Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Deutsches Archäologisches Institut / Abteilung Athen [Hrsg.]
Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Athenische Abteilung — 41.1916

DOI Heft:
Viertes Heft
DOI Artikel:
Wrede, Walther: Kriegers Ausfahrt in der archaisch-griechischen Kunst
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.37286#0406
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
360

WALTHER WREDE

Neben diesem Typus, der den Körper des Wagenbesteigen-
den möglichst ausbreitet und sich nicht genug tun kann, durch
weites Spreizen der Beine den Effekt der wilden, raschen Be-
wegung zu steigern, steht ein anderer, gehaltenerer, der das
auf dem Boden stehende Bein näher an den Wagen heranzieht,
wodurch die ganze Gestalt eine senkrechtere Haltung bekommt1.
Eine ähnliche Entspannung wird erreicht, wenn das Standbein
etwas im Knie gebeugt wird. Solche Lösungen finden sich
als charakteristisch auf den Terrakottafriesen (136ff.), auf den
Straußeneiern 142, auf dem klazomenischen Sarkophag Ant.
Denkm. I 44, auf der Defennehscherbe ebd. II 21, 1 und auf der
Masse der schwarzfigurigen Vasen. Auch der Hektor der korin-
thischen Hydria 6 hat im Standmotiv nichts von der Wildheit
des Amphiaraos.
Diese Zusammenstellung zeigt, daß eine lokale Trennung
der beiden Typengruppen nicht durchzuführen ist. Nur soviel
scheint daraus hervorzugehen, daß das starke Spreizen im
hohen Archaismus beliebt war (die Ausbreitung des Körpers
entsprach ja streng archaischer Tendenz überhaupt) und sich
dann besonders im ionischen Kreise (im weitesten Sinne)
gehalten hat, entsprechend der im frühen Archaismus im all-
hier nur andeuten kann. Es handelt sich für den Künstler darum, den
Übergang zu finden von den geschwungenen Fältchen, die durch die
Spannung des Gewandes über dem Oberschenkel entstehen, zu denVertikal-
falten der Hauptgewandmasse. Die verschiedenen Versuche zur Lösung
dieser Aufgabe und ihre Phasen lehrt ein Durchblättern der Vasenbilder
des entwickelt sf. und frühen rf. Stils; der Künstler der delphischen
Athena aber steht mit der Stärke jener Spannung fast allein da: erläßt
die Fältchen am gehobenen Bein noch über die Horizontale hinaufreißen.
Nach meinem Gefühl sollten die Hauptfalten durch ihr Mitschwingen nach
vorn den Eindruck der Spannung, eben des Hinauf re i ßens des Gewandes
durch das Knie noch verstärken. Die beste Parallele bietet noch die
Würzburger Amphora Urlichs III 141 = Gerhard, AV. 136, wo doch wohl
kein Grund vorliegt, an ein Absteigen zu denken. Ansätze zeigen sich
auch bei der ‘wagenbesteigenden Frau’ (AM. XXX 1905 Taf. 11 = K. i. B.
VII 214, 2) und auf Vasen wie Gerhard, AV. 137, 325; Brit. Mus. B318 -
Catal. of Vases II 23 Fig. 30; attischer Pinax, Benndorf IV 1; in älterer
Stilstufe auf der ionischen Vase München, Hackl-Sieveking 839, Fig. 108.
1 Beide Typen auch auf ägyptischen Reliefs, gespreizter: Lepsius,
Bd. VI Abt. 111 Bl. 92; senkrecht: ebd. Bl. 130 b. Auf letzterem auch das
Umsehen!
 
Annotationen