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Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege [Hrsg.]; Institut für Denkmalpflege [Hrsg.]
Arbeitshefte zur Denkmalpflege in Niedersachsen: Mühlen in Niedersachsen und Bremen — Petersberg: Imhof, Heft 40.2013

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Mühlengeschichtlicher Überblick
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https://doi.org/10.11588/diglit.51161#0012
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Mühlen in Niedersachsen und Bremen

Große Fallhöhe, kleine Wassermenge:
- oberschlächtige Beaufschlagung von Zellenrä-
dern; Wasserzuführung über dem Radscheitel von
oben (zum Beispiel in Bruchmühlen),
- rückschlächtige Beaufschlagung von Zellenrädern
mit Wasserzuführung im Bereich des oberen Rad-
drittels; der Drehsinn der Räder ist gegen die Fließ-
richtung des Gewässers gerichtet.
Mittlere Fallhöhe, mittlere Wassermenge:
- mittelschlächtige Beaufschlagung, etwa in Rad-
wellenhöhe, von Schaufelrädern, die bisweilen in
gekröpften Gerinnen geführt werden (zum Beispiel
in Harrienstedt).
Kleine Fallhöhe, große Wassemenge:
- unterschlächtige Beaufschlagung, Strauberräder
mit geraden Radialschaufeln oder Staberräder mit
gekröpften Schaufeln haben ihre Wasserzuführung
im Bereich des unteren Raddrittels (zum Beispiel in
Hohnhorst).
Ober- und rückschlächtige Räder nutzen in erster Linie
die potenzielle Energie des Wassers (Gewicht), unter-
schlächtige hingegen die kinetische Energie (Stoß)
und mittelschlächtige je nach Schaufel- und Gerinne-
form beide Energiearten. Im zweiten Drittel des 19.
Jahrhunderts wurden Wasserräder mehr und mehr
durch Wasserturbinen ersetzt. Vor allem mit Francis-
Turbinen ließen sich die in dieser Region vorhandenen
hydrogeografischen Gegebenheiten am besten aus-
nutzen.
Windmühlen hingegen befinden sich dort, wo das
Geländerelief ruhiger wird. Vorzugsweise auf dem
Wind ausgesetzten, nicht bewachsenen Kuppen der
Geestflächen, häufig an den der Hauptwindrichtung
zugewandten Ortsrändern. Bockwindmühlen wur-

den gelegentlich auf flachen künstlichen Hügeln
errichtet. Seltener stellte man Windmühlen in den
Ortskernen auf. Sie mussten dann wie die Fehsen-
feld'sche Mühle in Martfeld oder die Mühle in Hassel
hoch gebaut werden, damit der Windangriff auf die
Flügel nicht durch Gebäudedächer und hohe Bäume
beeinträchtigt wurde. Die höchstgelegene Windmüh-
le dürfte die von Binnen sein, auf einer Geestkuppe
der Nienburg-Meppener Geest am Rande der Weser-
niederung gelegen und mit 78 m ü. N. N. rund 52 m
über der Talaue. Nicht weniger exponiert ist der ehe-
malige Doppelmühlenstandort in Harrienstedt. Den-
noch gab es hier Anlass für einen Rechtsstreit, als
1847 der Windmühlenbesitzer Hormann gegen den
Wassermüller Meyer, Besitzer eines Grundstücks mit
hohem Kiefernbestand in der Hauptwindrichtung vor
einer seiner Mühlen, wegen Windentzugs klagte.
Hormann wollte erreichen, dass die „Fuhren" (platt-
deutsch: Föhren = Kiefern) abgeholzt werden sollten.
Er berief sich in der Klagebegründung auf em Ge-
wohnheitsrecht, der Windmüllern freien Zugang des
Windes zu ihrer Mühle zusicherte (Archiv der SG
Uchte).
Jedoch spielte für die Standortwahl bei Wasser- wie
auch Windmühlen nicht nur das Geländerelief eine
Rolle, sondern auch die Verkehrslage, also die Nähe
zu viel befahrenen Verkehrswegen und zu Ortschaf-
ten, aus denen die Mühlengäste kamen.
Exemplarisch sei dies an einem Teilstück der alten
Poststraße Hannover-Osnabrück dargestellt, die die
hannoversch-britischen Könige auf ihren Reisen zwi-
schen Hannover und London benutzten. Das Teilstück
zwischen Kreuzkrug und Jägerkrug heißt noch heute
Kronstraße. Zwischen Diepenau und Stolzenau an der
Weser, wo es von alters her eine Weserfähre gab, spä-


Alte Poststraße Hannover-Osnabrück zwischen Dierstorf und Diepenau mit Mühlenstandorten
B-Bockwindmühlenstandort, H-Holländermühlenstandort, W-Wassermühlenstandort
 
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