Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Geffcken, Johannes
Der Bildercatechismus des funfzehnten Jahrhunderts und die catechetischen Hauptstücke in dieser Zeit bis auf Luther (Band 1): Die zehn Gebote, mit 12 Bildtafeln nach Cod. Heidelb. 438 — Leipzig, 1855

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.1411#0069
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
59

mindestens eines so ernsten und inhaltreichen Satzes, wie der aDu sollst dir kein Bildniss" u. s. w. sei etwas
Geringfügiges, das gestehe ich nicht zu begreifen. Man muss doch in der That ßullinger Recht geben, der
sagt: "Ich kann und soll das nicht aussen lassen, dass Gott so fleissig und vielfeltig geredt und geschrieben
hat. So jemand aus eines Königs Brief, den er lesen sollte, aussen Hesse so viel Linien, als dieser in Gottes
Bundesbrief wider die Götzen sind, so würde solches gerechnet werden für eine Schmach, die er Königlicher
Majestät angethan hätte: wofür soll es denn uns gerechnet werden, wenn wir ein ganz Gebot von den zehen
aussen lassen?" (* Summa Christi. Religion, Heidelberg 1571, in 12., Bl. 74 b). Diese Worte sind gewiss
eben so unwiderleglich, als es auf der andern Seite unbegründet ist, wenn ßullinger behauptet, die Bilder
könnten und sollten zur Lehre nicht dienen, und das Capitel mit den Worten schliesst: In Summa: Gott will
die Bilder in seinen Kirchen und in seinem Dienst nicht, darumb lasset uns Gott gehorsam sein." Bl. 81 a.

Wenden wir uns nun wieder der Zeit vor der Reformation zu, so ist leicht zu erachten, dass das
Gebot: "Du sollst dir kein Bildniss" u. s. w denen, welche über die zehn Gebole damals schrieben, sehr be-
schwerlich und unbequem sein musste, da der Gottesdienst alle Tage eine in die Augen fallende Uebertretung
des göttlichen Gebotes war. Die Meisten halfen sich damit, dass sie es nur einfach ausliessen, und thalen, als
ob es gar nicht vorhanden sei. Albertus Magnus (Epitome theol. veritatis, cap. 59) bezieht die Worte auf die
Ketzer, denn diese machten sich ein sculptile, in dem sie Gott nur glaubten, wie sie ihn sich nach ihrer Ein-
bildung und Phantasie gebildet. Das ist nun ein geistreicher Gedanke, und es ist wirklich wahr, dass die
Menschen, die Gott nicht verehren, wie er sich in seinem Worte geoffenbarl, sondern wie sie ihn nach den
Gelüsten ihres Herzens haben möchten, sich ein Götzenbild machen, aber der nächste Sinn des Gebotes ist doch
umgangen. Von dem sculptile unterscheidet Albertus noch die simililudo dagegen sündigten die bösen Christen,
die Stolzen, die Habsüchtigen, die Wollüstigen. — Andere halfen sich damit, und Nie. de Lyra scheint es
gewesen zu sein, der diese Auskunft erfand (Preceptor. *Col. 1501, B. 3), welche nachher eifrig wiederholt
wurde, sie halfen sich damit, dass sie sagten, freilich seien im A. Bunde die Bilder verboten gewesen, während die
Kirche sie zu lassen und zu verehren gebiete, aber Gott sei im A.Bunde auch noch nicht Mensch geworden, deswegen
habe er noch kein Bild haben können (deus in lege veteri non fuit humanatus nee homo factus, ideo tunc non
debuit habere figuram vel imaginem). Dass dieser Grund auf die Bilder der Maria und der Heiligen gar keine
Anwendung leide, übersah man. Ausserdem konnten die Lehrer jener Zeit mit Recht das geltend machen, was
sich für Bilder, die nur die Geschichte darstellen, und nicht verehrt wurden, sagen lässt, und was Bonaventura
in die Worte fasst, die Bilder seien nöthig, propter simplicium ruditatem, propter afFectus tarditatem, propter
memoriae labilitatem. Die Meisten aber ergingen sich in Beziehung auf diese Worte, wenn sie dieselben ja
als Zusatz zum ersten Gebote anführten, in Bekämpfung des Aberglaubens ohne der abergläubigen Verehrung
der Bilder, der Heiligen und der Reliquien zu gedenken, nur Wenige hielten für nöthig, doch auch in dieser
Beziehung zu warnen, z. B. Gerson (Beil. S. 38) und Rus CS. 57) und was die Reliquien betrifft, in treffender
Weise ßranl, cap. 63, vs. 16—21, S. 62:

Bas heu, das tief vergraben lagk
Under der kryppf zu Bettleheyn,
Das sy von Balams esel beyn,
Eyn fäder von sant Michels flügel,
Ouch von sant Jörgen rosz eyn cziigel,
Oder die buntschuh von sant Ciaren.

Das Gebot! «Du sollst den Namen Gottes nicht missbrauchen," wird vou Nie. de Lyra in dreifacher
Weise aufgefasst: vom Schwören, von Uebertretung der Gelübde und von der Blasphemie. (Beilage S.26).

h*
 
Annotationen