Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
I. Mittwoch, den 2. Januar 1830. «I Jahrgang.,


Wochenkalendcr.
Mittwoch, den 2. Januar.
Es finden fick' noch einige Leute, welche
die MichacliS-Miclhc zu bezahlen ver-
gessen haben.
Oonncrftag, den 3. Januar.
Geheime Sitzung der Stadiverordneten-
Vcrsanimlung. Der Antrag, jeden Straßen-
crccdentcn sogleich todtzuschlagen, wird vom
Stadtverordneten - Vorsteher vom Stand-
punkt des LcichcnfuhrwcsenS befür-
wortet und einstimmig angenommen.
Freitag, den 4. Januar.
Die Kammein setzen ihren Winterschlaf


Wochenkalender.
Sonnabend, den 5. Januar.
Es erscheint kein Kladderadatsch,
da die nächste Nummer erst Donnerstag,
den IO. Januar auSgegcben wird.
Sonntag, den ü. Januar.
Mehrere Geistliche schreiben ihre leeren
Kirchen bloß der Kälte zu.
Montag, den 7. Jauuar.
Herr von Hin ekel dey kann, da an die-
sem Tage keine Zeitungen erscheinen, nicht
in Rcpnblikalione» machen.

Humoristisch - satyrisches Wochenblatt.

Nr. 2 dos Kladderadatsch erscheint am Donnerstag den d. M. Abends 4 Uhr, von Nr. 8
ab erscheint das Blatt dann wieder regelmäßig jeden Sonnabend. Die Uedakiio».

Wie gratuliren!

DaS alte Jahr ist vorbei, ein neues hat begonnen, und wir gratuliren unser» Freunde» — so oder
ähnlich würde dieser Artikel anfangen, wenn nicht ich, sondern Herr Nell stab denselben zu schreiben gedächte. Allerdings enthält
dieser Ansang unbestreitbare Wahrheiten. DaS alte Jahr ist vorbei — dagegen läßt sich nichts sagen. Ein neues hat be-
gonnen — auch daS konnten wir nicht verhindern- Und wir gratuliren unsern Freunden — nein, daS lhun wir nicht,
trotz des Verbots dcS Ncujahrgratulircns lhun wir's nicht! Wozu auch? Was ihr euch wünscht, kann uns doch nichts Helsen!
Ihr wollt Gleichheit Aller vor dem Gesetz — daß wir Narren wären! — Wir wollen, daß man uns auch ferner
bevorzuge, indem man uns, wie immer bisher, anständig behandelt.
Ihr wollt Achtung der persönlichen Freiheit und Schutz gegen Ucbcrgriffe der Gewalt — Lächerlich! —
Wenn zur Malice nicht Courage mehr nölhig ist, dann kömmt jeder Lump und macht noch schlechtere Witze als wir.
Ihr wollt Ordnung und Gesetz — Dnmmhcitc»! — Bei Ordnung und Gesetz kann ein anständiger Kladderadatsch
nicht bestehen.
Scandal, Tumult, Magistrat, Pöbclhcrrschaft, Proletariat, Stadtverordnete, Anarchie. Polizei, Adel, Blamage, Wirlhschaft
— das brauchen wir, das ist unser Element, daS die Lebenslust, in der wir athmen. Und wenn wir denn durchaus gratuliren
sollen: wir sind die Einzigen, denen wir gratuliren können.
Wir gratuliren unS zu unsrem Ministerium und unsren Kammern.
Wir gratuliren unö zu der Verfassung, die man unS zur Weihnacht bescheren und angebunden hat.
Wir gratuliren uns zum Interim, der BnndeScommission und dem Erfurter RcichStägelchcn.
Wir gratuliren unS zu den DiSciplinargcsctzen für richterliche und nichtrichtcrlichc Beamte.
Wir gratuliren unS zu den 2 l.000,000 und dann nochmals zu den 9,100,000.
Wir gratuliren unS zu Ohm und Complicen, zu Waldeck'S Haft, zu Jakobp'S Verfolgung und d'Esier'ö Steckbrief.
Wir gratuliren uns zu dem Kammcrbcschluß über Temme.
Wir gratuliren uns zu der Urbanität unsrer braven Schutzmänner, und zu Herrn von Hinckeldcy'S glaubwürdigen
Publikationen und Rcpublikationcn.
Wir gratuliren unS zu dem Scandal im Treubund und im Bund der Treuen.
Wir gratuliren unö zu den GratulakionSadrcssen der Magistrale und Stadtverordnetenversammlungen.
Ja, zu dem Allen und noch vielem Andern gratuliren wir unS. Am meisten aber gratuliren wir unS dazu, daß wir —
uns überhaupt noch gratuliren können!
Kladderadatsch.
 
Annotationen