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Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege [Hrsg.]; Institut für Denkmalpflege [Hrsg.]
Arbeitshefte zur Denkmalpflege in Niedersachsen: St. Michaelis in Hildesheim — Hannover: Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege, Heft 34.2008

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Binding, Günther: St. Michaelis in Hildesheim - Einführung, Forschungsstand und Datierung
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https://doi.org/10.11588/diglit.51162#0045
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St. Michaelis in Hildesheim
Einführung, Forschungsstand und Datierung

Für den Kirchenbau (Baubeginn 1015) waren ein-
schließlich der Unterbrechung und Mehrarbeit durch
den Einsturz 16 Jahre erforderlich; Bernward hatte
seine Grabeskirche nach zwölf Jahren bei seinem Tod
noch nicht vollendet, sondern erst 1033 konnte sie
abschließend geweiht werden, also nach 23 Jahren.
Wie in Hildesheim wurde auch schon bald ein Mönchs-
konvent herbeigeholt, dann erst erfolgten nach und
nach Dotierungen für das Kloster; bereits nach zwei
Jahren im Juli 1017 aber war ein Teil der Kirche schon
geweiht (in Hildesheim drei Jahre nach der Grund-
steinlegung). Am 2. Juli 1023 konnte nach Einsturz des
gewölbten Sanktuariums die Krypta geweiht werden.
Meinwerks Kirche hatte wie St. Michaelis und der
Bamberger Dom einen größeren Chor im Westen,
eine an ein weit ausladendes, vermutlich römisches
Querschiff anschließende türmeflankierte Apsis und
unter der gesteltzten Ostapsis eine Ringkrypta. Die
groß angelegte Planung Meinwerks wurde nach dem
Einsturz 1022 aufgegeben zugunsten einer Westapsis
ohne Querschiff.51 Die Westausrichtung, das weit
ausladende westliche Querschiff mit anschließender
Apsis, die Ringkrypta und die Patrone Peter und Paul
verweisen auf Rom und St. Peter mit dem Petrusgrab.
Hier war sicher Meinwerks Romaufenthalt im März
1014 anregend gewesen; zugleich steht er, der über
seine Urgroßmutter Adela von Vermandois zu den
Nachfahren Karls des Großen gehörte, in karolingi-
scher Tradition, unter anderem Fulda mit dem Grab
des Bonifatius, dessen Missionsbemühungen er auf
seine eigene Zeit bezog.52 Mit gleicher Erinnerung an
Rom hat auch Bernward fünf Jahre zuvor seine Gra-
beskirche St. Michaelis gestaltet.
Den Gründungsvorgang von St. Michaelis hat Hans
Joachim Kracht mit dem von St. Pantaleon in Köln
verglichen. Dort hat sich, wie aufgrund mehrerer
Quellen zu erkennen ist, „der Vorgang der Kloster-
gründung [...] von etwa 955 bis 964 hingezogen."53
Erst kurz vor Brunos Tod am 22. Mai 964 hat er die
Mönche in dem 955 oder wenig später gestifteten
Kloster unter die Leitung eines Abtes gestellt:
Anmerkungen
1 Algermissen 1960, S. 8.
2 Von den Steinen 1956, S. 336.
3 Beseler/Roggenkamp 1954, S. 168 f. - Ebenso Helmut
Fussbroich: Die Ausgrabungen in St. Pantaleon zu Köln. (-
Kölner Forschungen 2) Mainz 1983, S. 241: „Bischof
Bernward von Hildesheim hat den Kölner praepositus
Goderamnus zusammen mit wenigen Mönchen nach
Hildesheim berufen. Wahrscheinlich [...] im Jahre 996."

Christian aus St. Maximin in Trier, der in einem Tausch-
vertrag vom 17. Februar 963 noch als Mönch in Trier
erscheint und von dem es in der Chronica regia zum
Jahre 964 heißt: „Primus abbas ipsius loci Christianus
factus est." Das bedeutet aber, dass auch in Köln wie
in Hildesheim der Abt erst einige Jahre (8-10) nach der
Gründung und Besiedlung mit Mönchen in das Klos-
ter von auswärts geholt und als Abt eingesetzt wurde.
Als Ergebnis ist festzuhalten: Bernward gründete an
einem bis dahin unbesiedelten Platz nördlich „außer-
halb der Mauer eine sehr prächtige Kapelle zu Ehren
des lebensspendenden Kreuzes (sacellum etiam splen-
didum valde foris murum in honore vivificae Crucis
exstruxif). Ein Partikel dieses Kreuzes, das ihm sein kai-
serlicher Herr, Otto III., geschenkt hatte [vermutlich zu
seiner Bischofsweihe], legte er, eingefasst in funkeln-
de Edelsteine und reines Gold, dort nieder. [...] Die
Kapelle (sacellum) des heiligen Kreuzes aber weihte
er, nachdem sie in vielfältiger Zier vollendet war (vario
decore perfectum), am 10. Sept. 996."54 Sie sollte
den benachbarten Einwohnern als Pfarrkirche dienen
(vicinis incolis ex tuis datis baptismi, sepulturae,
unctionis fecit aedernum solatium); an der Kapelle
taten clerici ihren Dienst. Von Anbeginn hatte Bern-
ward die Absicht, zudem ein Kloster zu gründen. Wann
das erfolgt ist, kann aus den Quellen nicht erschlossen
werden. Nur so viel ist klar: Stiftung und Bauplanung
sind erst nach der Weihe der Hl. Kreuz-Kapelle im Jahr
996 anzusetzen, und sehr wahrscheinlich hat St. Mi-
chaelis auch 1001, 1003 und 1007 noch nicht exis-
tiert, da der Kaiser 1003 nur an den Dom gestiftet hat
und Bernward die 1001 und 1007 beschafften
Reliquien für den Dom und nicht für St. Michaelis
bestimmt hat. Für die wichtige Martins-Reliquie hat
Bernward erst 1022 eine Kapelle zwischen der Hl.
Kreuz-Kapelle und der Michaeliskirche geweiht. Auf
1010 ist ein Grundstein der Klosterkirche St. Michaelis
datiert; vor Februar/März 1013 war ein Teil der Kirche
fertiggestellt und geweiht, und der Kaiser nahm auf
Bitten Bernwards die dort angesiedelten Benediktiner-
mönche mit ihrem Besitz in seinen Schutz (vgl. „Bau-
beginn der Kirche St. Michaelis, Grundsteinlegung
1010 und Weihe 1022/33").
4 Gründliche Nachricht von dem Leben und Tode des
Heiligen Bernwards. Hildesheim 1767. Hrsg. Enno Bünz, Karl-
Heinz Bajorath. Bielefeld 1993, S. 36 und 69-71.
5 Kracht 1975, S. 70. - Wolfgang Kaiser: Romanische
Architektur in Deutschland, in: Rolf Toman (Hrsg.): Die Kunst
der Romanik. Köln 1996, S. 42. - Chronicon coenobii S.
Michaelis, in: Gottfried Wilhelm Leibniz (Scriptores rerum
Brunsvicensium... //) Hannover 1711, S. 399. Zu diesem feh-
lerhaften und irreführenden Druck siehe Horst Eckert:
Gottfried Wilhelm Leibniz's Scriptores rerum Brunsvicensium.
(= Veröff. d. Leibniz-Archivs 3) Frankfurt 1971, S. 132.

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