Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunsthistorisches Institut <Wien, Universität> [Hrsg.]
Jahrbuch des Kunsthistorischen Institutes — 6.1912

DOI Artikel:
Kieszkowski, Georg R.: Ein Gemälde von Hans Dürer in der Krakauer Domschatzkammer
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.19094#0143
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Ein Gemälde von Hans Dürer in der Krakauer Dom-
schatzkammer

Von Georg R. v. Kieszkowsici

I.

Am 5. September 1516 schrieb1) der in Krakau sich auf haltende Antonius Gadius,
medicus Italus2), dem kunstliebenden Bischof von Pfock, Erasmus Ciotek (Vittelius)3): . . .
dum per urbem Cracoviam, uti assolet animi parumper relaxandi causa vagarer, aedesque
ipsas insigniores suspicerem, in plateam Canonicorum veniens magnificeniissimum vidi palatium
sapientissime constructum, foribus fenestrisque pulcherrimis ornatuni, quod (pace?) aliorum
dixerim non solum amplitudine, verum etiam mira quadam fabricae gratia sic reliqua
Palatia superat et excellit, quantuni viburna cupressi. Cuius nam esset täte omni preconio
dignissimum opus et sculptae litterae, et ali (sic) mihi pariter declararunt, quibus dixi, utinam
huius similes essent, caeteri Praelati, et Ecclesiae bona et utilia et in exemplorum imitandum

exponerent . . P).

1) Teki Naruszewicza, Ms. 32, str. 135 = Die sog.
handschriftlichen Mappen des Historikers Naruszewicz
(XVIII. Jh.), Ms. 32, S. 135, im Archiv des fürstlich
Czartoryskischen Museums in Krakau.

2) Der Zuzug der Italiener nach Krakau war bereits
seit dem Beginne des XV. Jhs. sehr stark und seit der
Heirat Sigismunds I. (Jagellonen) mit Bona Sforza (1518)
stieg die Zahl der italienischen Ankömmlinge in hohem
Maße (vgl. Dr. Johann Ptasnik, Z dziejöw kultury wloskiego
Krakowa [Rocznik krakowski, T. IX, str. I —148]= Zur
Geschichte der italienischen Kultur in Krakau [Krakauer
Jahrbuch, Publik, des Vereines zur Erforschung der Ge-
schichte und der Denkmale der Stadt Krakau. 1907, Bd. IX,
S. I —148])- Unser Italiener hieß wahrscheinlich Gaddi.
Italienische Ärzte waren seit dem XV. Jh. keine Seltenheit
in Krakau. Im über iuris civilis (Cracov) Nr. 1536 lesen
wir unter dem Jahre 1426 von einem Johannes Medicus
Italus. Mit Königin Bona kamen (1518) deren zwei:
Joannes Andreas de Valentinis, S. Reginalis Maj.
Phisicus und Jacobus Zophus Barensis, S. Regi-
nalis Maj. Phisicus. Vielleicht ist unser Antonio
Gaddi mit dem unter 1536 und 1541 erwähnten Joannes
Antoninus bezw. Joannes Antonius Phisicus iden-
tisch, da beide keine Hofärzte gewesen (A. Grabowski,

Starozytnicze wiadomosci o Krakowie. Kraköw 1852, str. 223
= Altertümliche Nachrichten über Krakau. Krakau 1852,
S. 223).

3) Erasmus Ciolek, Bischof von Piock seit 1503,
Doktor der Philosophie und des kanonischen Rechtes,
großer Förderer der Künste und der “Wissenschaften, Ge-
sandter Sigismunds I. in Augsburg (1518) und in Rom,
wo er sich die Gunst des Papstes Leo X. zu erwerben
wußte. Er starb 1522. — Piock, Hauptstadt des heutigen
Gouvernements Piock in Kongreß-Polen, ist bis jetzt Sitz
des Diözesanbischofs.

4) Die obenerwähnte platea Canonicorum = ulica Ka-
nonicza = Domherrngasse ist eine von den bis nun zum
königlichen Wawelschlosse führenden Straßen, in der sich
eine Reihe von in italienischer Renaissance gebauten und
auch heute von den Domherren bewohnten Palästen erhebt.
Über den Eingangstoren derselben sind in Stein gemeißelte,
lateinische Inschriften angebracht und tritt man in den
Hausflur hinein, so erfreut einen der Anblick stimmungs-
voller coriili, die die Erinnerung an ihre südliche Heimat
wachrufen. Welchen Palast unser Italiener gemeint hat, ist
schwer zu sagen; immerhin scheint es zweifellos zu sein,
daß es sich hier um ein von einem italienischen Archi-
tekten errichtetes Domherrnhaus handelt, worauf schon die
 
Annotationen