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Verein für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung [Hrsg.]
Annalen des Vereins für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung — 14.1877

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Heft 2
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Münz: Anatheme und Verwünschungen auf altchristlichen Monumenten
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https://doi.org/10.11588/diglit.62666#0203

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sonst die Ueberfahrt über den Styx verwehrt ward. Um das Begräbniss
zu begehren und dann Ruhe zu finden, „durchwandernd die mächtigen
Thore des Ais,“ erschien die „Seele des jammervollen Patroklus“ dem
schlafenden Freunde Achilles. x) Antigone klagt: „Des Polyneikes jammer-
voll entseelten Leib, verbot er, heisst es, allem Volk durch lauten Ruf,
im Grab zu bergen; er soll grablos liegen, unbeklagt, ein süsses Mahl
den Vögeln, die zum Raube lüstern niederschaun“.* 2)
Eine ordentliche Grabstätte zu erlangen, war ein überaus wichtiges An-
liegen. Deshalb sorgte man schon bei Zeiten durch Kauf für eine solche.
Eine römische Grabschrift berichtet: FILIVS DVLCISSIMVS DE SVO
LABORE SIBI FECIT.3) Man liess sich von einem Freunde eine solche
schenken. HVNC · LOCVM ■ DONABIT M ■ ORBIVS HELIVS AMICVS
KARISSIMVS berichtet ein weiterer römischer Titel·. 4j Andere kauften
für sich allein oder für ihre Familien ihre Ruhestätten von den Fossoren.
Den Armen wurde auf gemeinschaftliche Kosten ihre Grabstätten be-
schafft. Als letzteres, seit der 2. Hälfte des 4. Jahrhunderts etwa, nicht
mehr in der Ausdehnung wie früher geschah, öffneten Arme mitunter
die Gräber längst Verstorbener und setzten dort ihre todten Angehörigen
bei. Seit durch die Greuel der Völkerwanderung die Sitten verwilderten,
erbrach man die Gräber und suchte nach goldenen und silbernen Schmuck-
sachen 5), die in früheren Zeiten den Leichen waren mitgegeben worden,
ja man entfernte und verkaufte die marmornen Grabsteine.6) Als diese
Profanationen allgemeiner wurden, suchte man die Gräber durch die
oben angeführten Anatheme, Flüche, Verwünschungen und Bitten gegen
diese Entweihung zu schützen. Doch auch solche nützten nicht immer.
Dies ersehen wir daraus, dass man solcher Anatheme einige Jahrhunderte
lang benöthigt zu sein glaubte. Erst der langen Einwirkung des Christen-
thums auf die Anschauungen und Sitten des Volkes ist es zuzuschreiben,
dass sowohl die Profanationen der Gräber aufhörten, als auch die Furcht
vor dem Verluste der Auferstehung durch Vernichtung des Leibes
oder Entweihung des Grabes verschwand.

0 Ilias XXIII 60-77, cf. Ilias XXIV 510-615.
2) Sophocles Antigone v. 25 sq. Cf. Pindar Olymp. 6ς13; Nem. 9,24.
s) Boldetti Osservazioni sopra i cimiteri de’ santi martiri et antichi
cristiani di Roma pag. 52.
4) Lupi Dissertation^ lettere ed altre Operette I 169.
Cf. Cancel Her i De secretariis basilicae Vaticanae IV 1878.
6) Dieses Frevels werden besonders die Vandalen beschuldigt. Vgl. Paul
Warne fried de gestis Langobardorum IV cap. 15.
 
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