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der Bauern, die immer übermüchigere und offenere Stichelreden
fallen ließen, mit wunderbarem Gleichmuth. Das Glas hatte
zum zweitenmale seinen Weg unter dem Gelächter der Bauern
hin und zurück gemacht, ohne ihn zu berühren, und der Schulze
setzte eben mit lauter Stimme zum dritten Male zu dem be-
leidigenden Rufe an, als urplötzlich der Fremde seine Theilnahme
am Gange der Dinge durch eine derbe Ohrfeige bewies,
die schallend auf des Schulzen Backen nicderfuhr. Noch hatte
der sich nicht von seiner Betäubung, und die Bauern von jäher
Ueberraschung erholt, als der Fremde sich rasch erhoben und
den blauen Rock zurückgeschlagen hatte. Todtenbläße bedeckte
plötzlich das Antlitz der unglücklichen Bauern: — von der

Brust des Fremdling leuchtete der Herzogsstern.

Die Scene hatte sich schreckhaft geändert: Gedanken an
Rad, Schwert und Galgen fuhren durch die verwirrten Häupter.
Der Schulze war daran, zerknirscht zu den Füßen des schmählich
beleidigten Landesherrn niederzusinken, allein es hinderte ihn eine
zweite, noch festere Ohrfeige, die ihm der Herzog jetzt mit den
Worten reichte: „Baddcr, lat et 'rum gähn!" Dann stellte er
sich mit einem unendlich leuffeligen Gesicht und einem Bambus-
rohr hinter den Stuhl jdes Schulzen, der mit Riesenkraft die
Ohrfeige seinem Nachbar zur Rechten überantwortete, der sie wiederum
dem Nächsten zukommcn ließ. Wo sich ein Mangel in der Aus-
führung oder irgend eine rücksichtsvolle Regung zeigte, half Durch-
laucht mit einem wohlgemessenem Hiebe nach, bis der Letzte sein
Theil hatte. ,,'Vadder, lat et wedder sau 'rum gähn!" winkte
ihm freundlich der Herzog, der sich unglücklicherweise gemerkt hatte,
wie viele Male das Glas rund gegangen war: denn dreimal
krachten die Kinnbacken der ehrbaren Väter unter den gewichtigen
Schlägen ihrer Nachbaren. Tann knöpfte der Herzog ruhig
den langen Rock zu, zündete die Stummelpfeife wieder an und
fragte, indem er sich zum Gehen wandte, leuffelig die erschöpften
Bauern: „Nicht wahr, nächsten Sonntag treffen wir uns hier
wieder?" und schritt von dannen.

In dem Dorfe aber soll man seitdem die fleißigsten Kirch-
gänger im Lande finden. W. R.

Unerfüllte Bitte.

Hab' Dich oft gebeten
Um ein Angedenken,

Wolltest aber leider
Nie mir etwas schenken.

Bat Dich um Geringes,
Allenfalls nur Haare,

Schwor, daß ich sie treulich.
Ehrend aufbewahre.

Hätte stets die Gabe
An der Brust getragen.

Und ich würde Niemand,

Daß sie von Dir, sagen.

Wird vielleicht mein Scheitel
Kahl in spätern Tagen,

Könnt' ich Dein Geschenke

Als Perücke tragen. Carl Leitenberg.

Unterschied.

„Hm, das ist kurios! Der g'strenge Herr Graf geht 'n
ganzen lieben Tag herum und thut nij1, und g'rad' so viel
bring' ich auch z'wegen. Und da heißt's allwcil, wann von'
Herrn Grafen d'Red' is: „Seine Ercellenz lieben die geistige
Ruhe contemplativer Zurückgezogenheit" — wann aber von mir d'Red'
is, sagt ein Jeder: „Der Homann, der is weiter kein fauler Lump!"
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

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Titel/Objekt
"Unerfüllte Bitte" "Unterschied"
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Fliegende Blätter
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Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
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Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Muttenthaler, Anton
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Perücke
Haarbürste
Graf
Karikatur
Kontemplation
Brennschere
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

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Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
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Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 20.1854, Nr. 458, S. 15

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