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Verein für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung [Hrsg.]
Annalen des Vereins für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung — 14.1877

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Heft 2
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Wilhelmy, Albert: Beitrag zur Controverse von "Frenze-Win" und "Hunzig-Win"
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https://doi.org/10.11588/diglit.62666#0205

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183

Zum besseren Verständnisse will ich Einiges aus der Wein-
branche, insbesondere über die allmähliche Entwickelung der rheinischen
Weincultur, vorausschicken.
Die Geschichte der Weincultur, deren Anfänge weit über alle
historische Zeit zurückreichen, ist so alt wie die Geschichte der allge-
meinen Cultur des Menschengeschlechts. Sie gibt zwar keinen Aufschluss
darüber, wo die Wiege dieses Culturzweiges zu suchen sei, bezeichnet
aber den Weg, den seine allmähliche Verbreitung genommen als den-
selben, welchen die Civilisation überhaupt eingeschlagen hat, als deren
treuer Begleiter auf dem Eroberungszuge von Osten nach Westen er
allen den Völkern seine Segnungen brachte, welchen die Wohlthaten der
Civilisation überhaupt zu Theil wurden, und welche die ersten Pfleger
der bei ihnen angesiedelten Rebe als Beglücker der Menschheit und
Leitsterne der Bildung preisen.
In Deutschland, der altehrwürdigen Ruhmesstätte des heiteren
Gottes der Trinker, dessen Cultus schon zu Tacitus Zeiten hier in
vollster Blüthe stand —
„diem noctemque continuare potando nulli probrumd)“ —
ist die Lust zum Weine weit älter als die Kunst seiner Bereitung.
Sobald die Deutschen durch die römischen und griechischen Colonien
die erste Kenntniss von der Rebe und ihrem Erzeugnisse erlangt, ver-
lockte die Liebe zum Weine ganze Völkerschaften zur Auswanderung
in südlichere Gegenden, so dass die römischen Kaiser sogar zum Ver-
bote des Weinbaues in den Grenz-Provinzen veranlasst worden sein
sollen* 2), um sich gleichsam durch den Festungsgürtel einer chinesischen
Trocken-Mauer vor dem unbändigen Feuchtigkeitstriebe unserer Vor-
fahren zu schützen.
Zu den in Deutschland3) heimischen Urgewächsen zählt dem-
nach sicherlich die Rebe nicht; indem sonst die Deutschen, welche durch
die bekanntlich schon weit früher von ihnen mit besonderer Vorliebe
betriebene Bierbrauerei mit der Bereitung gegohrener Getränke vertraut
waren, wohl vorgezogen haben würden, aus der Frucht ihrer einheimischen

Tacit. Germ. 22.
2) L. von Babo Der Weinbau. 3. Aufl., mit Aenderungen und Zusätzen
von A. von Babo. Frankf. 1872. pag. 2. P. Herrn. Baer Diplom. Nachr. von der
natürl. Beschaffenh. und Cultur des Rheingaus in den mittleren Zeiten. Mainz 1790.
pag. 42. Die Zuverlässigkeit der auf das fragliche Verbot bezüglichen Quellen ist in-
dessen nicht unbestritten.
s) Tacit. de mor. Germ. C. 5:
„Terra in Universum frugiferarum arborum impatiens“.
 
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