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Möller, Hans-Herbert; Institut für Denkmalpflege [Editor]; Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege [Editor]
Arbeitshefte zur Denkmalpflege in Niedersachsen: Düna/Osterode - ein Herrensitz des frühen Mittelalters: archäologische und naturwissenschaftliche Prospektion, Befunde und Funde ; überarbeitete Zusammenfassung der fachübergreifenden Vorträge, gehalten auf dem Kolloquium am 9./10. September 1983 in Düna — Hannover: Inst. für Denkmalpflege, Niedersächsisches Landesverwaltungsamt, Heft 6.1986

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Klappauf, Lothar: Einleitung: Resümee des Koloquiums am 9./10. September 1983 in Düna
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https://doi.org/10.11588/diglit.50504#0010
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Flächen erfassen, so daß eine erste flächenhafte Kartie-
rung der Meßergebnisse möglich ist. Sicher unterschie-
den werden können Bachläufe und gestörte Zonen, bei
denen die einzelnen Widerstandswerte noch archäolo-
gisch verifiziert werden müssen. Überraschend ist die
punktuelle Übereinstimmung einzelner Meßwerte mit
bei den Bohrungen festgestellten und danach auch
ausgegrabenen Befunden, andererseits ergeben sich
jedoch auch in ihrer Ursache noch zu klärende Abwei-
chungen.
Leider nicht flächenhaft durchgeführt werden konnten
die Radarmessungen durch Dipl.-Phys. H. Stümpel,
Institut für Geophysik der Universität Kiel. Der Vergleich
der Meßergebnisse mit den ausgegrabenen Befunden
zeigt die große Genauigkeit, mit der nicht nur großflä-
chige Strukturen wie z. B. der Verlauf von Gräben, son-
dern auch kleinräumige Veränderungen und Schicht-
wechsel bis in die für den Archäologen relevanten Tie-
fen erfaßt werden können. Die zusammen mit den Ra-
darmessungen in Angriff genommenen Magnetmes-
sungen, die in dem gleichen Meßgebiet wie die Radar-
messungen durchgeführt werden sollten, mußten we-
gen der Dominanz rezenter Fundstücke wie Zelthäringe
und Kronkorken - das Meßgebiet lag im Bereich des
Grabungscamps aus dem Jahre 1982 - erfolglos abge-
brochen werden, obwohl diese Meßmethode zu den er-
probtesten Prospektionsarten gehört.
Bei den Grabungen in Düna konnte eine Besiedlung von
der römischen Kaiserzeit (3./4. Jahrhundert n. Chr.) bis
in das späte Mittelalter (13./14. Jahrhundert n. Chr.)
nachgewiesen werden. Bisher lassen sich vier Haupt-
besiedlungsphasen unterscheiden, deren innere Sied-
lungsstrukturen geklärt werden können. Es deutet sich
eine Entwicklung von mindestens drei frühgeschichtli-
chen Einzelhöfen über eine zentralisierte karolingische
Siedlung mit integriertem Herrensitz zum separierten
Herrensitz mit angeschlossener zentraler Siedlung und
zur Aufsplitterung in um den Herrensitz gruppierte Ein-
zelkomplexe an. Zu jeder Siedlungsphase sind großflä-
chige Befunde aufgedeckt worden. Das schichtbezo-
gen geborgene Fundmaterial wird differenzierte chro-
nologische und soziologische Aussagen erlauben. In
Zusammenarbeit mit den naturwissenschaftlichen
Nachbardisziplinen werden wesentliche neue Erkennt-
nisse zur Siedlungs- und Wirtschaftsgeschichte des
südlichen Harzvorlandes gewonnen werden; u. a. kann
bereits jetzt der Bergbau im Harz bis in die römische
Kaiserzeit nachgewiesen werden.
Das technische Vorgehen bei der Grabung in Düna wird
von F.-A. Linke, Grabungstechniker am Institut für
Denkmalpflege Hannover, dargestellt. Die Grabung
wird in natürlichen Schichten bis auf den anstehenden
Boden getrieben. Befunde wie Gruben und Pfostenlö-
cher werden zunächst geschnitten und danach in ihrer
natürlichen Form herauspräpariert. Ein besonderes
Vorgehen machte der Schnitt durch den ehemaligen
Bachlauf im Westen des Grabungsgebietes erforder-
lich: einerseits sollten die tiefer gelegenen Flächen in

einem bearbeitbaren Zustand sein, zum anderen durf-
ten höher gelegene Teile der enthaltenen organischen
Materialien wegen nicht austrocknen. Zwei voneinan-
der unabhängige Drainagesysteme ober- und unterhalb
des Grabenschnittes erlaubten hierfür ein gezieltes Ab-
senken des Wasserspiegels.
Erste Ergebnisse der paläo-ethnobotanischen Fundbe-
arbeitung stellt Prof. Dr. U. Willerding, Universität Göt-
tingen, dar. Das vor allem aus den Feuchtgebieten vor-
liegende reichhaltige botanische Material wird eine Re-
konstruktion der historischen Umwelt und der Lebens-
bedingungen ebenso wie der Eingriffe des Menschen in
die Natur, z. B. durch Landwirtschaft und Verhüttungs-
tätigkeit bzw. Holzkohleherstellung, erlauben. Garten-
und Ackerbau lassen sich auf ursprünglich gut geeigne-
ten Böden nachweisen, Wildfrüchte rühren von reger
Sammeltätigkeit her. Noch nicht geklärt werden kann
bisher das Fehlen einiger zu erwartender Kulturobst-
arten. Im Zusammenhang mit archäologischen Funden
und Befunden wie Spinnwirteln und Webgewichten
bzw. den Standspuren eines Webstuhles, deuten
Funde von Lein etc. auf örtliche Tuchherstellung.
Die großen Mengen von Erz- und Schlackenfunden
werden von Prof. Dr. W. Brockner und Dr. Ing. H. E.
Kolb, Technische Universität Clausthal, bearbeitet. Der
Nachweis, daß es sich bei den Erzfunden um aus dem
nahegelegenen Harz stammendes Rohmaterial han-
delt, ist mit modernen Analysemethoden gelungen.
Überraschend ist die eindeutige Zuweisung einer gro-
ßen Zahl von Erzstücken zur Lagerstätte Rammeisberg,
deren Abbau anhand der inzwischen untermauerten
Datierungen bereits wesentlich vor dem Jahre 968
n. Chr. belegt werden kann. Vermutlich schon mit dem
Siedlungsbeginn in Düna wurde auf Eisen und Bunt-
metall geschmolzen. Die großen Schlackenhalden deu-
ten dabei eher auf eine gewerbsmäßige Produktion, die
sich möglicherweise auch in den botanischen Befun-
den spiegelt und eine Erklärung für die Siedlungsge-
schichte Dünas bietet.
Die zum Schluß von Dr. K. Wilhelmi, Institut für Denk-
malpflege Hannover, vorgelegte mittelfristige Konzep-
tion zeigt die denkmalpflegerische Problematik auf, die
um die Maßnahme in Düna aufgekommen war und letzt-
lich auf dem Kolloquium diskutiert werden sollte. Sie
stellt in diesem Sinne nahezu ein historisches Doku-
ment dar.
Die sich anschließenden Diskussionen im Rahmen des
Kolloquiums unter Leitung von Prof. Dr. W. Janssen,
Institut für Vor- und Frühgeschichte der Universität
Würzburg, und Prof. Dr. P. Schmid, Niedersächsisches
Landesinstitut für Marschen- und Wurtenforschung
Wilhelmshaven, konzentrierten sich zum einen auf die
Methode der Ausgrabung in natürlichen Schichten, zum
anderen auf die frühe Datierung des Steingebäudes be-
reits in das 9. Jahrhundert. Sicherlich ist das Graben
nach natürlichen Schichten nur in geeigneten Böden
möglich, doch erleichtert diese Grabungsmethode die

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