STYMPHALOS
85
täuschender Stein. Im Corpus schien es uns geraten, dem
kritischen Leser die Wahl zwischen den verschiedenen Datie-
rungen zu lassen; jetzt wollen wir selbst eine bestimmte Ant-
wort auf die Frage zu geben versuchen. Auf die Vorderseite
einer Marmorstele sind nacheinander sechs Urkunden ge-
schrieben, die erste in sorgfältiger, grosser Stoichedonschrift.
Stoichedon schrieb man in Mantinea um die Mitte des V.
Jahrhunderts, als das attische Reich auf der Höhe stand; in
Tegea zu Beginn und im letzten Viertel des IV. Jalirh., dann
auch am Lykaion; wieder in Tegea noch in der Aitolerzeit
(Nr. 11 um 229/8?), und in Phigaleia um 240. Mindestens ein
Vau macht geneigt au ein möglichst hohes Alter zu glau-
ben; allein manches andere erregt schon Verdacht, und die
sechste Urkunde lässt man schon ungern dem Ende des drit-
ten Jahrhunderts. Der Dialekt zeigt eine Mischung von Arka-
disch und nordwestdorischer Koine.
Und doch wollen wir uns besinnen; denn als die Vor-
derseite keinen Platz mehr bot und Pietätsrücksichten nicht
mehr dagegensprachen (die ja oft erstaunlich schnell ver-
flogen sind), hat man auf der Rückseite in einer ganz ande-
ren, mehr der Schreibschrift entsprechenden Weise eine lange
Vereinbarung zwischen Stymphalos und einer anderen Stadt
(vielleicht dem benachbarten achäisclien Pellana, wofür auch
die Erwähnung von Zugewanderten aus dem achäisclien Ke-
rvnneia sprechen würde) eingegraben. Wir wollen auf diesen
schwer lesbaren Text, um dessen Verständnis sich B. Haus-
soullier in ebenso scharfsinniger wie geduldiger und metho-
discher Arbeit ein nicht genug zu schätzendes Verdienst er-
worben hat- nachher sind uns auch einige beachtenswerte
Vorschläge von einer Studierenden der Berliner Universität,
Ruth von Velsen, einer Nichte des bekannten athenischen
Epigraphikers, mitgeteilt worden -—nicht näher eingehen, son-
dern auf Haüssoulliers eigene Fortsetzung der Arbeit als des
dazu berufensten Gelehrten hoffen. Einen wichtigen Termi-
nus ante quem schienen uns die mehrfachen Strafbestim-
mungen in aeginaeischen Drachmen zu geben. Denn es ist
bekannt, dass der achäische Bund seinen Mitgliedern nach
attischem Vorbilde das eigene Maass- und Münzsystem vor-
85
täuschender Stein. Im Corpus schien es uns geraten, dem
kritischen Leser die Wahl zwischen den verschiedenen Datie-
rungen zu lassen; jetzt wollen wir selbst eine bestimmte Ant-
wort auf die Frage zu geben versuchen. Auf die Vorderseite
einer Marmorstele sind nacheinander sechs Urkunden ge-
schrieben, die erste in sorgfältiger, grosser Stoichedonschrift.
Stoichedon schrieb man in Mantinea um die Mitte des V.
Jahrhunderts, als das attische Reich auf der Höhe stand; in
Tegea zu Beginn und im letzten Viertel des IV. Jalirh., dann
auch am Lykaion; wieder in Tegea noch in der Aitolerzeit
(Nr. 11 um 229/8?), und in Phigaleia um 240. Mindestens ein
Vau macht geneigt au ein möglichst hohes Alter zu glau-
ben; allein manches andere erregt schon Verdacht, und die
sechste Urkunde lässt man schon ungern dem Ende des drit-
ten Jahrhunderts. Der Dialekt zeigt eine Mischung von Arka-
disch und nordwestdorischer Koine.
Und doch wollen wir uns besinnen; denn als die Vor-
derseite keinen Platz mehr bot und Pietätsrücksichten nicht
mehr dagegensprachen (die ja oft erstaunlich schnell ver-
flogen sind), hat man auf der Rückseite in einer ganz ande-
ren, mehr der Schreibschrift entsprechenden Weise eine lange
Vereinbarung zwischen Stymphalos und einer anderen Stadt
(vielleicht dem benachbarten achäisclien Pellana, wofür auch
die Erwähnung von Zugewanderten aus dem achäisclien Ke-
rvnneia sprechen würde) eingegraben. Wir wollen auf diesen
schwer lesbaren Text, um dessen Verständnis sich B. Haus-
soullier in ebenso scharfsinniger wie geduldiger und metho-
discher Arbeit ein nicht genug zu schätzendes Verdienst er-
worben hat- nachher sind uns auch einige beachtenswerte
Vorschläge von einer Studierenden der Berliner Universität,
Ruth von Velsen, einer Nichte des bekannten athenischen
Epigraphikers, mitgeteilt worden -—nicht näher eingehen, son-
dern auf Haüssoulliers eigene Fortsetzung der Arbeit als des
dazu berufensten Gelehrten hoffen. Einen wichtigen Termi-
nus ante quem schienen uns die mehrfachen Strafbestim-
mungen in aeginaeischen Drachmen zu geben. Denn es ist
bekannt, dass der achäische Bund seinen Mitgliedern nach
attischem Vorbilde das eigene Maass- und Münzsystem vor-