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Agrippa von Nettesheim, Heinrich Cornelius; Mauthner, Fritz [Hrsg.]
Die Eitelkeit und Unsicherheit der Wissenschaften und die Verteidigungsschrift (1. Band) — München: bei Georg Müller, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.57344#0343
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Kapitel LXIV 2 y 3
sie machet so starke und feste Bande, dass kein Mägd-
lein, sie mag gleich einfältig oder verschmitzt, bestän-
dig oder wankelmütig sein, sie mag gleich schamhaftig
und furchtsam oder hochgemut oder kleinmütig sein,
wann sie einmal der Kupplerin Gehör gibet, so blei-
bet sie gleich in ihrem Garne hangen.
Es ist bei ihnen eine so verschmitzte Arglistigkeit,
dass keine weibliche Vorsichtigkeit sie überwinden
kann; ihren Stricken kann kein Mägdlein, keine Ma-
trona, keine Witwe, keine heilige Nonne nicht ent-
gehen; ihr schwaches Kriegeswesen hat mehrer Wei-
ber Schamhaftigkeit zuschanden gemachet, als sonsten
jemals ein grosses Kriegesheer; ihr Betrug, List, Ver-
schlagenheit und Witz kann nicht ausgesonnen noch
ausgesprochen werden. Und obgleich diese Kunst in
beiden Geschlechtern viel Lehrmeister und Unterwei-
ser hat, so gäbet es ihrer doch wenig, die darinnen
ausgelernet haben. Es ist aber kein Wunder. Denn
weil so viel Arten der Kupplereien als Disziplinen oder
Künste und Wissenschaften sind, so kann doch diese
Kunst nicht zur Perfektion gebracht werden, wann
man nicht alle Künste, alle Wissenschaften und Dis-
ziplinen wohl innen hat.
Derowegen muss ein rechter perfekter Kuppler oder
Kupplerin alles wissen, und dürfen diejenigen, so diese
Kunst exerzieren, nicht nach einer Disziplin, wie nach
dem Arktischen Sterne allein sehen, sondern sie müs-
sen sich um alle bekümmern; dieser Kunst müssen
alle andern Disziplinen dienen. Denn dieser sind gleich-
sam alle Wissenschaften Dienerinnen; sie müssen alle
der Kupplerei dienen. Denn erstlich kommet die Gram-
matica, als eine Disziplin zu reden und schreiben und
weiset ihr, wie sie Liebesbriefe schreiben soll, wie sie
solche Briefe mit amatorischen Grüssen, mit Liebes-
gebetchen, mit Lamentieren und lieblichen Schmei-
cheleien anfüllen soll, wie aus den neuen Skribenten,
von dem Aenea Sylvio und von Jacobo Caviceo und
andern mehr dergleichen beschrieben geschehen. Aber
es ist noch eine andere grammatische Art oder Art zu
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