1903
ARCHITEKTONISCHE RUNDSCHAU
Heft 9
Eingangsthür nach dem Trinkzimmer
und Festsaal im Hause
Viktoria-Luise-Platz Nr. 9 in Berlin.
Entworfen und ausgeführt
von Boswau & Knauer in Berlin.
tung gebauten Typen (wie die Effektbogenlampe von Siemens,
die Reginabogenlampe u. a.). Besondere Anforderungen sind
wegen der Anordnung der Lampen nicht zu stellen; ob sie inner-
halb des Fensters oder ausserhalb angebracht sind: sofern sie
den Erfordernissen jeglicher guten Beleuchtung, nämlich aus-
reichender Lichtmenge, gleichmässiger Verteilung des Lichtes und
Abblendung des glänzenden Leuchtkörpers genügend Rechnung
tragen, ist diese einfachste, bescheidene Schaufensterbeleuch-
tung so hergestellt, wie sie sein soll: zweckmässig und billig.
Neue Anforderungen treten auf, wenn es darauf ankommt,
mit der Beleuchtung mehr zu leisten, als nur die Waren deut-
lich erkennen zu lassen, die in der Auslage zur Schau gestellt
sind, wenn das Licht die Gegenstände schonen, die Wirkung
der Aufstellung im einzelnen oder in der Gruppierung, der
Zusammenstellung mit anderen, in fein durchdachter Verteilung
von Licht und Schatten, durch Betonung der Tiefe und durch
theaterperspektivische Wirkung, je nach Bedarf durch ganz
dezente sanfte Beleuchtung oder im Gegensatz hierzu durch
kräftige Ueberstrahlung womöglich mit farbigem Lichte heraus-
heben, betonen und verschönen soll. Für diese Art der Be-
leuchtung ist nur die Elektrizität am Platze, die sich jeglicher
leisen Aenderung in der Lichtwirkung nach Intensität, Färbung,
Strahlenrichtung, Verteilung und zeitlicher Aenderung der Licht-
stärke und Farbe anzupassen versteht.
Das Schaufenster der Kunsthandlung, die Schaustellung
der Gemälde, Bronzen, Marmor- und Onyxwaren, der Emaillen
und emaillierten Bronzen, der Antiken u. dergl., die mit funkeln-
den kostbaren Steinen und den Arbeiten in edlen Metallen,
mit Uhren und Kunstwerken in bunten und glänzenden Farben
gefüllten Schaufenster, die Auslagen der Läden, wo schillernde
glänzende Stoffe mit duftigen Spitzengeweben abwechseln oder
schwere Teppiche in den zauberhaften Mustern und Färbungen
des Orients dem trunken geniessenden Auge vorgeführt werden,
dort ist das Gebiet, wo das elektrische Glühlicht herrscht,
allein oder in Verbindung mit dem Bogenlicht, denn nur der
Faden der Glühlampe lässt sich nach jeder beliebigen Rich-
tung, in jede gewollte Stellung bringen, so dass die direkten
Strahlen entsendet werden, wie man sie braucht, von oben her
oder seitlich, was für jegliche aufwärts brennende Flamme nur
durch Spiegelung, also unschön, möglich wäre.
Für die Einrichtung dieser Schaufensterbeleuchtung wird
zunächst massgebend sein, ob das Schaufenster nach dem
Verkaufsraum hin offen oder durch einen Abschluss (Glas-
wand Spiegelscheibe) davon getrennt ist, ob der Blick des
Beschauers vom Innenraum abgewiesen und lediglich auf das
Schaufenster allein hingelenkt werden oder ob er das Ganze
bis in die letzte Tiefe umfassen soll, wonach die Lichteffekte
entweder mehr in den Vorder- oder in den Hintergrund zu ver-
legen wären. Letzterenfalls würde eine wagrechte Lampenreihe im
Fenster stören, da man sich zwingen müsste, über sie hinweg-
zusehen, somit dem Auge gewissermassen Gewalt anthun
müsste, während gerade für die Schaustellung jenes Miss-
behagen, das hiermit verknüpft wäre, auszuschliessen ist und
nur die Empfindung mühelos angenehmen Genusses erregt
werden soll. Für die Beleuchtung sind deshalb besser seitlich
und oben angebrachte Lampen anzuwenden. Dagegen sind
Lampen in wagrechter Linie als Abschluss im Hintergrund
wohl zu verwenden, um die Trennung des Fensters vom
Innenraum kräftig hervorzuheben, wenn dies nicht auf andere
Weise, durch Drapierung, Vorhänge u. dergl. geschieht.
Auch der Art und Besonderheit der ausgestellten Dinge
hat sich die Beleuchtung anzupassen und schliesslich be-
sonderen Forderungen Rechnung zu tragen, wie möglicher-
weise einem etwa gewünschten zeitweisen langsamen Wechsel
in der Intensität oder Farbe des Lichtes nach Art der Theater-
effekte oder gar einer rein reklamemässigen, lediglich dem
Aufsehenerregen dienenden blitzartig plötzlichen Aufleuchten
u. dergl.
Eine ansprechend ruhig und angenehm wirkende Schau-
fensterbeleuchtung soll so angeordnet sein, dass die Licht-
quellen leuchten, ohne die Augen auf sich zu ziehen, ohne
sich vorzudrängen. Als Regel bestätigende Ausnahme gelten
natürlich die Fenster der Lampenmagazine etc., wo die Beleuch-
tungskörper Ausstellungsobjekte sind, doch auch hier nur mit
der Verschleierung grellen Lichtes durch Glocken und Krystall-
behänge, bunte Gläser, Perlen- und Stoff- oder Papier- und
Spitzenschleier. Die Anordnung einer vollbefriedigenden Schau-
fensterbeleuchtung ist deshalb wesentlich nach den Grund-
sätzen der Bühnenbeleuchtung zu treffen. Die Lampen sind
nach Art der Soffiten- und Podiumbeleuchtung zu verdecken
und abzublenden; ihr Licht soll den Schaufensterraum erfüllen,
ohne grelle Kontraste zu erzeugen, und je nach der Anlage diesen
allein erhellen oder nach dem Innenraum hinein oder in diesem
selbst wirken. Dieser Absicht gemäss, nach Art der zu zeigen-
den Gegenstände, nach ihrer Aufstellung und Anordnung richtet
sich die Fülle und Färbung des Lichtes, die Zahl, Ausstattung
und Anbringung der Lampen. Wechselndem Bedürfnis muss
die Schaltung Rechnung tragen; Minderung der Lichtstärke
ist durch Ausschalten von Lampen, Einschalten von Wider-
ständen oder Nebenschliessungen zu erreichen: Aufgabe des
Elektrikers. Farbenwirkung ergeben die Glühlampen durch
Einschliessen des Kohlenfadens in bunte Glasbirnen oder
Detail eines Wohnhauses
in Maffersdorf.
Architekt: Ernst Schäfer
in Reichenberg.
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ARCHITEKTONISCHE RUNDSCHAU
Heft 9
Eingangsthür nach dem Trinkzimmer
und Festsaal im Hause
Viktoria-Luise-Platz Nr. 9 in Berlin.
Entworfen und ausgeführt
von Boswau & Knauer in Berlin.
tung gebauten Typen (wie die Effektbogenlampe von Siemens,
die Reginabogenlampe u. a.). Besondere Anforderungen sind
wegen der Anordnung der Lampen nicht zu stellen; ob sie inner-
halb des Fensters oder ausserhalb angebracht sind: sofern sie
den Erfordernissen jeglicher guten Beleuchtung, nämlich aus-
reichender Lichtmenge, gleichmässiger Verteilung des Lichtes und
Abblendung des glänzenden Leuchtkörpers genügend Rechnung
tragen, ist diese einfachste, bescheidene Schaufensterbeleuch-
tung so hergestellt, wie sie sein soll: zweckmässig und billig.
Neue Anforderungen treten auf, wenn es darauf ankommt,
mit der Beleuchtung mehr zu leisten, als nur die Waren deut-
lich erkennen zu lassen, die in der Auslage zur Schau gestellt
sind, wenn das Licht die Gegenstände schonen, die Wirkung
der Aufstellung im einzelnen oder in der Gruppierung, der
Zusammenstellung mit anderen, in fein durchdachter Verteilung
von Licht und Schatten, durch Betonung der Tiefe und durch
theaterperspektivische Wirkung, je nach Bedarf durch ganz
dezente sanfte Beleuchtung oder im Gegensatz hierzu durch
kräftige Ueberstrahlung womöglich mit farbigem Lichte heraus-
heben, betonen und verschönen soll. Für diese Art der Be-
leuchtung ist nur die Elektrizität am Platze, die sich jeglicher
leisen Aenderung in der Lichtwirkung nach Intensität, Färbung,
Strahlenrichtung, Verteilung und zeitlicher Aenderung der Licht-
stärke und Farbe anzupassen versteht.
Das Schaufenster der Kunsthandlung, die Schaustellung
der Gemälde, Bronzen, Marmor- und Onyxwaren, der Emaillen
und emaillierten Bronzen, der Antiken u. dergl., die mit funkeln-
den kostbaren Steinen und den Arbeiten in edlen Metallen,
mit Uhren und Kunstwerken in bunten und glänzenden Farben
gefüllten Schaufenster, die Auslagen der Läden, wo schillernde
glänzende Stoffe mit duftigen Spitzengeweben abwechseln oder
schwere Teppiche in den zauberhaften Mustern und Färbungen
des Orients dem trunken geniessenden Auge vorgeführt werden,
dort ist das Gebiet, wo das elektrische Glühlicht herrscht,
allein oder in Verbindung mit dem Bogenlicht, denn nur der
Faden der Glühlampe lässt sich nach jeder beliebigen Rich-
tung, in jede gewollte Stellung bringen, so dass die direkten
Strahlen entsendet werden, wie man sie braucht, von oben her
oder seitlich, was für jegliche aufwärts brennende Flamme nur
durch Spiegelung, also unschön, möglich wäre.
Für die Einrichtung dieser Schaufensterbeleuchtung wird
zunächst massgebend sein, ob das Schaufenster nach dem
Verkaufsraum hin offen oder durch einen Abschluss (Glas-
wand Spiegelscheibe) davon getrennt ist, ob der Blick des
Beschauers vom Innenraum abgewiesen und lediglich auf das
Schaufenster allein hingelenkt werden oder ob er das Ganze
bis in die letzte Tiefe umfassen soll, wonach die Lichteffekte
entweder mehr in den Vorder- oder in den Hintergrund zu ver-
legen wären. Letzterenfalls würde eine wagrechte Lampenreihe im
Fenster stören, da man sich zwingen müsste, über sie hinweg-
zusehen, somit dem Auge gewissermassen Gewalt anthun
müsste, während gerade für die Schaustellung jenes Miss-
behagen, das hiermit verknüpft wäre, auszuschliessen ist und
nur die Empfindung mühelos angenehmen Genusses erregt
werden soll. Für die Beleuchtung sind deshalb besser seitlich
und oben angebrachte Lampen anzuwenden. Dagegen sind
Lampen in wagrechter Linie als Abschluss im Hintergrund
wohl zu verwenden, um die Trennung des Fensters vom
Innenraum kräftig hervorzuheben, wenn dies nicht auf andere
Weise, durch Drapierung, Vorhänge u. dergl. geschieht.
Auch der Art und Besonderheit der ausgestellten Dinge
hat sich die Beleuchtung anzupassen und schliesslich be-
sonderen Forderungen Rechnung zu tragen, wie möglicher-
weise einem etwa gewünschten zeitweisen langsamen Wechsel
in der Intensität oder Farbe des Lichtes nach Art der Theater-
effekte oder gar einer rein reklamemässigen, lediglich dem
Aufsehenerregen dienenden blitzartig plötzlichen Aufleuchten
u. dergl.
Eine ansprechend ruhig und angenehm wirkende Schau-
fensterbeleuchtung soll so angeordnet sein, dass die Licht-
quellen leuchten, ohne die Augen auf sich zu ziehen, ohne
sich vorzudrängen. Als Regel bestätigende Ausnahme gelten
natürlich die Fenster der Lampenmagazine etc., wo die Beleuch-
tungskörper Ausstellungsobjekte sind, doch auch hier nur mit
der Verschleierung grellen Lichtes durch Glocken und Krystall-
behänge, bunte Gläser, Perlen- und Stoff- oder Papier- und
Spitzenschleier. Die Anordnung einer vollbefriedigenden Schau-
fensterbeleuchtung ist deshalb wesentlich nach den Grund-
sätzen der Bühnenbeleuchtung zu treffen. Die Lampen sind
nach Art der Soffiten- und Podiumbeleuchtung zu verdecken
und abzublenden; ihr Licht soll den Schaufensterraum erfüllen,
ohne grelle Kontraste zu erzeugen, und je nach der Anlage diesen
allein erhellen oder nach dem Innenraum hinein oder in diesem
selbst wirken. Dieser Absicht gemäss, nach Art der zu zeigen-
den Gegenstände, nach ihrer Aufstellung und Anordnung richtet
sich die Fülle und Färbung des Lichtes, die Zahl, Ausstattung
und Anbringung der Lampen. Wechselndem Bedürfnis muss
die Schaltung Rechnung tragen; Minderung der Lichtstärke
ist durch Ausschalten von Lampen, Einschalten von Wider-
ständen oder Nebenschliessungen zu erreichen: Aufgabe des
Elektrikers. Farbenwirkung ergeben die Glühlampen durch
Einschliessen des Kohlenfadens in bunte Glasbirnen oder
Detail eines Wohnhauses
in Maffersdorf.
Architekt: Ernst Schäfer
in Reichenberg.
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