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Aus Mr. Be cf's Abenteuern.
Uolltcn sieciu'n essen." Dem Herrn Maier ging ein Licht auf wie
eine Pechfackel. Er durchschaute seinen sehr ehrenwerthen Col-
lcgcn; und weil es ihm daran gelegen sein mußte, daß Mr.
Beef die projektirte Reise nach dem Schwarzwalde nicht machte,
so ergriff er die Angst Becf's vor dem Gefressenwerden als
günstige Gelegenheit, sich über denselben lustig und die Wild-
schweinjagd, die allem Anschein nach höchst mager ausgefallen
wäre, rückgängig zu machen. Er begann also mit ernster Miene:
„Sie fragen mich, ob die Wildschweine Einen fressen, und ich
kann Ihnen nur erklären, daß das Wildschwein in wildem
Zustande das wildeste aller zahmen Schweine ist. Es greift
immer an, wenn cs nicht flicht. Sieht es einen Jäger, so
fällt es ihn sogleich an, und wehe diesem, wenn er es nicht
sogleich trifft. Das geschieht jedoch fast nie. Er muß schien--
j lüg die Flucht ergreifen. Aber er kommt nicht weit. Denn
! das Wildschwein setzt sich auf die Hinterfüße, und weil es so
j doppelt so schnell läuft, als auf allen Vieren, ans allen Vie-
ren aber schon viermal so schnell als der schnellste Hirsch, so
ist an kein Entrinnen zu denken. Der Jäger muß also den
nächsten Baum erklettern. Aber das hilft nichts. Das Wild-
schwein wühlt mit seinen Zähnen die Erde um den Baum so
lange ans, bis dieser fällt. Der Jäger fällt natürlich mit, das
Wildschwein über ihn her, schlitzt ihm den Bauch ans, daß.
die Eingeweide herausfallcn . ." — „O, ich ncrde nicht gehen
auf den schuarzen Uald, zu schießen Uildschnein, ueil mein Dog
ist zu hitzig. Ich muß machen cs kalt. Adieu, mein Herr!"
j — „Adieu, Mr. Beef!" — Und Mr. Beef ging nach Hause
und nahm zwei Stricke. Mit dem einen fesselte er die Vor-
dcrfttße Cäsar's — dieser war nämlich wegen Zcrreisscns ei-
ner Katze und eines Paar Hosen polizeilich cingcfangcn und
dem Herrn Beef mit dem Bemerken zurückgcgeben worden,
demselben einen starken Maulkorb umzuhängen — mit dem
andern aber band er dessen Hinterfüße. Dann rief er John,
seinen Jokcy. „John! nehmen Sie Sihscr!" Da faßteJohn
den Hund und trug ihn hinter das Haus und legte ihn auf
den zugefrornen Mühlbach. Mr. Beef aber zog seine Uhr
heraus und stand eine halbe Stunde still vor dem Hunde.
Als diese herum war, rief er: „John!" John kam und Mr.
Beef sagte: „John, entbinden Sie Sihser!" Und John schnitt
Cäsar's Fesseln auf und Mr. Beef rief: „Sihser, steh'n Sie
auf!" Aber Cäsar stand nicht auf. Da rief er wieder John,
! den Jokey: „John, stellen Sie Sihser auf seine vier Füße."
| Aber Cäsar stand nicht, sondern fiel um vor großer Steifheit
und konnte weder springen noch gehen noch stehen, und starb
in derselben Stunde. Mr. Beef aber that seinen Mund auf
und sprach: „Sihser uar zu hitzig, jetzt ist Sihser zu kalt.
Laßt uns ihn begraben!" — Und so gcschah's.
Aus der Clementarschule.
Lehrer: „Sag' mir, lieber Carl, ein Wort in der Ein-
i heit und dasselbe in der Mehrheit."
Carl: „Kümmel — Doppelkümmel."
Die freien Gewerbe.
So ist denn erschienen die gräßliche Zeit,
O Jammer, o Elend, Gewerbefrciheit.
'S geht Alles zu Grunde, Ihr werdct's schon seh'n!
So jammert der Zunftzopf, „'s kann Keiner bcsteh'n!"
Und nun sie erschienen, nun seht um Euch her.
Wie regsam, wie vielfach Gcwerb und Verkehr!
Es handelt der Riemer mit Stiefeln und Schuh,
Der Schuster gibt Sporen und Schnallen dazu,
Der Kürschner mit Leder, der Gerber mit Pech,
Der Seiler mit Watte, der Tischler mit Blech,
Der Glaser mit Eisen, mit Blei und mit Zinn,
Der Klügste mit Allem, wo Vortheil darin.
Der Schornsteinfeger, der leider allein,
Der kann sich der freien Gewerbe nicht freu'n.
Für linnene Waarcn paßt nicht seine Hand,
Wohl ging es mit Ruß und mit Tinte frappant;
Doch gäb's ein Gedränge und käm' er in Trapp,
Da hielt' er nicht Farbe, da färbte er ab.
Das Geld ist ja jetzt schon die herrschende Macht,
Und Mancher, dcr's kaum zum Gesellen gebracht.
Ward Meister, weil reich und sein Vater es war;
Sein klüg'rer College, an Gclde ganz baar,
Der blieb ein Geselle, bis wohl an sein End' —
Leicht wird er jetzt Meister, hat er nur Talent.
Aus Mr. Be cf's Abenteuern.
Uolltcn sieciu'n essen." Dem Herrn Maier ging ein Licht auf wie
eine Pechfackel. Er durchschaute seinen sehr ehrenwerthen Col-
lcgcn; und weil es ihm daran gelegen sein mußte, daß Mr.
Beef die projektirte Reise nach dem Schwarzwalde nicht machte,
so ergriff er die Angst Becf's vor dem Gefressenwerden als
günstige Gelegenheit, sich über denselben lustig und die Wild-
schweinjagd, die allem Anschein nach höchst mager ausgefallen
wäre, rückgängig zu machen. Er begann also mit ernster Miene:
„Sie fragen mich, ob die Wildschweine Einen fressen, und ich
kann Ihnen nur erklären, daß das Wildschwein in wildem
Zustande das wildeste aller zahmen Schweine ist. Es greift
immer an, wenn cs nicht flicht. Sieht es einen Jäger, so
fällt es ihn sogleich an, und wehe diesem, wenn er es nicht
sogleich trifft. Das geschieht jedoch fast nie. Er muß schien--
j lüg die Flucht ergreifen. Aber er kommt nicht weit. Denn
! das Wildschwein setzt sich auf die Hinterfüße, und weil es so
j doppelt so schnell läuft, als auf allen Vieren, ans allen Vie-
ren aber schon viermal so schnell als der schnellste Hirsch, so
ist an kein Entrinnen zu denken. Der Jäger muß also den
nächsten Baum erklettern. Aber das hilft nichts. Das Wild-
schwein wühlt mit seinen Zähnen die Erde um den Baum so
lange ans, bis dieser fällt. Der Jäger fällt natürlich mit, das
Wildschwein über ihn her, schlitzt ihm den Bauch ans, daß.
die Eingeweide herausfallcn . ." — „O, ich ncrde nicht gehen
auf den schuarzen Uald, zu schießen Uildschnein, ueil mein Dog
ist zu hitzig. Ich muß machen cs kalt. Adieu, mein Herr!"
j — „Adieu, Mr. Beef!" — Und Mr. Beef ging nach Hause
und nahm zwei Stricke. Mit dem einen fesselte er die Vor-
dcrfttße Cäsar's — dieser war nämlich wegen Zcrreisscns ei-
ner Katze und eines Paar Hosen polizeilich cingcfangcn und
dem Herrn Beef mit dem Bemerken zurückgcgeben worden,
demselben einen starken Maulkorb umzuhängen — mit dem
andern aber band er dessen Hinterfüße. Dann rief er John,
seinen Jokcy. „John! nehmen Sie Sihscr!" Da faßteJohn
den Hund und trug ihn hinter das Haus und legte ihn auf
den zugefrornen Mühlbach. Mr. Beef aber zog seine Uhr
heraus und stand eine halbe Stunde still vor dem Hunde.
Als diese herum war, rief er: „John!" John kam und Mr.
Beef sagte: „John, entbinden Sie Sihser!" Und John schnitt
Cäsar's Fesseln auf und Mr. Beef rief: „Sihser, steh'n Sie
auf!" Aber Cäsar stand nicht auf. Da rief er wieder John,
! den Jokey: „John, stellen Sie Sihser auf seine vier Füße."
| Aber Cäsar stand nicht, sondern fiel um vor großer Steifheit
und konnte weder springen noch gehen noch stehen, und starb
in derselben Stunde. Mr. Beef aber that seinen Mund auf
und sprach: „Sihser uar zu hitzig, jetzt ist Sihser zu kalt.
Laßt uns ihn begraben!" — Und so gcschah's.
Aus der Clementarschule.
Lehrer: „Sag' mir, lieber Carl, ein Wort in der Ein-
i heit und dasselbe in der Mehrheit."
Carl: „Kümmel — Doppelkümmel."
Die freien Gewerbe.
So ist denn erschienen die gräßliche Zeit,
O Jammer, o Elend, Gewerbefrciheit.
'S geht Alles zu Grunde, Ihr werdct's schon seh'n!
So jammert der Zunftzopf, „'s kann Keiner bcsteh'n!"
Und nun sie erschienen, nun seht um Euch her.
Wie regsam, wie vielfach Gcwerb und Verkehr!
Es handelt der Riemer mit Stiefeln und Schuh,
Der Schuster gibt Sporen und Schnallen dazu,
Der Kürschner mit Leder, der Gerber mit Pech,
Der Seiler mit Watte, der Tischler mit Blech,
Der Glaser mit Eisen, mit Blei und mit Zinn,
Der Klügste mit Allem, wo Vortheil darin.
Der Schornsteinfeger, der leider allein,
Der kann sich der freien Gewerbe nicht freu'n.
Für linnene Waarcn paßt nicht seine Hand,
Wohl ging es mit Ruß und mit Tinte frappant;
Doch gäb's ein Gedränge und käm' er in Trapp,
Da hielt' er nicht Farbe, da färbte er ab.
Das Geld ist ja jetzt schon die herrschende Macht,
Und Mancher, dcr's kaum zum Gesellen gebracht.
Ward Meister, weil reich und sein Vater es war;
Sein klüg'rer College, an Gclde ganz baar,
Der blieb ein Geselle, bis wohl an sein End' —
Leicht wird er jetzt Meister, hat er nur Talent.
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Die freien Gewerbe"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 36.1862, Nr. 876, S. 127
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg