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Kimpflinger, Wolfgang; Neß, Wolfgang; Zittlau, Reiner; Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege [Hrsg.]; Institut für Denkmalpflege [Hrsg.]
Arbeitshefte zur Denkmalpflege in Niedersachsen: Das Fagus-Werk in Alfeld als Weltkulturerbe der UNESCO: Dokumentation des Antragsverfahrens — [Hannover]: Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege, Heft 39.2011

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3. Begründung für die Eintragung
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https://doi.org/10.11588/diglit.51160#0083
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Welterbeantrag Fagus-Werk

sehen erregten: Ludwig Mies van der Rohe, Hu-
go Häring, Walter Gropius, Martin Wagner, Ot-
to Bartning, Erich Mendelsohn, Hans Poelzig,
Bruno und Max Taut, Fred Forbat, Hans und Was-
sili Luckhardt, P. Rudolf Henning, Ludwig Hilber-
seimer, Adolf Rading und Hans Scharoun verein-
te eine gemeinsame architektonische Entwurfs-
haltung, bei der nicht das Formproblem im Vor-
dergrund stand, sondern die sozialen, ökonomi-
schen, baulichen und städtebaulichen Dimensio-
nen dieser gewaltigen Bauaufgabe. Modernität
als Entwurfshaltung drückt sich in den Siedlun-
gen der Berliner Moderne in der demokratischen
Reihung gleicher Wohnungstypen mit Baikonen
und Loggien aus, diezu einer seriellen und rhyth-
mischen Gestaltung der Wohnblöcke führte. Um
Baukosten und Mieten zu senken, wurden typi-
sierte Wohnungsgrundrisse verwirklicht, aber
auch mit neuen städtebaulichen Figuren eigen-
ständige, variantenreiche und auf den jeweiligen
Ort bezogene Siedlungstypologien geschaffen.
Viele dieser neuen modernen Formen waren zu-
gleich künstlerische und rationale Antworten
auf ökonomische und funktionale Probleme. Im
Kreise der Architekten der Berliner Siedlungen,
die keinen doktrinären Einheitsstil, sondern for-
male Vielfalt hervorbrachten, gehörte Walter
Gropius zu den Verfechtern rationalistischer und
funktionalistischer Konzepte, die den Fagus-Ent-
würfen von 1910 ebenfalls zugrunde liegen,
dort aber aufgrund der völlig anderen Bauauf-
gabe zu keinen vergleichbaren Bauformen führ-
ten.

e. Weiße Stadt Tel-Aviv, Israel, 1930- ca. 1950
von Arieh Sharon, Joseph und Ze'ev Berlin u. a.
(Abb. 5N)
Die Weiße Stadt von Tel-Aviv ist mit ihren ca.
4000 Gebäuden im Bauhaus- bzw. Internationa-
len Stil ein einzigartiges, stilistisch einheitliches
Stadtgebilde der Architektur der Moderne. Auf
der Basis eines von Patrick Geddes seit 1925 ent-
wickelten Masterplanes konnte ab 1930 auf ei-
nem bis dahin unbebauten Gelände ein neues
Stadtgebilde entstehen, dessen Einzelbauten
von immigrierten Architekten aus Europa ent-
worfen wurden. Ein großer Teil der dort tätigen
Architekten hatte sich in Deutschland mit den
neuesten Architekturströmungen vertraut ge-
macht, wie etwa Arieh Sharon, Philipp Huett,
Ze'ev Haller, Shlomo Bernstein und Joseph Neu-
feld, die nach ihrer Flucht aus dem nationalso-
zialistischen Deutschland für dieses große Sied-
lungsprojekt tätig wurden. Die funktionalisti-
schen Bauhaus-Ideen mit standardisierten
Grundrissen, klaren kubischen Formen mit Flach-

5N Weiße Stadt Tel-Aviv, Israel, 1930-ca. 1950 von Arieh Sharon,
Joseph und Ze'ev Berlin u.a.


dächern und preiswerten Baumaterialien wur-
den hier großflächig umgesetzt, wenn auch ei-
nige typische Merkmale der Bauhausarchitektur,
wie großflächige Verglasungen, wegen des hei-
ßen Klimas hier nicht auftreten, dafür aber auf-
geständerte Bauten und lange schmale Balkone,
die eine gute Luftzirkulation gewährleisteten.
Rationale und funktionalistische Entwurfs- und
Gestaltungsideen, die Walter Gropius erstmals
am Fagus-Werk hat Gestalt werden lassen und
die zu Baubeginn der Weißen Stadt bereits zwei
Jahrzehnte zurücklagen, kommen in Tel-Aviv in
vielfältigen Ausprägungen und Interpretationen
zum Ausdruck.

f. Ciudad Universitaria de Caracas, Venezuela,
1940-1960 von Carlos Raül Villanueva (Abb. 6N)
Die im Jahre 2000 in die Liste des Weltkulturer-
bes aufgenommene Ciudad Universitaria de Ca-
racas, zwischen 1940 und 1960 von Carlos Raül
Villanueva (1900-1975) entworfen und errich-
tet, ist das erste große Projekt moderner Archi-
tektur auf lateinamerikanischem Boden, das aus
der Hand eines einzigen Architekten stammt und
das urbanistische Dimensionen erreicht (Abb.
6N). In London und Paris aufgewachsen, hat Vil-
lanueva bis 1929 seine Ausbildung zum Archi-
tekten an der Pariser Ecole des Beaux Arts erhal-
ten, an der zu dieser Zeit noch ein eklektizisti-
scher Entwurfsstil vermittelt wurde, der auch Vil-
lanuevas frühe Bauten in Venezuela noch be-
stimmte. Obwohl die avantgardistischen euro-
päischen Architekturströmungen Villanueva be-
kannt waren, die neuen Stahlbeton-Konstrukti-
onstechniken ihm über seinen Mentor August

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