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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 12.1891

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Abhandlungen
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Boeheim, Wendelin: Augsburger Waffenschmiede, ihre Werke und ihre Beziehungen zum kaiserlichen und zu anderen Höfen, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.5903#0221
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202

Wendelin Uoeheim.

sorgfältigem vergleichenden Studium fussend, dass schon der Harnisch von 1538 in der Armeria, der
gleichfalls im Bilderinventare figurirt, ein Werk des Desiderius sei.

Dem Harnische von 1543, beziehungsweise 1544, müssen noch andere Aufträge an Desiderius
für den Kaiser gefolgt sein; denn dieser fordert in selbem Jahre 1544 den Rath von Augsburg auf, dem
Meister in seiner Arbeit förderlich zu sein.1

Für die nächste Zeit der Thätigkeit des Meisters, und zwar von 1548 an, finden wir ein aus-
gezeichnetes Materiale in dem bereits im Kunstgewerbeblatte bekannt gewordenen Bildercodex der könig-
lichen öffentlichen Bibliothek zu Stuttgart,2 der sich bei näherer Besichtigung als das Musterbuch eines
Augsburger Harnischätzers oder Aetzmalers darstellt.

Nachdem wir im Verlaufe unserer Abhandlung noch öfter Gelegenheit nehmen müssen, aus dieser
ausgezeichneten Quelle zu schöpfen, so wird es sich empfehlen, den Codex gleich am Beginn näher zu
beschreiben.

Der hier in Betracht kommende Theil desselben besteht aus 45 Blatt Papier, in Pappendeckel ge-
bunden, 347 Cm. hoch und 23 Cm. breit. Rückwärts ist ein Dialog über Büchsenmeisterei und Kriegs-
feuerwerkerei im bombastischen Stile des 17. Jahrhunderts beigebunden. Jedes dieser Blätter enthält die
aquarellirte Abbildung eines Harnisches oder eines Geliegers von einer in derlei Darstellungen nicht
sehr geübten Hand. Einige Male läuft die Darstellung über zwei Blätter. Die For-
men sind schablonenmässig gegeben, die Auszierungen nicht immer von genügen-
der Deutlichkeit, die Bewegungen sind steif und eckig, die Figuren von nicht
tadelloser Proportion. Aus Blatt 42, zu welchem das linksseitige Nebenblatt fehlt,
ist ersichtlich, dass der Codex nicht vollständig ist, wenn auch eine alte fortlau-
fende Paginirung vorhanden ist. Mit Ausnahme des letzten Blattes, welches roh
gezeichnete Zischäggen enthält, sind viele der übrigen mit Inschriften und Wappen
in Aquarell ausgestattet und diese sind es, welche dem Codex einen beson-
deren Werth verleihen. Die Inschriften enthalten nicht nur den Namen des Be-
stellers sondern auch jenen des Plattners und hie und da noch Nebenbezeich-
nungen, darunter Chiffren, welche vermuthlich den Preis der Auszierung jedes
Objectes bezeichnen. Bezüglich der beigegebenen Wappen ist zu bemerken, dass
Fig. 16. dieselben unverkennbar von derselben Hand verfertigt sind, welche die Wappen in

dem bereits erwähnten Bildercodex, sig. ~, der gräflich Thun'schen Fideicommiss-
bibliothek im Schlosse Tetschen gemalt hatte, und dass somit beide Codices in einer gewissen
Beziehung zu einander stehen dürften. In unserem Stuttgarter Codex sind in chronologischer Reihen-
folge die Arbeiten des uns noch unbekannten Aetzmalers angeführt, darunter auch nicht wenige von
Desiderius Kolman. Es erübrigt uns also nur, die betreffenden Auszüge zu machen, um von 1548
an durch eine Reihe von Jahren einen Ueberblick über die Thätigkeit des Meisters zu gewinnen.
Diese wörtlichen Anführungen werden in den betreffenden Jahren nur durch Arbeiten unterbrochen,
von denen wir Kenntniss erhalten haben und welche, vermuthlich weil der Aetzmaler keinen Theil an
ihnen hatte, nicht angeführt sind.

Schliesslich verzeichnen wir ein auf einem der letzteren Blätter ersichtliches, zweifelsohne Augs-
burgisches Wasserzeichen von obiger Form (Fig. 16).

Und nun lassen wir die Auszüge, soweit sie Desiderius betreffen, folgen:

Blatt 1' und 2. Links: Turnierharnisch für das Freiturnier. Rechts: Turnierharnisch für das
Realgestech. Ueber beide Blätter geschrieben liest man:

»Disen stechkiris hab ich | dem Disederius Helmschmidt gheecz 1548.« Ohne Bezeichnung
des Bestellers.

1 Stetten, 1. c, II, p. 288.

2 Bach M, Das Musterbuch eines Harnischätzers, in Pabst's Kunstgewerbeblatt, II. Jahrgang, Nr. 5.
 
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