Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Schnaase, Carl
Geschichte der bildenden Künste (Band 8): Geschichte der bildenden Künste im 15. Jahrhundert — Stuttgart, 1879

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.1297#0122
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
36

Sitten, Gebräuche, Literatur.

der Eitelkeit des Lebens so weit geschiedenen Stände zu 2 •
Man hat bei mehreren dieser eigentlichen Todtentänze ihreT"'
stehung im vierzehnten Jahrhundert behauptet, allein der Beweis^
überall mangelhaft und das erste unbestreitbare Beispiel gehört /'
Jahre 1424 an1). Jedenfalls aber wurde dieser Gegenstand erstT
fünfzehnten Jahrhundert recht populär und in diesem und dem n
genden unzählige Male wiederholt. Er ist die erste Aeusserun« d "
Humors dieser eigenthümlichen, den Jahrhunderten der neueren"Ze't
angehörigen Betrachtungsweise.

Eine nähere Anschauung der Art, wie sich die neuen Elemente
die wir bisher kennen gelernt haben, die erhöhte Bedeutung der
Natur und die grössere Befreiung der Individualität im Leben geltend
machten, werden wir durch die Betrachtung der Sitten und Gebräuche
dieses Jahrhunderts gewinnen.

Drittes Kapitel.
Sitten, Gebräuche, Literatur.

Mail könnte vermuthen, dass das erwachende Gefühl für Natur
und Wahrheit sich auch in den Erscheinungen des ^Lebens und der
Sitte geäussert, ihnen bestimmte, einfache Formen gegeben haben
müsse. Allein es erfolgte vielmehr das G egentheil, sie wurden starrer,
schwerfälliger, conventioneller. Zum Theil geschah dies schon aus
dem Grunde, weil die Gedanken, welche diesen Formen zum Grunde
lagen, mehr und mehr in Vergessenheit geriethen und man dein Her-
kommen nur noch gewohnheitsmässig folgte, zum Theil war es aber
auch eine beabsichtigte Steigerung, in der man sich gefiel und au
die man Werth legte. Die mittelalterlichen Institutionen bestanden
zwar noch, aber sie waren den andringenden neueren Ansprüchen
gegenüber gefährdet. Da war es denn ein Protest und zugleich tu
Vertheidigungsmittel, wenn ihre Vertreter wenigstens den Scheffl
wahrten, die äusseren Zeichen ihrer Würde mit vermehrtem Pru
geltend machten. Sie hatten dabei zugleich den Gewinn, der Sc > ^
lust, die sich damals so mächtig regte, Stoff zu geben und sie

>) Es ist hier nicht der Ort, näher auf die weitschichtige Literatur "t^.itul-
Geschichte des Todtentanzes einzugehen. Vgl. meine Ausätze über diese ^ ^
in den Mittheilungen der k. k. Centralcommission, Band VI. (1861) S.
 
Annotationen