu kumm, worum? sou e Huth is eppes wcrth,
noch derzu für en Geschäftsmahu wie ich, wu gor so oft af
der Rahs is. Sou e Hut is user net mit Geld ze bezahlen!
Af ahner Staziuh macht sich Schamsele nahn an dien
nemlichen Tisch, wn der Engelländer gcsatzen und gcachelt hat,
unn achelt aach mit, e Gliegenheit ze haben von wiegen dien
Hut. Er fangt als ahn ze sprechen von politische Reuigkeite,
verzählt Alles, was er gewüßt hot, unn iverd sou e Bisle
bekannt mit dien englische Lard.
Wie drouf wieder eihngspannt is, unn Schamsele Meyer
Hot bezahlt gehatt, zicgt der Engclländer wieder sie» Hut,
zeigt es Wupen, unn es geht wie allemohl. Fangt Schamsele
Mayer an ze sagen zon Engelländer: „Erlauben Se, 'r Gna-
den Harr Lard, was is der Mehr mit dien Hut, aß wenn
de Leut eneihn rajene, aß Sie nix bezahlen derfen? Ich
bitt Se, sagen Se mer, was is dou der Mehr dermit? Ich
hebb anfpepaßt scho viele Staziuhnes und kahnmohl hieben
Se kahn Kreutzer neth bezahlt."
Sagt der Engclländer: „Das macht Alles mein Wupen,
wu in Hut drine kupfergestocht unn eppes abgemohlt is."
Sagt Schamsele Meyer: „Gottswunder! mit Ihrem Wupen!
Was ist der Mehr mit ihren Wupen? ich bitte Se, lösten
Se mich ahnrajene das Wupen, ich möchts aach sehe!"
Der Engelländer zeigt sein Schabbesdeckel, loßt Schamsele
Meyer das Wupen sehe.
Schamsele Meyer rajenet es ahn unn fahrt fort ze sagen:
„Gott! Was e Rarität vunn en Wupen! Sou en Wupen
unn sou en Hut mächt' ich user aach haben! — Süll mich
Gott! Herr Lard, dien Hut kahf ich Ihnen ab. Dien Hut
müssen Sie mir gieben! Das is eppes fer en Handelsmahn
wie ich, der alleweil af Rahsen."
Au weih! — Sagt der Lard drouf, wie aß er dien Hut
neth verkahft. worum, weil es e Familiestück wär unn er
braachets selber.
Sagt Schamsele Meyer: „Was thu ich mit e Familiestück?
So wahr as Gott lebt, r Gnadn Harr Lard, dien Hut laß
ich neth ous!" —
Er hält en derbey alleweile in de Hände unn gibt en gar
nimmer zerück, aß der Engclländer muß in blauße Kopf stehn.
— „Was wellen Se derfür? Ich kahfen. Se senn e reicher,
solider, vornehmer Mensch, Se brauchen sou eppes neth;
ober fer mich is das e Hut, wie mer'n nor wünschen kann.
Ich bitt Se, lassen Se mer dien Hut zukumme!"
Sagt der Lard: „Aß ich Euch dien Hut aach gieben wollet,
Ihr könnt en doch neth bezahlen."
Fährt Schamsele Meyer auf: „Ich kann dien Hut neth
bezahlen? Fer was siegen Se mich ahn, Herr Lard? Ich
Hab Geld bei mer, user! viel Geld, unn Wechselich aach.
Sagen Se, was schockt') der Hut, aß ich en kahf?"
Sagt der Lard: „Der Hut, aß ich en Euch verkahf, weil
Ihr ihn gor so gern hätt, wiwuhl ich en neth gern hergib,
schockt boore blanke hundert Lugedorer, uhnbeschnitten unn
in Gold ausbezahlt."
Schamsele Meyer loßt vor Schreckes dien Hut uf en
Bode in Dreck falle, hiebt en wieder auf, wischt en mit
seine Rockermel ab unn lametirt, aß so jauker "); doch der
Engelländer sagt: kahn Kreutzer neth weniger als hundert
Lugedorer, worum, er kennet von Frankfort aus bis Ham-
borrig allahn souviel dermit dersparen.
Bitt sich Schamsele Meyer aus, aß er dien Hut zevor erst
af e Staziuhn probiren dörf.
Was das der Engelländer wor eihngigange, fahren se
wieder weiter.
Af der nächste Staziuhn loßt sich Schamsele Meyer vorn
Postbajes 3) dien Zauberhut gieben, satzt en auf, geht eneihn,
eßt, trinkt unn loßt umspänne. Wies zen Zahlen is gekumme,
hat der Engelländer meschulme müssen, Schamsele dergiegen
ruft en Werth: „Herr Postmahster, dou genge Se her!" Is
der Postmahster gekumme. Sagt Schamsele Meyer zu ihm:
„Ich braach nix ze bezahlen!" Frougt der Postmahster Waroum?
Reißt Schamsele dien Hut von Rosch, halt en dien Post-
mahster onter de Ras unn sagt: „Rajene Se dau eneih'n!"
Gottswunder! Wie Hot der Postmahster seihn Käple er-
unter gerissen! Gleich hat er sagt: „Fohren Se zu in Gotts
Nume! 's is Alles bezahlt." —
Hot Schamsele Meyer e grauß Simche'') gehatt, doch hat
er dien Engelländer gebieten, ihn nach emohl af ere Staziuhn
probiren ze lassen.
Hat ers aach gethuhn, unn Gottswunder! hat Schamsele
Meyer wieder nix bezahlen gehörst.
Hat es bei sich gedenkt: dien Hut laß ich nimmer aus,
müsset ich ach merklich hundert Lugedorer derfür gieben; worum ?
in e Verteljohr kann ich se dermit dersparen. Ich kann jo
dermit rahsen, wu ich nor will unn kost mich nix.
Drouf Hot sich Schamsele Meyer mit dien Engelländer im *)
*) schockt: kostet: 's jauker: theuer; 3) Postbajes: Posthaus;
*) Simche: Freuden.
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Der Zauberhut"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 14.1851, Nr. 319, S. 54
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg