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G. KARO
Götterculte 1897). Für die Abbildungen behalf man sich
grösstenteils weiter mit Schliemanns zahlreichen, aber unse-
ren modernen Forderungen längst nicht mehr genügenden
Illustrationen, und nur die vortrefflichen galvanoplastischen
Nachbildungen E. Gillierons (Geislinger Metallwarenfabrik,
letzter Katalog 1911., mit Vorrede von P. Wolters) verbreite-
ten auch ausserhalb Athens die Kenntnis des hohen künst-
lerischen Wertes, den die mykenischen Schmucksachen,
Waffen und Geräte besitzen, den aber die überwiegend anti-
quarische Forschung auf diesem Gebiete niemals nach Ge-
bühr gewürdigt hat.
Als dann die grossen Ausgrabungen auf Kreta ein neues,
überraschend helles Licht auf die Cultur des II. Jahrtausends
im aegaeischeu Meere warfen, trat das Interesse an den fest-
ländischen Monumenten mehr in den Hintergrund. Geblen-
det von jenem neuen Bilde, das um viele Züge reicher war,
neigten die Meisten allzuleicht dazu, alles bisher ‘mykenisch’
Genannte nun kurzweg 'kretisch’ umzutaufen, und Mykenai
galt Vielen nun geradezu als eine Provinz der minoischen
Cultur. Es hat freilich au warnenden Stimmen nicht gefehlt,
welche die selbständigen Züge der festländischen Kunst ge-
genüber der kretischen betonten und die Bedeutung der er-
steren hervorhoben1. Indessen vermissen wir eine umfassende
und eingehende Behandlung dieses wichtigen Themas, die
auf langen Vorstudien in Athen nicht minder als in Candia
fussen und über ein sehr viel reicheres und besseres Abbil-
duugsmaterial, als es bisher vorliegt, verfügen müsste2. Eine
der allerwichtigsten Quellen unserer Kenntnis aber blei-
ben, auch nach den kretischen Funden, die Schachtgräber
1 Besonders erwähnenswert sind: F. Noack, Homerische Paläste 1903;
Ovalhaus und Palast auf Kreta 1908; W. Dörpfeld, AM. XXX 1905, 257-
XXXII 1907, 576; D. Mackenzie, BSA. XI 181 ff. XII 250 ff. XIV 386 ff.;
Kurt Müller, AM. XXXIV 1909, 269 ff., 31 7ff.; G. Rodenwaldt, AM. XXXVII
1912,136 ff.; Tiryns II 184-204; Rizzo, Storia d. arte greca I 1 36 ff., 161 ff.;
Dussaud, Les civilisations prehelleniques2 * 5 * 1914, 146 ff. 172 f. ; Wolters in
Springer-Michaelis, Kunstgesch. I10 1915, 121 ff.
5 Stäis, Guide illustre du Musee National, Coli. Mvcenienne, 2. Auft.
1915, enthält eine Fülle wertvoller Einzelbeobachtungen.
G. KARO
Götterculte 1897). Für die Abbildungen behalf man sich
grösstenteils weiter mit Schliemanns zahlreichen, aber unse-
ren modernen Forderungen längst nicht mehr genügenden
Illustrationen, und nur die vortrefflichen galvanoplastischen
Nachbildungen E. Gillierons (Geislinger Metallwarenfabrik,
letzter Katalog 1911., mit Vorrede von P. Wolters) verbreite-
ten auch ausserhalb Athens die Kenntnis des hohen künst-
lerischen Wertes, den die mykenischen Schmucksachen,
Waffen und Geräte besitzen, den aber die überwiegend anti-
quarische Forschung auf diesem Gebiete niemals nach Ge-
bühr gewürdigt hat.
Als dann die grossen Ausgrabungen auf Kreta ein neues,
überraschend helles Licht auf die Cultur des II. Jahrtausends
im aegaeischeu Meere warfen, trat das Interesse an den fest-
ländischen Monumenten mehr in den Hintergrund. Geblen-
det von jenem neuen Bilde, das um viele Züge reicher war,
neigten die Meisten allzuleicht dazu, alles bisher ‘mykenisch’
Genannte nun kurzweg 'kretisch’ umzutaufen, und Mykenai
galt Vielen nun geradezu als eine Provinz der minoischen
Cultur. Es hat freilich au warnenden Stimmen nicht gefehlt,
welche die selbständigen Züge der festländischen Kunst ge-
genüber der kretischen betonten und die Bedeutung der er-
steren hervorhoben1. Indessen vermissen wir eine umfassende
und eingehende Behandlung dieses wichtigen Themas, die
auf langen Vorstudien in Athen nicht minder als in Candia
fussen und über ein sehr viel reicheres und besseres Abbil-
duugsmaterial, als es bisher vorliegt, verfügen müsste2. Eine
der allerwichtigsten Quellen unserer Kenntnis aber blei-
ben, auch nach den kretischen Funden, die Schachtgräber
1 Besonders erwähnenswert sind: F. Noack, Homerische Paläste 1903;
Ovalhaus und Palast auf Kreta 1908; W. Dörpfeld, AM. XXX 1905, 257-
XXXII 1907, 576; D. Mackenzie, BSA. XI 181 ff. XII 250 ff. XIV 386 ff.;
Kurt Müller, AM. XXXIV 1909, 269 ff., 31 7ff.; G. Rodenwaldt, AM. XXXVII
1912,136 ff.; Tiryns II 184-204; Rizzo, Storia d. arte greca I 1 36 ff., 161 ff.;
Dussaud, Les civilisations prehelleniques2 * 5 * 1914, 146 ff. 172 f. ; Wolters in
Springer-Michaelis, Kunstgesch. I10 1915, 121 ff.
5 Stäis, Guide illustre du Musee National, Coli. Mvcenienne, 2. Auft.
1915, enthält eine Fülle wertvoller Einzelbeobachtungen.