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Schnaase, Carl
Geschichte der bildenden Künste (Band 8): Geschichte der bildenden Künste im 15. Jahrhundert — Stuttgart, 1879

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https://doi.org/10.11588/diglit.1297#0152
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66 Anfange einer Neugestaltung der Kunst bei den Völkern nördlich n«. .,

uer Alpen,

durch Anschauung gab, diente er doch mittelbarer Weise zur R.-f
tigung des Sinnes für bildende Kunst und erweckte unter den In
gebildeten Ständen sehr bald den Wunsch nach einer ihren °a*
sprächen besser angemessenen Befriedigung desselben Bedürfnisse*
Dies führte dann späterhin zu weiterer künstlerischer Ausbildung
des Holzschnittes selbst und zur Erfindung der Kupferstichkunst, die
demnächst ein so wichtiges Mittel zur Beförderung der bildenden
Künste wurde.

Viertes Kapitel.

Anfänge einer Neugestaltung der Kunst bei den
Volkern nördlich der Alpen.

So finden wir also am Anfange des 15. Jahrhunderts auf allen
Lebensgebieten, in der Kirche und im Staat, in den rechtlichen und
politischen Institutionen, in der Sitte, in der Wissenschaft und in
der Poesie deutliche Kennzeichen des fortschreitenden Verfalls. Die
Formen des Mittelalters sind äusserlich erhalten und anerkannt, aber
innerlich entstellt und verfälscht, zum hohlen Scheine ohne Wahrheit
und Kraft herabgesunken. Auch in der Kunst verhielt es sich nicht
anders, auch sie bestand noch in scheinbarer Blüthe. Der steigende
Luxus und der wachsende Reichthum gaben ihr eine erhöhte Thätig-
keit, in der sich die Künstler mit der Sicherheit des lange geübten
und erfahrenen Handwerks und mit grosser Selbstgefälligkeit be-
wegten. Aber der Geist, der sie in den vorhergegangenen Jahr-
hunderten getragen und erhoben hatte, war aus ihr gewichen, und
ihre Werke trugen mehr oder weniger die Spuren eines wachsenden
Niedergangs. Ganz darauf berechnet, ein Abbild des mittelalterlichen
Systemes zu sein, der grossen kirchlichen Einheit, in welcher der
Einzelne nur eine bedingte Selbständigkeit in Anspruch nehmen
durfte, vermochte die Kunst des Mittelalters das Eindringen des indi-
viduellen Gefühls nicht zu ertragen. Schon die ersten Regungen des-
selben im 14. Jahrhundert hatten sie vom rechten Wege abgeleitet.
In der Architektur löste sich das decorative Element mehr und nie«1
von dem constructiven, dieses zeigte sich in kahler Nüchternheit*
oder verschwand hinter der üppig wuchernden Ornamentation. l
baulichen Glieder nahmen eine neckende, übermüthige Haltung »i
 
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