Ludwig Münstermann und das Rodenkirchener Altarretabjg]
Doppelsäulen an den Ecken der Hauptzone tragen. Hierüber be-
findet sich ein verkröpftes Gesims, das den Sockel für die Doppel-
säulen und die fünf Nischen mit den Statuetten bildet. Das sechste
Feld wird von der Tür eingenommen, auf der sich eine Stifter-
inschrift befindet: „M. Gerhardus Petri hat deses Predigtstuhl
befördert"; „Wozu guetherzige christen freiwillig verehret ohne
Beschwehrung deß Kirchspiels." Die Doppelsäulen sind im unteren
Drittel ihres Schaftes mit Beschlagwerkmanschetten eingefaßt.
Den oberen Abschluß des Kanzelkorbes bildet ein Schriftzug:
„Matthei 10: Ihr seid es nicht / die da Reden son / dem ewers
Vaters / Geist ist es der / durch euch redet" - programmatisch
für den Pastor, der von der Kanzel predigt. Im Anschluß an die
Kanzelbrüstung wurde an der Westwand des Südquerschiffs eine
Tafel mit geschnitzten Wappen und Hausmarken von 19 Stiftern
angebracht, in deren unterem Abschluß sich auch das Meister-
zeichen Münstermanns befindet (vgl. Abb. 2).104
Auf dem unteren Gesims des herausragenden Schalldeckels
sitzen Stifterwappen und -inschriften. Über den sechs Seiten des
Gesimses befinden sich Brustbilder von Kirchenvätern (Ambrosius,
Augustinus, Hieronymus, Athanasius, Basilius, Cyrillus) und Namens-
inschriften in Knorpelwerkkartuschen.105 Von den Ecken ausge-
hend tragen Voluten ein zweites Gesims, auf dessen Ecken Putti
mit Leidenswerkzeugen stehen. Oberhalb befindet sich eine La-
terne, deren Nischen Rahmen mit Beschlagwerk und Edelsteinbe-
satz zeigen. Im Inneren ist die Dreifaltigkeit dargestellt. Über der
Laterne steht, wiederum von sechs Voluten getragen, ein Podest
mit einer Statuette der Ecclesia. Die Unterseite des Schalldeckels
zeigt das Pfingstwunder in sechs Reliefs mit Architekturhinter-
grund in der Umgebung der den Heiligen Geist darstellenden
Taube in einem Strahlenkranz.106
Die Formen des Kanzelkorbes sind geschlossen und entspre-
chen weitgehend denen bei anderen Kanzeln dieser Zeit, die archi-
tektonisch-ornamentalen Einzelformen der zeitgenössichen Druck-
graphik. Allein der Schalldeckel ist in seinen Konturen und den
Einzelformen von der Geschlossenheit zu einem durchbrochenen
Eindruck aufgelöst, wobei hierin keine Hinweise auf eine Lichtin-
szenierung wie beim Altar zu sehen sind.
Die verwendeten Materialien entsprechen denen am Altar.
Überwiegend wurde Eiche verwendet, für die Reliefs in den Kar-
tuschen der Brustzone, die Statuetten, geschnitzte Puttenköpfe
oder die Brustbilder der Kirchenväter und weitere Details des
Schalldeckels wurde Lindenholz verwendet. Den tragenden Teilen
aus Eichenholz wurden nicht tragende Partien aus Lindenholz
eingefügt und aufgesetzt.
Die jetzige farbliche Oberfläche der Kanzel entstand während
der Restaurierung 1962 bis 1964.107 Das Erscheinungsbild, die
Farbwahl, die Anordnung der Vergoldungen entspricht weitgehend
den neueren Restaurierungsergebnissen am Altar. Ohne einer
beabsichtigten Befunduntersuchung vorgreifen zu wollen, scheint
auch diese Fassung der Fassung 1 b am Altar zu entsprechen, die
1638 als feinere Differenzierung und partielle Polychromierung
des weitgehend monochromen und nur in drei Stufen differen-
zierten Leimüberzuges aus der Zeit der Errichtung entstand.108 Das
Ergebnis der Restaurierung am Altar unterstützt den Bericht des
Restaurators von 1962 bis 1964, nach dem er alle Befunde bei
der Wiederherstellung umgesetzt habe. Während der Freilegung
waren alle Bereiche der Kanzel in Bleistiftzeichungen dokumentiert
und die Farbbefunde darin kartiert worden. Auf dieser Grundlage
wurden die Befunde ergänzt. Das Erscheinungsbild der Ober-
flächen von Altar und Kanzel entspricht sich weitgehend.
Die Taufe von um 1630
Unter den erhaltenen Taufen Münstermanns stellt der Rodenkir-
chener Taufstein ein Fragment dar (Abb. 11).109 Die erhaltenen bei-
den Teile des Beckens wurden 1807 verkauft und waren lange
verschollen. Erst 1938 wurden sie wiederentdeckt und erneut in
der Kirche aufgestellt.110 Dabei wurden die Inschriften in dem
stark beschädigten Sandsteinbecken nachgearbeitet. Da die Taufe
wie der Altar und die Kanzel in den Visitationsprotokollen von
1638 als "bemalt und von feinem Licht" beschrieben wird, kön-
nen wir vermuten, daß auch die Taufe wie der Altar und die Kan-
zel 1638 neu gefaßt wurde. Zum Taufstein gehörte ein Deckel,
der in den Quellen von 1774 als schadhaft bezeichnet wird und
1801 durch einen geschnitzten Engel ersetzt wurde, der eine
Taufschale hielt.111
Der runde Taufstein in Balusterform weist sechs Felder auf, in
denen Hausmarken der Stifter an der Kuppa angebracht wurden,
die Namen der Stifter bilden eine umlaufende Inschrift am oberen
Rand. Als Gliederungselemente dienen Hermenpilaster, der Sockel
ist von Beschlagwerkornamentik überzogen.
Das Material der Taufbecken ist bei Münstermann durchgängig
Sandstein, bei der Taufe in Holle (1624) durch Eichenholz, bei
der in Varel (1618) durch Alabaster ergänzt. Am Taufstein in
Abbehausen (1628) ist deutlich zu erkennen, daß er aus einem
romanischen Taufstein umgearbeitet wurde.112 In Hohenkirchen ist
ein solcher romanischer Taufstein vollständig erhalten.113 Da auch
in Rodenkirchen - wie in Tossens, Holle und Stollhamm - ältere
Taufsteine vorhanden gewesen sein müssen, ist auch für die
dortigen, von Münstermann angefertigen Taufsteine das gleiche
Verfahren anzunehmen, wie es der (eigentlich oben befindliche)
Rankenfries an den Taufsteinen in Eckwarden, Golzwarden und
Abbehausen am unteren Rand belegt. Wie für Hohenkirchen fer-
tigte Münstermann auch in Schwei einen Taufsteindeckel für ein
älteres Taufbecken an.
11 Rodenkirchen, Taufstein, um 1630 (Aufnahme um 1960).
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Doppelsäulen an den Ecken der Hauptzone tragen. Hierüber be-
findet sich ein verkröpftes Gesims, das den Sockel für die Doppel-
säulen und die fünf Nischen mit den Statuetten bildet. Das sechste
Feld wird von der Tür eingenommen, auf der sich eine Stifter-
inschrift befindet: „M. Gerhardus Petri hat deses Predigtstuhl
befördert"; „Wozu guetherzige christen freiwillig verehret ohne
Beschwehrung deß Kirchspiels." Die Doppelsäulen sind im unteren
Drittel ihres Schaftes mit Beschlagwerkmanschetten eingefaßt.
Den oberen Abschluß des Kanzelkorbes bildet ein Schriftzug:
„Matthei 10: Ihr seid es nicht / die da Reden son / dem ewers
Vaters / Geist ist es der / durch euch redet" - programmatisch
für den Pastor, der von der Kanzel predigt. Im Anschluß an die
Kanzelbrüstung wurde an der Westwand des Südquerschiffs eine
Tafel mit geschnitzten Wappen und Hausmarken von 19 Stiftern
angebracht, in deren unterem Abschluß sich auch das Meister-
zeichen Münstermanns befindet (vgl. Abb. 2).104
Auf dem unteren Gesims des herausragenden Schalldeckels
sitzen Stifterwappen und -inschriften. Über den sechs Seiten des
Gesimses befinden sich Brustbilder von Kirchenvätern (Ambrosius,
Augustinus, Hieronymus, Athanasius, Basilius, Cyrillus) und Namens-
inschriften in Knorpelwerkkartuschen.105 Von den Ecken ausge-
hend tragen Voluten ein zweites Gesims, auf dessen Ecken Putti
mit Leidenswerkzeugen stehen. Oberhalb befindet sich eine La-
terne, deren Nischen Rahmen mit Beschlagwerk und Edelsteinbe-
satz zeigen. Im Inneren ist die Dreifaltigkeit dargestellt. Über der
Laterne steht, wiederum von sechs Voluten getragen, ein Podest
mit einer Statuette der Ecclesia. Die Unterseite des Schalldeckels
zeigt das Pfingstwunder in sechs Reliefs mit Architekturhinter-
grund in der Umgebung der den Heiligen Geist darstellenden
Taube in einem Strahlenkranz.106
Die Formen des Kanzelkorbes sind geschlossen und entspre-
chen weitgehend denen bei anderen Kanzeln dieser Zeit, die archi-
tektonisch-ornamentalen Einzelformen der zeitgenössichen Druck-
graphik. Allein der Schalldeckel ist in seinen Konturen und den
Einzelformen von der Geschlossenheit zu einem durchbrochenen
Eindruck aufgelöst, wobei hierin keine Hinweise auf eine Lichtin-
szenierung wie beim Altar zu sehen sind.
Die verwendeten Materialien entsprechen denen am Altar.
Überwiegend wurde Eiche verwendet, für die Reliefs in den Kar-
tuschen der Brustzone, die Statuetten, geschnitzte Puttenköpfe
oder die Brustbilder der Kirchenväter und weitere Details des
Schalldeckels wurde Lindenholz verwendet. Den tragenden Teilen
aus Eichenholz wurden nicht tragende Partien aus Lindenholz
eingefügt und aufgesetzt.
Die jetzige farbliche Oberfläche der Kanzel entstand während
der Restaurierung 1962 bis 1964.107 Das Erscheinungsbild, die
Farbwahl, die Anordnung der Vergoldungen entspricht weitgehend
den neueren Restaurierungsergebnissen am Altar. Ohne einer
beabsichtigten Befunduntersuchung vorgreifen zu wollen, scheint
auch diese Fassung der Fassung 1 b am Altar zu entsprechen, die
1638 als feinere Differenzierung und partielle Polychromierung
des weitgehend monochromen und nur in drei Stufen differen-
zierten Leimüberzuges aus der Zeit der Errichtung entstand.108 Das
Ergebnis der Restaurierung am Altar unterstützt den Bericht des
Restaurators von 1962 bis 1964, nach dem er alle Befunde bei
der Wiederherstellung umgesetzt habe. Während der Freilegung
waren alle Bereiche der Kanzel in Bleistiftzeichungen dokumentiert
und die Farbbefunde darin kartiert worden. Auf dieser Grundlage
wurden die Befunde ergänzt. Das Erscheinungsbild der Ober-
flächen von Altar und Kanzel entspricht sich weitgehend.
Die Taufe von um 1630
Unter den erhaltenen Taufen Münstermanns stellt der Rodenkir-
chener Taufstein ein Fragment dar (Abb. 11).109 Die erhaltenen bei-
den Teile des Beckens wurden 1807 verkauft und waren lange
verschollen. Erst 1938 wurden sie wiederentdeckt und erneut in
der Kirche aufgestellt.110 Dabei wurden die Inschriften in dem
stark beschädigten Sandsteinbecken nachgearbeitet. Da die Taufe
wie der Altar und die Kanzel in den Visitationsprotokollen von
1638 als "bemalt und von feinem Licht" beschrieben wird, kön-
nen wir vermuten, daß auch die Taufe wie der Altar und die Kan-
zel 1638 neu gefaßt wurde. Zum Taufstein gehörte ein Deckel,
der in den Quellen von 1774 als schadhaft bezeichnet wird und
1801 durch einen geschnitzten Engel ersetzt wurde, der eine
Taufschale hielt.111
Der runde Taufstein in Balusterform weist sechs Felder auf, in
denen Hausmarken der Stifter an der Kuppa angebracht wurden,
die Namen der Stifter bilden eine umlaufende Inschrift am oberen
Rand. Als Gliederungselemente dienen Hermenpilaster, der Sockel
ist von Beschlagwerkornamentik überzogen.
Das Material der Taufbecken ist bei Münstermann durchgängig
Sandstein, bei der Taufe in Holle (1624) durch Eichenholz, bei
der in Varel (1618) durch Alabaster ergänzt. Am Taufstein in
Abbehausen (1628) ist deutlich zu erkennen, daß er aus einem
romanischen Taufstein umgearbeitet wurde.112 In Hohenkirchen ist
ein solcher romanischer Taufstein vollständig erhalten.113 Da auch
in Rodenkirchen - wie in Tossens, Holle und Stollhamm - ältere
Taufsteine vorhanden gewesen sein müssen, ist auch für die
dortigen, von Münstermann angefertigen Taufsteine das gleiche
Verfahren anzunehmen, wie es der (eigentlich oben befindliche)
Rankenfries an den Taufsteinen in Eckwarden, Golzwarden und
Abbehausen am unteren Rand belegt. Wie für Hohenkirchen fer-
tigte Münstermann auch in Schwei einen Taufsteindeckel für ein
älteres Taufbecken an.
11 Rodenkirchen, Taufstein, um 1630 (Aufnahme um 1960).
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