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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 7.1896

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Zur Wiener Dekorationsmalerei
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Liebetanz, F.: Eine moderne Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.4885#0214
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EINE MODERNE KUNST.

Kunstgewerbeschule hervorgegangen ist und Schüler
Donadini's, Laufberger's und Berger's war. Der hier
abgebildete Abendschirm zeigt Eössler's liebenswürdiges
Talent in charakteristischer Weise. Große Historien-
bilder zu schaffen gelingt ihm nicht, dafür aber hat er
mehr als Andere die Gabe, Werke des Kunstgewerbes
feinsinnig zu schmücken. Seine Farbe zeigt den krei-
digen Ton, der neben der größten Farbenpracht zu den
Eigentümlichkeiten der Wiener Schule gehört. Auch
Franz Sommer (geb. 1865), ein Schüler von Kössler und
Matsch, hat sich mit einer ganzen Eeihe von Dekorations-

bildern (Malerei; Musik, Essen, Trinken, Bauchen) be-
reits einen guten Namen gemacht. Auch P. v. Gastgeb,
Gaertner, C. J. Peyfuß, welche u. a. das Wiener
Centralbad dekorirt haben, ferner A. H. Schramm
(Plafondgemälde im Sparkassengebäude zu Linz), Rudolf
Becher, Franz Zimmermann, Altwirth sind hier mit
Ehren zu nennen. Alles in allem genommen kann der
weiteren Entwicklung der Wiener Dekorationsmalerei
mit Buhe und Vertrauen entgegen gesehen werden. Hier-
zu gehört nun aber freilich ein neuer Aufschwung der
Architektur, und der dürfte auf sich warten lassen.

EINE MODERNE KUNST.

VON FR. LIEBETANZ- DÜSSELDORF.

ASS unserem Zeitalter als dem der krassen
Bealistik mit dieser Bezeichnung oft Un-
recht gethan wurde, ist häufig bewiesen
worden. Einen neuen Beitrag zur Recht-
fertigung sollen nachstehende Studien über
eine „moderne" Kunst bilden, die man im
treffendsten Wortsinne eine „Kunst unserer Zeit" nennen
kann. Wir meinen die Galvanoplastik, deren Entstehung
in die vierziger Jahre fällt, aber erst in den beiden
letzten Decennien eine hohe Vollendung erhalten hat.
Zur besseren Erläuterung sei zunächst der galva-
nische Prozess erklärt. Der nachzuahmende Gegenstand
wird in Gips, Leim, Guttapercha, Wachs oder bestimmte
Metalllegirungen abgeformt, die Niederschlagseite der
Form mit fein pulverisirtem Graphit überbürstet (leitend
gemacht) und die so vorbereitete Form als negativer
Pol einer elektrischen Stromleitung (Kathode) in ein
saures Kupferbad gehängt. Am positiven Pol der Leitung
befinden sich die aus Kupferblechen bestehenden Anoden.
Wird nun ein elektrischer Strom durch das Bad geleitet,
der bei den Kupferplatten (Anoden) eintritt, so wird
hierdurch das Kupfer an der einen Seite aufgelöst und
an der Kathode (Ware), — dem negativen Pol — nieder-
geschlagen. Der Laie wird sich die Entstehung der
galvanoplastischen Niederschläge am besten erklären,
wenn er sich denkt, dass am positiven Leitungspol das
Metall geschmolzen und am negativen in die Formen
gebracht wird, — alles dies durch die geheimnisvolle
Kraft der Elektricität.

Wenn sich auch die Galvanoplastik vornehmlich auf
die künstlerische Nachbildung graphischer Erzeugnisse
ausgedehnt hat, so hat man doch bald erkannt, dass
man hier ein Mittel hat, mit dem Kunstguss und der
Kupfertreibarbeit zu rivalisiren. Anfangs nur auf kleinere
Statuetten, Vasen, Kapitelle u. s. w. beschränkt, wagte

man sich mehr und mehr an größere Aufgaben heran
und die Vollendung des auf galvanoplastischem Wege
1858 enthüllten Gutenberg-Denkmals in Frankfurt
a. M. gab einen glänzenden Beweis für die Entwick-
lung dieser Technik. Die drei oberen 3V2 m hohen
Figuren sind von dem Bildhauer v. Kress in galvano-
plastischem Niederschlag ausgeführt und zeigten bei der
1892 vorgenommenen Untersuchung eine herrliche Patina
und die haarscharfe Wiedergabe des Modells bis auf den
Modellierstrich unverändert. Die 34jährige Wetterprobe
war somit glänzend bestanden. Die anderen in Zink-
guss ausgeführten Figuren waren so stark angegriffen,
dass ihre Erneuerung auf galvanoplastischem Wege be-
schlossen und von der galvanoplastischen Kunstanstalt
in München (jetzt in Geislingen-St.) ausgeführt wurde.
Die Arbeit erforderte acht Monate Zeit. Nach diesen Er-
folgen wandte man auch in weiten künstlerischen Kreisen
der Galvanoplastik große Aufmerksamkeit zu, zudem man
hier einen Weg fand, die mit bedeutenden Staatskosten
angestellten Untersuchungen über die Patina der antiken
Bronzen einem Resultate zuzuführen. Prof. Eberlein in
Berlin, nach dessen meisterhaftem Modell das Kaiser-
Wilhelm - Denkmal in Geislingen von oben genannter
Anstalt ausgeführt wurde, betonte ausdrücklich, dass
er die galvanoplastischen Niederschläge als gleich-
wertig mit dem Bronzeguss betrachte, und sagte der
Galvanoplastik vom künstlerischen Standpunkte eine
bedeutende Zukunft voraus.

Wenn man der Patinabildung näheres Studium
schenkt, so wird man bald zu der Überzeugung kommen,
dass eine wertvolle Patina nur auf chemisch reiner
Bronze oder reinem Kupfer entsteht. Alle bisherigen
Versuche haben dies bewiesen, und die wenigen Bronze-
denkmäler, die nicht von einer stumpfen, schwarzen Farbe
überzogen sind, haben lange nicht diejenige Patina, welche
 
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