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dem Rhein- und Donaukanal gelegen, ist durch Neubauten,
Anlagen von Promenaden, Casino und Cursaal so comfor-
! tabel eingerichtet, daß Natur und Kunst sich hier vereinigten,
um alle Bortheile der Stadt und alle Annehmlichkeiten des
Landes denjenigen darzubieten, die ein behagliches, gemüth-
liches Stillleben dem Geräusch und ruhelosen Einerlei der
größer» Badeorte vorziehen. Der Cnrbrunnen selbst, von sach-
verständigen Chemikern aus Deutschland, Frankreich und Eng-
land analysirt, kann je nach Vorschrift des Arztes und nach
' der Disposition des Curgastes zuiu Trinken oder als Bad ge-
braucht werden. Die Resultate der allerletzten und gelun-
gensten Cure» sind ein thatsächlicher, unumstößlicher Beweis
von der wunderbaren Eigenschaft dieses Wassers, in kurzer
Zeit gründlich und radikal alle Haut- uud Kopfkrankheiten zu
heilen, besonders Hypochondrie, Hysterie, Gelbsucht, Gicht,
Sodbrennen, Unterleibsbeschwerden, geschwächtes Nervensystem,
geistige und physische Impotenz, allzugroße Wohlbeleibtheit
(obosita»), Kahlköpfigkeit, Grind und Abmagerung, — Der
Unterzeichnete Arzt und Eigenthümer der Badeanstalt wird sich
eine süße Pflicht daraus machen, allen verehelichen Anfrageudcn
alle beliebige Auskunft über Anwendung und quantitativen
Gebrauch des Heilwassers zu geben," Dr. lvlindkrheil.

Angelockt wie durch Zauberkraft zogen die Curgäste in das
freundliche, romantische Timpelfingen ein.

Einer der zuerst angekommenen war Dr. Schmahlholtz,
Archivar und Bibliothekar-Adjunkt der Stadt ***, der den
Augenblick kaum erwarten konnte, mit dem geschickten Cur-
arzt zu sprechen.

„Herr Doktor, nur zu Ihnen noch habe ich Zutrauen,
Ihr Artikel hat gewirkt und ich hoffe, die Cur ivird noch
mehr wirken,"

„Wo fehlt es Ihnen denn, mein Herr?"

„Wo es mir fehlt, Sie sehen es ja, es fehlt mir an
einem Körper, ich bin abgemagert wie ein Schatten, wie ein
Gespenst, habe nur noch ein Paar Storchenbeine und ein
Paar Windhundslcnden, die mich mit knapper Noth hieher
brachten, Hab' so viele Doktoren reich gemacht — so viel
Apotheker bezahlt — so viel Bäder gebraucht — nichts
wollte helfen; ich werde nur immer magerer, "

„Also möchten Sie wieder dick werden?"

„Ei ganz natürlich, und je eher, je lieber,"

„Das soll bald geschehen. Da nehmen Sie nur jeden
Morgen uud jeden Abend ein Bad von dem Sauerbach, mit
dem gehörigen Quantum Potasche und Salzkörner vermischt,
und das wird schon wirken," — —

„Ich werde also wieder zunehmen und dick werden?"
„Ich gebe Ihnen mein Ehrenwort,"

Acht Tage gingen vorüber und Dr, Schmahlholtz wollte
nicht zunehmen.

An einem schönen Morgen suchte er den Curarzt ivieder
* auf und redete ihn etwas scharf an,

„Herr Doktor," sagte er mit verdrießlicher Miene, „ich
nehme immer noch nicht zu,"

„Sie bilden es sich nur ein," versetzte der Doktor,

„Ich bin es nur zu gewiß. Es kommt mir vielmehr vor,
als ob ich noch mehr abuühme,"

„Der Tausend! haben Sie doch ein wenig Geduld, Lassen
Sie doch dem Cnrbrunnen Zeit zu wirken," —

„Ja, wie lang noch?" —

„Noch höchstens acht oder vierzehn Tage, Sehen Sie
einmal jenen dicken Herrn dort, der unten an der neuen

Anlage auf- und abgeht,"

„Ich sehe ihn wohl, es ist, glaube ich, ein preußischer Pair,"
„Nein, es ist ein Engländer,"

„So, das ist ein Engländer? das ist aber ein Gewaltskerl

von einem Engländer,"

„An ihm haben Sie einen handgreiflichen Beweis von
der Vortrefflichkeit dieses Wassers, Als er hier ankam vor
ungefähr zwei Monaten, war er noch magerer wie Sie,"
„Es ist nicht möglich,"

„Ich gebe Ihnen mein Ehrenwort,"

„Ach Gott, wenn ich nur auch so dick werden könnte."
„Noch zwei Monate, und Sie werden auch so dick sein,"
„Alles berechnet, Herr Doktor, kann ich nur mehr noch
einen Monat die Cur brauchen "

„Wie es Ihnen beliebt,"

„Wahrlich, ich wäre schon zufrieden, wenn ich nur halb
so dick wäre wie dieser Engländer,"

Der Monat ging herum und Herr Schniahlholtz wurde
nicht dicker.

Eines Tags, als er in seiner Badmanne war und seufzte,
daß er immer noch nicht zunehme, vernahm er, wie in dem
Gemache neben ihm ein lebhafter Wortwechsel sich erhob.

„Es ist einmal ausgemacht, Herr Doktor," sagte die
Stimme mit ausländischem Accent, „ich werde nicht magerer,"
„'Nur ein wenig Geduld, Mylord, Der Tausend! London
ist nicht in einem Tage gebaut worden,"
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Curort und Curarzt"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

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Aufbewahrungsort/Standort (GND)
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Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

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Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Wald <Motiv>
Badearzt
Karikatur
Kurgast <Motiv>
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

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Künstler/Urheber (GND)
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Digitales Bild
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Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 14.1851, Nr. 328, S. 122

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CC0 1.0 Public Domain Dedication
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