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Verein für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung [Hrsg.]
Annalen des Vereins für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung — 9.1868

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Münz, Paul: Ein merkwürdiges Kindergebet
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https://doi.org/10.11588/diglit.62282#0191
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Ein merkwürdiges Kindergebet.

Von
Dr. P. J. Münz,
Kaplan zu Frankfurt a/M.

Jn der Lahngegend (den Aemtern Weilburg, Runkel, Limburg,
Hadamar, Nassau des Regierungsbezirkes Wiesbaden) beten die Kinder
Abends folgendes Gebet:
Owends wenn ich schlofe gehn
Vierzehn engelcher m’t m’r gehn,
Zwen ze kop,
Zwen ze foisz,
Zwen zer rechte,
Zwen zer linke,
Zwen, die mich decke,
Zwen, die mich wecke,
Zwen, die m’r de wehgk weise
Ins himmlische paredeis. Amen.
Dieses Gebet ist merkwürdig wegen seines Alters, wegen seines
Inhaltes, wegen seiner Verbreitung bei allen germanischen Völkern und
wegen seiner Varianten.
Die Kirche glaubt, dass jedem Menschen unsichtbarer Weise ständig
zur Seite stehe ein schützender Geist, ein „Schutzengel“. Diesen Glau-
ben findet die Kirche ausgesprochen unter andern in folgenden Stellen
der hl. Schrift. „Kein Uebel wird zu Dir kommen, und keine Plage
nahen deinem Zelte. Denn seinen Engeln hat er deinetwegen befohlen,
dich zu behüten auf allen deinen Wegen. Auf den Händen werden sie
dich tragen, dass nicht etwa an einen Stein stosse dein Fuss“. *) — So
wahr der Herr lebt, erklärt Judith, hat mich sein Engel behütet, da
ich von hier weggieng und dort weilte und von dort hierher zurück-
kehrte. 2) — Sind sie (die Engel) nicht alle dienende Geister, ausgesandt
zum Dienste derer, welche die Seligkeit ererben sollen ? 3)
Auf diesen und andern Stehen der hl. Schrift 4), auf der tausend-
stimmigen Ueberlieferung aller Jahrhunderte basirt der Glaube der
p Ps. 90, 10—12. — Judith 13, 20. -— s) Hebr. 1,14. — *) Vgl. Genes. 24, 7;
Gen. 48, 16; Job 33, 23; Tobias 7, 21; Matth. 28, 10; Apostelg. 12, 15 u.s. w.
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