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Deutsches Archäologisches Institut / Abteilung Athen [Hrsg.]
Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Athenische Abteilung — 48.1923

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Pfuhl, Ernst: Bemerkungen zur archaischen Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.29492#0176
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ERNST PFUHL

für ein signiertes Werk des Archermos von Chios hielt, erschien
sie als ein Markstein der Kunstgeschichte. Heute ist die Frage,
welcher Kunstschule sie angehört, wieder offen; denn der im>
Mittelpunkte des Seeverkehrs stehende Fundort besagt umso
weniger, als das Kultbild des Apollon hier ebenso wie in dem
anderen Hauptheiligtum der ionischen Welt bei Milet von pelo-
ponnesischen Meistern stammte. So bleibt nur das Urteil nach
dem Stil, und dieser läßt sich mit den sicheren Werken der
gesamten ionischen und der nesiotischen Kunst im besonderen
nur sehr schwer vereinigen. Von den Einzelformen ganz ab-
gesehen, ist die Vierflächigkeit des Kopfes wie des Körpers so
ausgeprägt wie sonst nirgends im Bereiche der ionischen Kunst.
Gewiß ist nicht alles Ionische rund wie die Kore des Chera-
myes * 1; der Torso des Anaximander aus Milet 2 läßt die Flächen
ebenso fühlen wie seine assyrischen Vorbilder und wie manche
nesiotische Kore von der Nikandre an 3; aber diese primitive
Flächigkeit ist nicht nur schwächer, sondern auch grundsätzlich
etwas anderes als die eigenwillig ausgeprägte der Nike und —
des Apollon von Tenea 4. Er bezeichnet den Kreis, wo die
Nike noch am ehesten Anknüpfung findet: den verfeinerten
hohen Archaismus der helladischen Kunst 5.

Ist die Nike wirklich ein Akroter, wofür Ed. Schmidt
gute Gründe anführt — Furtwänglers Bedenken dagegen ent-
scheiden nicht, denn die Zerfressung der Oberfläche kann nach
dem Sturz eingetreten sein — so liegt die Annahme nahe, daß
ein so feines Werk eben dem Apollontempel angehört habe.
Die Durchbildung des Einzelnen spricht hier so wenig dagegen-

Archermos wäre, so sind doch Typus und Stil zweierlei und von ein
ander unabhängig).

1 Brunn, Denkmäler T. 56 (Winter 201, 2).

2 Winter 201, 1.

3 Brunn T. 57 a (Winter 200, 2).

4 Brunn T. 1 (Winter 220, 1).

5 Nur von hier aus ist eine Erscheinung wie der äußerlich etwas
an die Nike erinnernde Kuroskopf aus Thasos in Wien zu verstehen
(Sitte, Öst. Jahresh. XI 1908, 142ff. T. 1 f.; Winter 211, 3). Er steht auf
dem helladischen Flügel der gänzlich uneinheitlichen altthasischen Kunst;
auf dem asiatischen steht das bekannte Heraklesrelief BCH. XVIII 1894
T. 16 (Studniczka, Öst. Jahresh. VI 1903, 181, vgl. 185).
 
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