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DIE SCHACHTGRÄBER VON MYKENAI 209
Auch von Grab V muss wenigstens die erste Bestattung
zu den ältesten der ganzen Gruppe gerechnet werden. Und
hier finden wir nun zwei Becher gleicher Form und fast glei-
cher, nur ein wenig reicherer Verzierung (Nr. 267. 628; Schlie-
mann 359, Abb. 475; Stai's S. 61 f.). Aber sie sind wesentlich
grösser als jene, auch besser und solider gearbeitet. Charakte-
ristisch ist für diese und alle folgenden Stücke gleicher Form
die Befestigung des Henkels. Er ist von innen an die Gefäss-
wand genagelt, oben mit zwei, unten mit einem Goldstift,
deren Köpfe flach gewölbt zu sein pflegen und decorativ
wirken, während die Enden ganz schmucklos, geradezu häss-
lich, flach auseinandergehämmert sind. Solche steilwandigen
Becher mit dickem, wagrechten Rundstab in der Mitte des
Leibes erscheinen nicht selten in unseren Gräbern. Ein ganz
unverziertes Exemplar ist IV 441 (Schliemann 271, Abb. 345). V
629 (Schliemann 360, Abb. 476) trägt über und unter dem Rund-
stab ein reiches Spiralnetz von sehr decorativer Wirkung. Ein
silberner Becher gleicher Verzierung, leider arg zerstört, lag
in demselben Grabe, und ein paar Henkel ähnlicher Silber-
becher sind ganz oder teilweise erhalten. Ein goldenes Exem-
plar mit zwei Friesen von Delphinen (III 73; Schliemann 236,
Abb. 317) zeigt schlagend die Ableitung von kretischen Va-
sen, sowohl der ausgehenden mittelminoischen wie der begin-
nenden spätminoischen Technik [Evans, Palace of Minos I 608],
Dieselbe Form findet sich auch, minoischem Brauch
entsprechend, ohne den plumpen Rundstab und wirkt dann
in ihrem fein geschwungenen Profil sehr viel gefälliger. Am
wenigsten erfreulich sind einige kleine Exemplare mit hori-
zontalen Canneluren (IV 392. 393; Schliemann 268, Abb. 340,
aus Gold, ein arg zertrümmertes silbernes im V. Grabe), sehr
viel hübscher die senkrecht gegliederten: IV 442 (Schliemann
269, Abb. 342, Gold) mit breiten Canneluren, V 756 (Silber) mit
gefälliger Blattreihe, IV 313 (Schliemann 275, Abb. 347, Gold)
mit einer Reihe grosser aufrechter Blattzweige verziert, zu
denen wiederum festländisch frühmykenische Vasen Parallelen
bieten. Technisch ist diese ganze Gruppe ziemlich minderwer-
tig. Sie zeigt deutlich das Bestreben, feinere Vorbilder nachzu-
ahmen, aber ohne rechten Erfolg. Am klarsten lehrt das die
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ATHENISCHE MITTEILUNGEN XL
 
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