Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Deutsches Archäologisches Institut / Abteilung Athen [Hrsg.]
Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Athenische Abteilung — 41.1916

DOI Heft:
Drittes Heft
DOI Artikel:
Möbius, Hans: Über Form und Bedeutung der sitzenden Gestalt in der Kunst des Orients und der Griechen
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.37286#0196
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
170

HANS MÖBIUS

Füße stehen aber genau parallel, die Linke rafft das Gewand,
ein konventionelles, bei einer Sitzfigur völlig sinnloses Motiv.
Ganz anders die sitzende Athena, in der man ein Werk
des Endoios zu sehen pflegt1, und deren prinzipielle Bedeutung
als erster Trägerin eines Ausdrucksmotivs schon in der Einleitung
angedeutet wurde. Hier sind alle Formen derb und kräftig, die
Falten in einfachen Wellenlinien wiedergegeben, aber welche
Energie liegt in dem Motiv des zurückgezogenen Fußes! Dem
Eindruck, daß diese Gestalt im nächsten Augenblick aufspringen
müsse, hat sich noch niemand entziehen können. Es ist die-
selbe für ein Götterbild vielleicht übertriebene Lebendigkeit, die
wir am Siphnierfries und auf spätst Vasen wiederfinden.
ln der Reliefplastik spiegeln sich die in der statuarischen
Kunst herrschenden Verhältnisse genau wieder: auf der einen
Seite eine Gruppe ionischer Monumente, die im Stil mit den
milesischen Skulpturen zusammengeht, auf der andern Seite die
‘peloponnesisch harten’ lakonischen Stelen2. In Sparta herrscht
äußerste Klarheit und Schärfe der Formen, die Gestalten sind
starr aufgerichtet, ihr Rücken der Deutlichkeit wegen von der
Lehne entfernt, die Beine nicht voneinander geschieden. Auf
dem Relief Saburoff ruhen sogar die Füße der Frau, um jede
Überschneidung zu vermeiden, auf einer Stufe, ihre Beine sind
also etwas kürzer als die des Mannes. Die Wiedergabe des
Gesichts von vorn3 hat in archaischer Zeit nichts auffälliges,
erst später wird die von Rodenwaldt4 5 so stark betonte Seiten-
ansicht im Relief kanonisch.
Die massigen Gestalten des Harpyien-Monuments6 von
Xanthos sitzen aufrecht in ihren Lehnstühlen, das vordere Bein
etwas zurückgesetzt, aber infolge der Neigung zur ‘orientalischen
1 Dickins625. Br.-Br. 145. Springer-Wolters12 217 Abb. 424. K-i. B*
VII 215, 3. Schräder, Arch. Marmorskulpturen 43 Abb. 37.
2 Zusammengestellt bei Tod-Wace, Catal. of the Sparta Mus. p. 108.
Stele Saburoff in Berlin: Furtwängler, Slg. Sab. I Taf. 1. Br.-Br. 227 links.
K. i. B. VII 204, 3.
3 Sie findet sich auch bei einigen Heroenreliefs aus Ton in Sparta
(BSA. XI 1904/5, 86 Fig. 7. BSA. XII 1905/6, 289 Fig. 3).
4 Das Relief bei den Griechen 9ff.
5 Rayet, Monum. antiques pl. 13—16. Br.-Br. 146, 147. K. i. B. VII
208, 4—6.
 
Annotationen