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Architektonische Rundschau: Skizzenblätter aus allen Gebieten der Baukunst — 19.1903

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https://doi.org/10.11588/diglit.43187#0031
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1903

A RCHI TEKTONISCHE R UN DSC HA U

Heß 2


Dekoration etwas
näher zu betrachten.
Denn hier hängen
Dekoration und
Fassadengestaltung Ornamentenleiste.
so innig zusammen, dass eineTrennung beider nur schwer und t
sicher nur zum Nachteile des Ganzen zu bewerkstelligen ist. 1
Der Zweck des Schaufensters, die Waren durch die Schau-
stellung anzupreisen, sie begehrenswert erscheinen zu lassen
und ihre Eigenart und ihre Vorzüge in das rechte Licht zu
setzen, wird nur unvollkommen erreicht, wenn der Architekt
sich damit begnügt, möglichst grosse Oeffnungen herzustellen,
ohne bei ihrer Anlage und Ausbildung die Eigenart der darin
auszustellenden Waren zu berücksichtigen. Was bei Miets-
läden mit wechselnder Bestimmung, so gut es gehen will, nach-
träglich durch geschickte Dekoration und oft recht kostspielige
Einbauten bewirkt werden muss, sollte deshalb bei den für
ganz bestimmte Zwecke erbauten Geschäftshäusern von vorn-
herein in umfassender Weise berücksichtigt werden: die vor-
teilhafteste Hervorhebung der auszustellenden Waren durch die
Anordnung und Ausführung der Schaufenster selbst. Wo ver-
schiedene Arten von Waren nebeneinander auszulegen sind,
ist ferner dafür Sorge zu tragen, dass nicht die eine Ware die
andre in ihrer Wirkung herabsetzt, denn auch das entspricht

weder den Absich-
ten des Verkäufers,
noch den ästheti-
schen Anforderun-
Paul Bürck in Darmstadt. geil.
Daher erfüllt die Tietzsche Schaufensterfront, so grossartig
sie auch an sich, d. h. als Baukörper wirkt, ihren eigentlichen
Zweck doch nur unvollkommen. Die einzelnen Warensorten
kommen nebeneinander nicht so zur Geltung wie sie sollen;
eine schlägt die andre. Dieser störende Eindruck wird durch
die ausserordentliche Verschiedenheit in der Art der zum Ver-
kauf gestellten Erzeugnisse, den ungleichen Massstab und Nutz-
zweck derselben noch bedeutend verstärkt. Das Tietzsche
Warenhaus zeigt also, dass auch die von vielen Geschäfts-
leuten über alles gepriesene vorteilhafte Wirkung möglichst
grosser Schaufensterflächen ihre Grenzen hat: als Schau-
fensteranlage wirkt die Fassade nichts weniger als vornehm.
Den gleichen Fehler in ähnlicher, aber oft nicht so augenfälliger
Weise können wir an älteren Geschäftshäusern bemerken, wo
die tragenden Pfeiler des Hauses, welche die natürliche Tren-
nung zwischen den einzelnen Schaustellungen bilden, noch
besonders mit verglasten Schaukästen behangen sind. Auch
hier beeinträchtigt eins das andre.
Demnach erscheint die bisher übliche feste Umrahmung

Foyer des neuen Hoftheaters in Wiesbaden. Architekt: Baurat A. Genzmer in Wiesbaden.


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