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Architektonische Rundschau: Skizzenblätter aus allen Gebieten der Baukunst — 19.1903

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https://doi.org/10.11588/diglit.43187#0075
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1Q03

ARCHITEKTONISCHE RUNDSCHAU

Heft 5


Fig. IS. Rathaus in Krempe.
Hintergiebel.

sammengeschnürt, so dass sie
/ \ Figur erhält.
Die Einfahrtsthüren der
Gasthöfe u. s. w. bestehen
wie die bäuerliche Grotdör
aus drei Teilen, den beiden
grossen Flügeln und der für
sich zu öffnenden Mittelthür.
Bisweilen ist die Mittelthür
auch wieder zweiflügelig. Die
Ausstattung ist einfach, aber
wirksam durch die originelle
Zusammenfügung der Bretter
im Verein mit einigen geo-
metrischen Zierstücken, Qua-
draten, Rauten, Rosetten,
Leisten, Fensterchen. (Fig. 17).
Die innere Einteilung
des alten Bürgerhauses ist
im Grunde nur eine zweck-
gemässe Weiterbildung des
Bauernhauses. Die zum Teil
hoch liegende Hausthür führt

wie die Häuser Miniatur-
häuser sind -, ferner die
Bergstrassen in Blankenese
und Lauenburg.
An künstlerisch be-
deutsamen und volkstüm-
lichen Rathäusern ist das
Land arm. Die zu Krempe
und Wilster sind wohl die
hervorragendsten, beides
recht anmutende Fach-
werkbauten.
Die kirchliche Bau-
kunst (vergl, Haupts Bau-
u. Kunstdenkmäler Schles-
wig-Holsteins) beginnt
recht urwüchsig, volkstüm-
lich naiv mit kleinen der-
ben Feldsteinkirchen, deren
besterhaltene die in Prons-


Fig. 20. Stuhl aus der Wilstermarsch.
(Museum für Kunst und Gewerbe in Hamburg.)

torf in Wagrien ist. Aus späterer Zeit finden sich manche an-
mutige, offenbar in Zusammenhang mit der sonstigen volks-
tümlichen Kunst stehende Kirchen, sowie eigenartig male-
rische Erscheinungen. Vielfach begegnen wir noch hölzernen


sich auf

In

Auf

Fig. 19. Glockenturm in Koldenbüttel.

einer oder beiden Seiten die
Läden öffnen sich gegen die Diele,
liegt die Haus-

auf die Diele, an die
Zimmer anschliessen,
eng gebauten Städten
thür in der Strassenfront, sonst auch
wohl seitwärts. Die Einfahrt liegt
meist an der Seite, selten in der Mitte.
Enge Zwischenräume zwischen zwei
Nachbarhäusern sind bisweilen (Glück-
stadt) durch einfache, aber doch nette
Verbretterung, die manchmal eine
schmale Thür bildet, verschlossen.
Von der Diele führt eine hintere Thür
in den Garten oder Hof oder in einen
Anbau; bisweilen, namentlich bei den
grossen Dielen der alten Kaufmanns-
häuser, die als Lagerraum dienten, ist
in der Hinterwand ein grosses licht-
spendendes Fenster. Im Einfamilien-
hause führt die Treppe von der Diele
aus nach oben, in Häusern für mehrere
Familien geht sie von der Strasse aus
empor; in den hügeligen Teilen Altonas
führt eine Freitreppe vor dem Hause
ins obere Stockwerk. Die Vortreppe
des Hauses hat man gern als gele-
gentlichen Sitzplatz benützt (sog. Bei-
schlag), indem man die Wangen zu
Bänken umbildete.

viereckigen oder runden Glockentürmen, getrennt von der Kirche
stehend, oder ihnen vorgesetzt, von kraftvoller, wenn schon ein-
facher Erscheinung. Die naiv volkstümliche Art, einen runden
oder vieleckigen Helm auf viereckiges Gestell aufzusetzen, ist
in Zarpen auch bei einem Steinturm festgehalten worden. Auch
sonst giebt es allerlei interessante Türme, die vor unsern
modernen durch Kraft und Würde sich auszeichnen.
Wenden wir uns zum Kunstgewerbe.
diesem Gebiete ist gerade in Schleswig-Holstein in
letzter Zeit ausserordentlich fleissig
und erfolgreich gesammelt worden, die
Museen in Hamburg, Flensburg, Al-
tona, Meldorf, Kiel, die kleinen in Glück-
stadt, Husum u. a: enthalten eine Fülle
interessanten Materials. Besonders
gänzend werden vermutlich die Schätze
des Flensburger Museums nach ihrer
Aufstellung sich darbieten; es ist na-
mentlich einzigartig reich an mittel-
alterlichen schleswig-holsteinischen
Möbeln interessantester Art, deren
Erwerbung DirektorSauermanns schar-
fem Blick für das Volkstümliche zu
danken ist.
Im Altonaer Museum sehen wir
auch im volkstümlichen Kunstgewerbe
den Einfluss der alten Stammesunter-
schiede walten, am auffallendsten an

Von Strassentypen
Tonderns und Husums,


Fig. 21. Stuhl aus der Propstei.
(Altonaer Museum.)

sind hervorzuheben die Erkerstrassen
die baumgezierten Grachten oder
Flethstrassen in Glückstadt und
Friedrichstadt und die Hafen-
strassen Altonas wegen der Vor-
kehrungen zum Schutze gegen
Ueberschwemmungsgefahr: Dop-
pelrillen in den Umfassungen
der Thtiren und Fenster des Unter-
geschosses zum Einsetzen von
wasserdichten Schotten. Husum
hat in seiner grossen Strasse eine
echte breite Handelsstadtstrasse,
diean Lüneburgs »Auf dem Sande«
erinnert. Eine typische Deich-
strasse ist die Hafenstrasse Glück-
stadts. Malerisch sind die zum
Wasser hinabführenden engen
Fischergassen des Holm zu
Schleswig — Miniaturstrassen,

den fünf
prunkvolle Wilstermarschstube
Barockschnitzerei, da die durch
festliche Behaglichkeit ausge-
zeichnete westholsteinische
Prunkstube, der Pesel aus
Nordfriesland, geschnitzt, be-
malt, mit buntem Steinzeug
und glitzernden »Schientellern«
reich geschmückt, da eine
Kachelstube aus Dithmarschen,
da eine farbenfreudige kleine
Blankeneser Fischerstube (vom
gegenüber belegenen Alten-
lande, dessen Bewohner flä-
mischen Ursprungs sind, be-
einflusst), dort ein einfaches,
aber anmutiges, ganz getäfeltes
Zimmer aus der Propstei.
Mehr oder weniger zeigt

Bauernstuben. Hier die
mit ihrer herrlichen unbemalten


Fig. 22. Stuhl aus Gjenner, Nordschleswig.
(Flensburger Museum.)

Schleswig - holsteinischen

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