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Deutsches Archäologisches Institut / Abteilung Athen [Hrsg.]
Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Athenische Abteilung — 48.1923

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Pfuhl, Ernst: Bemerkungen zur archaischen Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.29492#0178
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ERNST PFUHL

ihre athener Verwandten bezeichnen einen weiten Kreis, inner-
halb dessen wir die rings um das ägäische Meer tätigen chio-
tischen Meister auch dann nicht näher festlegen könnten, wenn
wir sicher wären, daß dieser Kreis nicht noch zu eng ist 1. Es
gibt kleinasiatische, d. h. wohl milesische Koren, die ganz an-
ders aussehen und einen Kurvenschwung und Linienaufruhr
zeigen, der im Kreise der jüngeren Branchiden Anknüpfung,
außerhalb Kleinasiens aber nur bei einer in Athen völlig ver-
einzelten Nike seinesgleichen findet 2. Besteht hier etwa ein
Zusammenhang mit den altchiotischen Torsen und ist die
athener Nike womöglich gar ein Werk des jüngeren Archermos?
Dann würde die chiotische Kunst zur kleinasiatischen, nicht zur
kykladischen Gruppe gehören — genau wie die samische. Mit
anderen Worten: wir kennen die Kunst der wohl großenteils
durch Hipponax in der Kaiserzeit berühmten Chioten nur in
einem so weiten Rahmen, daß für ihren vermuteten Einfluß

1 BCH. III 1879 T. 2 f., 14 f., 17; XIII 1889 T. 7 (Homolle, De Dianae
simul. ant. Del. T. 6 ff.; Perrot VIII 314 ff.; Winter 207, 7); Bull. comun.
1X1881 T. 5, 1 f.; Fouilles de Delphes IV 62 ff. T. 18 ff., 7 ff. (Winter 209 f.);
Ant. Denkm. III T. 27 f. (Furtwängler, Aegina 323; schlecht Winter 215,7,
nur das Hauptstück). An attischen Ursprung der eretrischen Giebel-
skulpturen ist trotz mancher Berührungspunkte schwerlich zu denken;
es fehlt die elastische Straffheit des Gigantengiebels. Die Verbindung
von Weichheit und Bestimmtheit der Modellierung erinnert an das Schatz-
haus der Siphnier, wo sich auch manches Einzelne vergieichen läßt
(Kopf der Artemis, Gigantenkörper: schwellendes Leben in starken,
klar betonten Formen, ähnlich wie in der chalkidischen Vasenmalerei).
In einem wohl unzuverlässigen Auszug aus einem Aufsatz von Schrader
im Kunstwanderer heißt es, er reihe hier die (viel jüngere) Berliner
Göttin an. Ich glaube, daß Wiegand sie richtig mit Ostionischem ver-
gleicht, halte sie aber für ein unteritalisches Werk (Malerei II 666, 1;
zustimmt soeben von Salis, Deutsche Literaturzeitung 1924, 612).

2 Berliner Museen, Kurze Beschreibung T. 4; Wiegand, Ant. Denk-
mäler III 52; Arch. Jahrb. XXXV 1920, 101. ‘Branchiden’: Brunn, Denk-
mäler T. 143; Collignon, Statues fun. 67; Kurze Beschr. T. 2. Dieser
Zusammenhang zeigt, daß wir nicht durch vereinzelte Beispiele, die von
fremden Künstlern stammen könnten, getäuscht werden. Wiegands
Worte klingen, als ob er den ganzen jüngeren Faltenstil von den Inseln
herleiten wolle. Man kann aber die nesiotische Kunst nicht zum Aus-
gangspunkte der griechischen Gesamtentwicklung machen. — Mit den
Bruchstücken aus Pergamon, A. v. P. VII lff. T. 1, 1, ist kaum etwas an-
zufangen; auch ihre ursprüngliche Herkunft ist ja fraglich.
 
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