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DIE SCHACHTGRÄBER VON MYKENAI 187
sein scheint, möchte ich die unseren lieber einem in Mykenai
arbeitenden minoischen Goldschmied zuschreiben1.
Ganz vereinzelt endlich steht ein schmaler halbrunder,
feingezähnter Elfenbeinkamm (IV 310; Sta'isS. 41), mit
Kreismustern verziert, der später—vielleicht erst fürs Grab—
mit Goldblech verkleidet wurde. Genau so geformte Kämme
tragen noch heute vielfach kleine Mädchen. Aber aus der
minoisch-mykenischen Kunst wüsste ich kein anderes Beispiel
zu nennen. Für die gewöhnliche Frisur der kretischen Damen
ist ja ein solcher Kamm auch wenig geeignet.
Von den Ohrringen des III. Grabes ist schon oben
(S. 158f.) in anderem Zusammenhang gesprochen worden. Sie
sind sämtlich gut gearbeitete, massive Werke, kein Grabzeug,
und kommen in anderen Gräbern mit Frauenleichen über-
haupt nicht vor. Mit den ebenfalls oben erwähnten Armbän-
dern mit goldenen Drahtspiralen bilden sie einen Complex
von Schmucksachen, der eine unminoische, nordische Kunst-
tradition darstellt. Nur in einzelnen Fällen hat offenbar die
alte Sitte nachgewirkt, während im Allgemeinen dieminoiselie
Mode die Ohrgehänge verbannte. Auch die Maske der einen
Kinderleiche (oben S. 173) trägt übrigens Ringe in den
Ohren.
Noch eine grosse Gruppe von Goldsachen schreibt Stais
der Verzierung der Särge zu: die runden Goldplättchen mit
gestanzten Mustern, deren über 700 im III. Grabe gefunden
worden sind, während sie in den anderen fast gänzlich fehlen.
Nur einige Plättchen des V. Grabes (V 640. 641. 647; etwa 25
Exemplare), die aber sehr viel schlechter und dünner gear-
beitet sind und auch etwas abweichende Muster tragen, sind
denen des III. vergleichbar und haben wohl dieselbe Verwen-
dung- gehabt. Man hat diese Plättchen früher für Zierrat von
Gewändern gehalten; für Grabgewänder wären sie ja auch
ganz geeignet, als billiger Ersatz für kostbare Goldstickereien,
und solche grosse, kreisförmige, mit Ornamenten gefüllte
1 Eher zu einer Gewandnadel dürfte III 142 (unpubliciert) gehört ha-
ben, ein zu doppelter Spirale aufgerollter silberner Nadelkopf, wie sie in
Troja (Dörpfeld, Troja und Ilion I 356) und auf den Kykladen (Tsuntas
’Eq). d{>x- 1899, Taf. 10) häufig sind.
 
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