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G. KARO
Was die Ornamente anlangt, so ist die einfache Spiral-
verzierung keineswegs specifisch minoisch; Thon- undSteinge-
fässe, die mit solchen Mustern in Relief geschmückt sind, fin-
den sich auf den Kykladen schon in wesentlich älterer Zeit als-
die unserer SchachtgräberIndessen können die Steinmetzen
solche Spiralnetze und Bänder, wie die von 1428 und 1431,
allenfalls auch mit den figürlichen Darstellungen von Fres-
ken eingewanderter minoischer Künstler übernommen haben;
denn reiche Spiralmuster sind ja auf den Wandgemälden
überaus häufig. Dagegen sind die Seitenleisten von 1427
durchaus nicht von minoischem Geiste beseelt, sondern fin-
den Analogien gerade auf Goldarbeiten einheimischer Her-
kunft (unten Cap. VIII). Und für die spiraligen Füllmuster auf
1428 und die Dreipässe im Kreisrahmen auf 1429 wüsste ich
in minoischer Malerei vorderhand kein Beispiel zu nennen.
Anderseits muss betont werden, dass wir bisher in der Argolis
nirgends Steingefässe von den Kykladen oder einen nennens-
werten Einfluss der Kykladen-Keramik entdeckt haben. Doch
ist die Spirale der ‘ Urfirnis’-Keramik nicht fremd (grosse
Pithoi mit Reliefbändern), und auf den matt bemalten Vasen
der Argolis braucht sie keineswegs erst mit dem Einsetzen
minoischen Einflusses aufzutauclien. Die Grabstelen bieten
also eine Verschmelzung einheimischer Motive mit figürlichen
Darstellungen minoischer Herkunft.
IIr. DIE ART DER BESTATTUNG.
Es ist schon oben bemerkt worden, dass unsere Gräber
sich in ihren Abmessungen und ihrer Tiefe sehr wesentlich
von einander unterscheiden. Bald sind es flache, seichte Gru-
ben, bald tiefe Schachte; unsere Tafeln XV. XVI lassen diese
Unterschiede leicht erkennen. Ebenso wechseln auch die Ab-
messungen. Grab II, das nur einen Toten barg, und VI, das
ursprünglich auch nur für eine Leiche bestimmt war, sind
bescheidene Gruben, in denen jedoch der Tote mit seinem
1 Man vgl. das ‘Pfahldorf’ von Melos, Perrot-Cliipiez. VI 910, die
schöne Büchse von Amorgos in Athen, AM. XI 1886, 1b, Beilage 1 u. a.
G. KARO
Was die Ornamente anlangt, so ist die einfache Spiral-
verzierung keineswegs specifisch minoisch; Thon- undSteinge-
fässe, die mit solchen Mustern in Relief geschmückt sind, fin-
den sich auf den Kykladen schon in wesentlich älterer Zeit als-
die unserer SchachtgräberIndessen können die Steinmetzen
solche Spiralnetze und Bänder, wie die von 1428 und 1431,
allenfalls auch mit den figürlichen Darstellungen von Fres-
ken eingewanderter minoischer Künstler übernommen haben;
denn reiche Spiralmuster sind ja auf den Wandgemälden
überaus häufig. Dagegen sind die Seitenleisten von 1427
durchaus nicht von minoischem Geiste beseelt, sondern fin-
den Analogien gerade auf Goldarbeiten einheimischer Her-
kunft (unten Cap. VIII). Und für die spiraligen Füllmuster auf
1428 und die Dreipässe im Kreisrahmen auf 1429 wüsste ich
in minoischer Malerei vorderhand kein Beispiel zu nennen.
Anderseits muss betont werden, dass wir bisher in der Argolis
nirgends Steingefässe von den Kykladen oder einen nennens-
werten Einfluss der Kykladen-Keramik entdeckt haben. Doch
ist die Spirale der ‘ Urfirnis’-Keramik nicht fremd (grosse
Pithoi mit Reliefbändern), und auf den matt bemalten Vasen
der Argolis braucht sie keineswegs erst mit dem Einsetzen
minoischen Einflusses aufzutauclien. Die Grabstelen bieten
also eine Verschmelzung einheimischer Motive mit figürlichen
Darstellungen minoischer Herkunft.
IIr. DIE ART DER BESTATTUNG.
Es ist schon oben bemerkt worden, dass unsere Gräber
sich in ihren Abmessungen und ihrer Tiefe sehr wesentlich
von einander unterscheiden. Bald sind es flache, seichte Gru-
ben, bald tiefe Schachte; unsere Tafeln XV. XVI lassen diese
Unterschiede leicht erkennen. Ebenso wechseln auch die Ab-
messungen. Grab II, das nur einen Toten barg, und VI, das
ursprünglich auch nur für eine Leiche bestimmt war, sind
bescheidene Gruben, in denen jedoch der Tote mit seinem
1 Man vgl. das ‘Pfahldorf’ von Melos, Perrot-Cliipiez. VI 910, die
schöne Büchse von Amorgos in Athen, AM. XI 1886, 1b, Beilage 1 u. a.