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Deutschland <Deutsches Reich> / Reichs-Limeskommission [Hrsg.]
Limesblatt: Mitteilungen der Streckenkommissare bei der Reichslimeskommission — 2.1893-1894

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Nr. 6 (6. Dezember 1893)
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https://doi.org/10.11588/diglit.8930#0008
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— 175 —

Limesblatt.

— 176 —

Oberfläche eiu überaus fester steiniger
Lettenboden, in welchen die Rotthaue nur
mit äusserster Anstrengung eindrang, so
dass "Weiterarbeit vergeblich war, da ein
Graben augenscheinlich nicht bestanden
hatte. Auf den aufgegebenen Versuch,
einen solchen gleichwohl abzutiefen, schien
eine kleine Menge von Kohlen hinzudeuten,
welche sich in der obersten Schichte dieser
Masse vorfand.

Um diesen auffalligen Befund weiter zu
verfolgen, wurde 200 m mehr nordwestlich,
wo bei den Marksteinen 13, 12 und 11
der Limes wieder auf etwa 120 m Länge
mit der Grenze zwischen den Gemarkungen
Reinhardsachsen und Gottersdorf zusam-
menfällt und es jedenfalls wohl diesem
Umstand verdankt, dass auf dieser kurzen
Strecke sein vorwärts und rückwärts mehr
oder minder vollständig verschleifter Wall
wieder in 60—80 cm Höhe erhalten ge-
blieben ist, der abermalige Versuch eines
Grabeneinschnittes gemacht. Er hatte
ganz denselben Erfolg, wie der beschrie-
bene vorherige, und bemerkenswerter Weise
fand sich auch hier in der obersten Lage
des felsenfesten Urbodens eine kloine Menge
Kohlen, als Zeugnis, dass auch hier schon
einmal der Spaten thätig gewesen war.
Es wurde nun auch verständlich, warum
vor dem erwähnten Wallrcst keine den
ehemaligen (iraben andeutende Bodenver-
tiefung sichtbar ist. Die Thatsache aber,
dass an dieser Limesstrecke unzweifelhaft
ein dem Wall vorliegender Graben fehlt,
findet wohl in dem Umstand ihre Erklä-
rung, dass die praktischen Kömer darauf
verzichteten, mit herkulischer Arbeit in
dem, wie gesagt, felsenharten Boden einen
Graben abzutiefen, der müheloser durch
irgendwelche andere Vorkehrung um Grenz-
schulz zu ersetzen war. Es darf dies um so
unbedenklicher angenommen werden, als ich
bereits im Jahre 1885 feststellen konnte,
dass am südlichen Rande des Lindigwal-
des bei Walldürn der Limes auf einer
längeren Strecke nur aus einem Wall ohne
vorliegenden Graben bestand und dass dieser
Wall, ebenwohl wegen der undurchdring-
lichen Beschaffenheit des Untergrundes,
augenscheinlich durch Aufhäufung der auf
beiden Seiten abgehobenen, mehr lockeren

obersten Erdschichte hergestellt war und
infolge dessen inmitten einer 26 m breiten
Mulde dahinzog (Wd. Korrbl. 1886, Nr. 26).
Allem Anscheine nach war aber an der
beschriebenen Stelle der Reinhardsachsener
Mark das Material zur Aufschüttung des
Walles nur auf einer und zwar der Aussen-
seite entnommen worden. Wo diese Ab-
weichung von der Regel beginnt und wo
sie aufhört, konnte bis jetzt noch nicht
festgestellt werden.

Noch auffälliger und vorerst unerklär-
lich gestaltete sich aber die Sache bei dem
unfern des Weilers Neusäss gelegenen
Wachthaus im Distrikt Lange Birke. Eine
Eingrabung ungefähr 100 Schritte östlich
von jenem auf einem freien Acker des
anstossenden Feldes, wo eine quorverlau-
fende Mulde den ehemaligen Graben an-
zudeuten schien, ergab, 15 m von der
Wachthauslinie, im gewachsenen Boden
nur einen dunkelgefüllten Graben von
1,15 m Breite und 70 cm Tiefe, unten
nicht spitz, sondern mit 35 cm breiter
ebener Sohle und 80 cm langen Böschun-
gen ganz regelmässig eingeschnitten, unter
Hinzurechnung einer hier sehr klar unter
der Ackerkrume hervortretenden 30 cm
mächtigen älteren Humusschichte 1,60 m
breit und 1 m tief. Ein Grund für dieses
auffällige Mindermass war nicht ersicht-
lich, da der lehmige und steinfreie Unter-
grund keinerlei Hindernis bot, man müsste
denn etwa annehmen, dass an dieser Stelle
der Graben nicht fertig geworden sei.

Die geschilderten Anomalien legten die
Vermutung näher, ob nicht vielleicht die
von Herrn Dr. Schumacher nördlich von
Osterburken weit über die bisher ange-
nommene Erstreckung hinaus nachgewie-
sene Begleitmauer des Grenzwalles auch
hier Anwendung gefunden haben möge. Die
zahlreichen Versuche in dieser Richtung
ergaben zwar dicht neben dem Wachthaus
in der Langen Birke und etwa 30 Schritte
unterhalb desjenigen in den Gesengten
Hecken tief im Boden einigermassen „ver-
dächtige" Steinlagen ; bei näherer Prüfung
wurde jedoch ihr anderweitiger Ursprung
wahrscheinlicher, und da anderwärts, wo
irgend eine Spur hätte vorausgesetzt wer-
den müssen, auch nicht der geringste An-
 
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