Overview
Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Verein für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung [Hrsg.]
Annalen des Vereins für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung — 35.1905(1906)

DOI Artikel:
Conrady, Ludwig: Die Geschichte der lutherischen Geschichte Arnoldshain: bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts nach den Urkunden dargestellt
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.70482#0170
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
156 L. Conrady
nahm deshalb meine Zuflucht zum hiesigen Königlichen Staatsarchiv und ge-
wann aus dem uns von dort in bekannter Zuvorkommenheit zur Verfügung
gestellten überreichen Material, beiläufig einem 172 Fuss hohen Aktenstoss, ein
so deutliches Bild von der Vergangenheit der Kirche Arnoldshains, dass ich
aus der von Herrn Pfarrer Aug. Frick daselbst gütigst zur Einsicht gestellten
dortigen Kirchen- und Schulchronik kaum einen Zug zuzusetzen hatte. Das
so Gewonnene aber drängte um so mehr zur Gestaltung für weitere Kreise,
als uns nicht bloss für diesen Teil unserer nassauischen Kirchengeschichte die
Arbeiten Kellers und Nebe’s im Stiche lassen, ich also eine Lücke nach dieser
Richtung auszufüllen vermag, sondern weil ich auch, wie klein immer der Kreis
dieses kirchengeschichtlichen Gegenstandes ist, etwas geschichtlich Wissens-
wertes zu bieten im Stande bin, was Anspruch auf allgemeine Kenntnis er-
heben darf.
Da nun diese Geschichte zumeist auf konfessionellem Gebiete spielt, so
ist es dem Verfasser ein Bedürfnis, schon hier zu versichern, dass er sich zur
Darstellung der menschenmöglichen Wahrheit verpflichtet fühlt und deshalb
nicht, wenigstens nicht unbesehen, den Standpunkt seiner alten Amtsgenossen
teilt, von deren polemischer Stellung er wird berichten müssen.2)
Der Schauplatz unserer Geschichte, das Dorf Arnoldshain im Ober-
taunuskreis, im ehemaligen Amte Usingen, gehörte vormals mit dem bis
1849 eine Gemeinde bildenden Ober- und Niederreifenberg, Schmitten und
dem erst Ende des 17. Jahrhunderts entstandenen Seelenberg zu der seit dem
21. Januar 1613 reichsfreiherrlichen Herrschaft Reifenberg, die durch Heirat
der letzten Reifenbergerin, Johanna Walpurgis, mit Lothar Waltbot Freiherrn
zu Bassenheim 1686 in des letzteren Hände überging und bis zum 12. Sep-
tember 18023) das spätere Herzoglich Nassauische Gräflich Waltbot-Bassen-
heim’sche Amt bildete. Es steht von vornherein fest, dass der hergebrachte
Bekenntnisstand der Arnoldshainer Kirche der seiner Reifenberger Herrschaft
sein musste. Können wir nun urkundlich bis wenigstens auf’s Jahr 1594
nach weisen, dass dieser Bekenntnisstand ein evangelischer, speziell lutherischer
war, so darf als ausgeschlossen gelten, dass wider alle Geschichte die Re-
formation dort auf privatem Weg4) ihren Einzug gehalten habe, vielmehr
muss anerkannt werden, dass dies nur durch eine evangelische Herrschaft
geschehen sein könne. So einfach und zwingend dieser Schluss ist, so
wenig ist er auffälligerweise bis jetzt gezogen worden. Nicht einmal der
2) Vergl. Antivindiciae, quibus ecclesiae reformatae Comitatus Saynensis a praetenso
jure reformandi liberae adseruntur oder gründlicher Gegenbeweiss, dass die Lutherischen
Herrschaften der Grafschaft Sayn über ihre Unterthanen reformirter Religion das jus reformandi
zu exerciren nicht befugt, sondern vielmehr, die ihnen in Ecclesiaticis zugefügte Gravamina
wieder abzustellen schuldig seyen. 1720.
s) Schnapper-Arndt, Fünf Dorfgemeinden im hohen Taunus. Leipzig 1883, S. 8.
4) Das „instrumentum pacis Westphalicae“ art. V, § 31 (T. W. Ghillany, Diplo-
matisches Handbuch, Nördl. 1855, 1, 32), spricht zwar von einem „sive publicum sive privatum
Augustanae confessionis exercitium“, aber letzteres kann doch nicht von einer Gemeinde mit
ihrem Pfarrer gelten.
 
Annotationen