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ERNST PFUHL
seit dem zweiten Jahrtausend deutlich genug; zu Beginn des
ersten Jahrtausends gehen sie bis in Einzelheiten der Keramik
hinein 1. Auch diese bietet zwei Fundstücke von besonderer
Bedeutung: die Kugelkanne mit dem plastischen Kopfe von
stark orientalisierendem Typus 2 und den Teller von Praisos
mit seiner prachtvollen Zeichnung auf einer noch nicht weit
vom geometrischen Stil entfernten Entwickelungsstufe 3. Auch
die sonst noch rein geometrische Hydria von Kavusi zeigt in
dem Wagen und in den Klagefrauen auffällig freie Formen 4.
Die altertümlichste Mitra hat schon Poulsen gewürdigt 5.
Was nun die Zeitverhältnisse der kretischen und anderen
Funde betrifft, so sind freilich genaue Zahlenangaben kaum
möglich; aber Ephesos und Priniä bieten doch Anhaltspunkte.
Die Scherbenfunde über und unter dem Fußboden des Haupt-
tempels von Priniä zeigen, daß seine Erbauung in die Zeit
des Nebeneinander geometrischer und früher orientalisierender
Formen fällt 6; wir kommen damit mindestens in die erste Hälfte
des VII. Jahrhunderts. Die Skulpturen des Tempels sprechen
für alles andere eher als für provinzielle Unselbständigkeit.
Alles in allem haben wir also zum mindesten keinen Qrund,
das dädalidische Kreta hinter Ionien und der Peloponnes zurück-
zusetzen. Hier greift nun unsere Sima von Palaikastro ein,
denn Rodenwaldt scheint sie zu den Anzeichen ionischen Ein-
flusses zu rechnen. Ich gedenke nun keineswegs den Spieß um-
zudrehen und die ostgriechischen Reliefs dieser Art von den
kretischen, wo nicht gar die ionische Architektur von der Volute
aus Priniä herzuleiten; wohl aber scheint es mir zurzeit die
gegebene Hypothese, Kreta als gleichberechtigtes Kunstgebiet
zu betrachten.
Die Simareliefs berühren sich eng mit den großen kre-
tischen Reliefpithoi 7 und mit Goldbändern, die schon Furt-
1 Pfuhl, Malerei I 86 ff.
2 Ebenda III T. 10, 56.
3 Ebenda T. 11 (BSA. X. T. 3).
4 Ebenda T. 8, 38, dazu Boyd, Amer. Journ. Arch. 1901, T. 3 f.
5 A. M. XXXI 1906, 373 ff., T. 23.
6 Annuario Scuola ital. Atene I 1914, 71 ff.
7 Ebenda 67 ff.; vgl. Malerei I 102.
ERNST PFUHL
seit dem zweiten Jahrtausend deutlich genug; zu Beginn des
ersten Jahrtausends gehen sie bis in Einzelheiten der Keramik
hinein 1. Auch diese bietet zwei Fundstücke von besonderer
Bedeutung: die Kugelkanne mit dem plastischen Kopfe von
stark orientalisierendem Typus 2 und den Teller von Praisos
mit seiner prachtvollen Zeichnung auf einer noch nicht weit
vom geometrischen Stil entfernten Entwickelungsstufe 3. Auch
die sonst noch rein geometrische Hydria von Kavusi zeigt in
dem Wagen und in den Klagefrauen auffällig freie Formen 4.
Die altertümlichste Mitra hat schon Poulsen gewürdigt 5.
Was nun die Zeitverhältnisse der kretischen und anderen
Funde betrifft, so sind freilich genaue Zahlenangaben kaum
möglich; aber Ephesos und Priniä bieten doch Anhaltspunkte.
Die Scherbenfunde über und unter dem Fußboden des Haupt-
tempels von Priniä zeigen, daß seine Erbauung in die Zeit
des Nebeneinander geometrischer und früher orientalisierender
Formen fällt 6; wir kommen damit mindestens in die erste Hälfte
des VII. Jahrhunderts. Die Skulpturen des Tempels sprechen
für alles andere eher als für provinzielle Unselbständigkeit.
Alles in allem haben wir also zum mindesten keinen Qrund,
das dädalidische Kreta hinter Ionien und der Peloponnes zurück-
zusetzen. Hier greift nun unsere Sima von Palaikastro ein,
denn Rodenwaldt scheint sie zu den Anzeichen ionischen Ein-
flusses zu rechnen. Ich gedenke nun keineswegs den Spieß um-
zudrehen und die ostgriechischen Reliefs dieser Art von den
kretischen, wo nicht gar die ionische Architektur von der Volute
aus Priniä herzuleiten; wohl aber scheint es mir zurzeit die
gegebene Hypothese, Kreta als gleichberechtigtes Kunstgebiet
zu betrachten.
Die Simareliefs berühren sich eng mit den großen kre-
tischen Reliefpithoi 7 und mit Goldbändern, die schon Furt-
1 Pfuhl, Malerei I 86 ff.
2 Ebenda III T. 10, 56.
3 Ebenda T. 11 (BSA. X. T. 3).
4 Ebenda T. 8, 38, dazu Boyd, Amer. Journ. Arch. 1901, T. 3 f.
5 A. M. XXXI 1906, 373 ff., T. 23.
6 Annuario Scuola ital. Atene I 1914, 71 ff.
7 Ebenda 67 ff.; vgl. Malerei I 102.