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G. KARO
in die Klinge eingelassenen Schrauckplatten bestehen nicht
aus Gold, sondern aus einer dunklen Metalllegierung, die
zum Glück viel weniger oxydiert als Bronze und daher sehr
gut erhalten ist. Ihre Zusammensetzung kennen wir nicht;
nach ihrer Härte und den Rostspuren auf ihrer Oberfläche
dürfte sie wohl einen starken Zusatz von Eisen enthalten. Dies
wäre dann das erste Auftreten des Eisens im minoisch-myke-
nischen Kreise. Es überrascht uns nicht, da wir ja aus den
auf die Schatzgräber unmittelbar folgenden ältesten Kuppel-
gräbern eiserne Ringe kennen (K. Müller, A. M. XXXIV 1909,
275)'.
In diese Platten wurden nun die Figuren in Gold, oder
vielmehr in Elektron verschiedener Legierung eingelegt. Je
nach dem grösseren oder geringeren Zusatz von Silber oder
Kupfer hat der Goldschmied helle, fast silberweisse, rötliche,
licht- oder goldgelbe Töne erzielt, die sich vom dunklen
Grunde der Platten wie eine Art von Metallmalerei abhoben.
Und dieser Reichtum der Farben war durch die Darstellun-
gen gebeten, die im Gegensatz zu der Spiralenklinge freibe-
wegte Bilder von erstaunlicher Naturwahrheit sind.
Zunächst die Lilienklinge (V 764;Stais S. 66; Perrot-
Chipiez Taf. 19, 5). Sie ist nur zur Hälfte erhalten, doch
können wir das bei ihr am ehesten verschmerzen, weil der
verlorene untere Teil gewiss ebenso wie der obere mit Lilien-
blüten verziert war, die in abwechselnder Richtung schräg
gestellt—als wiegten sie sich auf ihren feinen Stielen—in einer
gefälligen Wellenlinie sich über die Klinge hinziehen. Kelch
und Staubbeutel sind golden, Stiel und Staubfäden silberhell. Bei
diesem Dolche allein sind auch Heft und Griff erhalten, aus
dünnem Goldblech, das einst einen hölzernen Kern verklei-
dete (oben S.196). Die darauf getriebenen Lilien stehen in ihrer
Ausführung wie in der etwas wirren, allzu dichten Verteilung
tief unter den reizenden Blüten der Klinge — eine Discrepanz,
die sich wohl nur durch die Annahme erklären lässt, dass der
1 Im mykenischeu Kreise wird das Eisen erst ganz spät zu Gebrauchs-
gerät, vorher nur selten und vereinzelt zu Schmucksachen, eben Ringen
verwendet. Das bestätigen unsere Dolche, bei denen Eisen, wenn überhaupt,
• nur in den Schmuckplatten vorkommt.
G. KARO
in die Klinge eingelassenen Schrauckplatten bestehen nicht
aus Gold, sondern aus einer dunklen Metalllegierung, die
zum Glück viel weniger oxydiert als Bronze und daher sehr
gut erhalten ist. Ihre Zusammensetzung kennen wir nicht;
nach ihrer Härte und den Rostspuren auf ihrer Oberfläche
dürfte sie wohl einen starken Zusatz von Eisen enthalten. Dies
wäre dann das erste Auftreten des Eisens im minoisch-myke-
nischen Kreise. Es überrascht uns nicht, da wir ja aus den
auf die Schatzgräber unmittelbar folgenden ältesten Kuppel-
gräbern eiserne Ringe kennen (K. Müller, A. M. XXXIV 1909,
275)'.
In diese Platten wurden nun die Figuren in Gold, oder
vielmehr in Elektron verschiedener Legierung eingelegt. Je
nach dem grösseren oder geringeren Zusatz von Silber oder
Kupfer hat der Goldschmied helle, fast silberweisse, rötliche,
licht- oder goldgelbe Töne erzielt, die sich vom dunklen
Grunde der Platten wie eine Art von Metallmalerei abhoben.
Und dieser Reichtum der Farben war durch die Darstellun-
gen gebeten, die im Gegensatz zu der Spiralenklinge freibe-
wegte Bilder von erstaunlicher Naturwahrheit sind.
Zunächst die Lilienklinge (V 764;Stais S. 66; Perrot-
Chipiez Taf. 19, 5). Sie ist nur zur Hälfte erhalten, doch
können wir das bei ihr am ehesten verschmerzen, weil der
verlorene untere Teil gewiss ebenso wie der obere mit Lilien-
blüten verziert war, die in abwechselnder Richtung schräg
gestellt—als wiegten sie sich auf ihren feinen Stielen—in einer
gefälligen Wellenlinie sich über die Klinge hinziehen. Kelch
und Staubbeutel sind golden, Stiel und Staubfäden silberhell. Bei
diesem Dolche allein sind auch Heft und Griff erhalten, aus
dünnem Goldblech, das einst einen hölzernen Kern verklei-
dete (oben S.196). Die darauf getriebenen Lilien stehen in ihrer
Ausführung wie in der etwas wirren, allzu dichten Verteilung
tief unter den reizenden Blüten der Klinge — eine Discrepanz,
die sich wohl nur durch die Annahme erklären lässt, dass der
1 Im mykenischeu Kreise wird das Eisen erst ganz spät zu Gebrauchs-
gerät, vorher nur selten und vereinzelt zu Schmucksachen, eben Ringen
verwendet. Das bestätigen unsere Dolche, bei denen Eisen, wenn überhaupt,
• nur in den Schmuckplatten vorkommt.