Der Uhrentoni.
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Nachdem er ihr Wesen etwa eine halbe Stunde beobachtet,
wendete sie sich Plötzlich mit den zornkreischenden Worten nach
ihm um: „Wenn mir der Herr ein Almosen geben will, so
hat er jetzt Zeit dazu. Er hat mich lange genug angesehen!"
Das war die Lange in all ihrem Zorn; so war sie sonst vor
ihm gestanden, so oft er mit leerem Bettelsack heimgekehrt.
Er beschenkte sie, murrend schlich sie an ihrer Krücke hinaus
und verschwand dem Nachgehenden im Spital. Er wußte genug,
um auf die Polizei zu eilen und das, was er von der Alten
erfahren hatte, anzugeben. Des folgenden Tages stund er ihr
vor dem Beamten gegenüber und gab sich ihr zu erkennen.
Ihre grinsende Freude verwandelte sich in zitternden Schrecken,
als man sie scharf und schärfer über das in St. Afra beerdigte
Kind examinirte. Unter Bitten und Flehen gestand sie endlich
den verübten Betrug, die Kleiderverwechslung, des Knaben
Friedrich Tod und Vrenelis, ihrer Nichte, Leben. Der Förster
mußte noch nach langen Jahren den Behörden Auskunft über
seine Schmach geben und den ihm gespielten Streich erfahren.
Die Alte starb im Gefängniß. Toni flog mit der Urkunde in
der Tasche der Heimath zu. Diese Urkunde versetzte den Pa-
stor in unglaublichen Zorneifer: die drei schlechtesten Weiber
hatten ihn hinters Licht geführt, einem Mägdlein hatte er
einen Sermon gehalten und einen Knaben begraben, und Toni
brachte sein Gesuch um Proklamation und Trauung sehr zur
ungelegenen Zeit an. Doch war der Pastor acht Tage später
ein angenehmer Hochzeitgast beim Uhrenmachcr, denn er hatte
an der Braut viel Gutes gethan und der Alte fand einen
seligen Feierabend bei seinem glücklichen Kinderpaar.
Georg Rapp.
Eine gute Ausrede.
„Herr Weißleber, warum verlaßen Sie uns denn so schnell?" — „Ach, meine Fräulein, Sie sind so anziehend, daß es bei
dem herannahenden Gewitter wirklich gefährlich wäre, bei Ihnen zu verweilen!"
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Nachdem er ihr Wesen etwa eine halbe Stunde beobachtet,
wendete sie sich Plötzlich mit den zornkreischenden Worten nach
ihm um: „Wenn mir der Herr ein Almosen geben will, so
hat er jetzt Zeit dazu. Er hat mich lange genug angesehen!"
Das war die Lange in all ihrem Zorn; so war sie sonst vor
ihm gestanden, so oft er mit leerem Bettelsack heimgekehrt.
Er beschenkte sie, murrend schlich sie an ihrer Krücke hinaus
und verschwand dem Nachgehenden im Spital. Er wußte genug,
um auf die Polizei zu eilen und das, was er von der Alten
erfahren hatte, anzugeben. Des folgenden Tages stund er ihr
vor dem Beamten gegenüber und gab sich ihr zu erkennen.
Ihre grinsende Freude verwandelte sich in zitternden Schrecken,
als man sie scharf und schärfer über das in St. Afra beerdigte
Kind examinirte. Unter Bitten und Flehen gestand sie endlich
den verübten Betrug, die Kleiderverwechslung, des Knaben
Friedrich Tod und Vrenelis, ihrer Nichte, Leben. Der Förster
mußte noch nach langen Jahren den Behörden Auskunft über
seine Schmach geben und den ihm gespielten Streich erfahren.
Die Alte starb im Gefängniß. Toni flog mit der Urkunde in
der Tasche der Heimath zu. Diese Urkunde versetzte den Pa-
stor in unglaublichen Zorneifer: die drei schlechtesten Weiber
hatten ihn hinters Licht geführt, einem Mägdlein hatte er
einen Sermon gehalten und einen Knaben begraben, und Toni
brachte sein Gesuch um Proklamation und Trauung sehr zur
ungelegenen Zeit an. Doch war der Pastor acht Tage später
ein angenehmer Hochzeitgast beim Uhrenmachcr, denn er hatte
an der Braut viel Gutes gethan und der Alte fand einen
seligen Feierabend bei seinem glücklichen Kinderpaar.
Georg Rapp.
Eine gute Ausrede.
„Herr Weißleber, warum verlaßen Sie uns denn so schnell?" — „Ach, meine Fräulein, Sie sind so anziehend, daß es bei
dem herannahenden Gewitter wirklich gefährlich wäre, bei Ihnen zu verweilen!"
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Eine gute Ausrede"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 14.1851, Nr. 336, S. 188
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg