Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Architektonische Rundschau: Skizzenblätter aus allen Gebieten der Baukunst — 19.1903

DOI Heft:
11. Heft
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.43187#0178
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
1903

ARCHITEKTONISCHE RUNDSCHAU

Heft 11

Die architektonischen Formen wurden mit Rücksicht auf den öffent-
lichen Charakter des Hauses und die vielen reichgeschmückten und zier-
lichen Gebäude Wiesbadens reich, aber ernst und monumental gehalten.
Die energische Silhouette und die wuchtigen Dächer waren erforderlich,
um dem Hause die gebührende Wirkung im Städtebild zu sichern.
Tafel 85. Villa des Herrn Dr. Ibener in Dresden-Blase-
witz. Architekt: Kurt Diestel in Dresden.
Das Haus ist für die Bedürfnisse eines praktizierenden Arztes und als
Einfamilienhaus gebaut. Demgemäss ist der Patientenverkehr von der
Wohnung streng geschieden. Die demselben dienenden Räume, bestehend

Villa des Herrn Dr. Ibener
in Dresden-Blasewitz.



?L’ Balkon
«. <»

Architekt: Kurt Diestel
in Dresden.

aus Vorraum, Warte-, Sprech- und Operationszimmer, sind dem Erdgeschoss
angegliedert, das ausserdem die Wohnräume der Familie enthält.
Ueber den tiefer als das Erdgeschoss liegenden, dem Berufe des Be-
sitzers dienenden Räumen ist ein Musikzimmer mit Wintergarten auf halber
Geschosshöhe eingerichtet. Das 1. Obergeschoss enthält die Schlafräume
und Kinderzimmer, das Dachgeschoss Zimmer für Gäste, Dienstboten und
ein Privatatelier, nebst den erforderlichen Nebenräumen.
Das Haus hat eine Mitteldruckwarmwasserheizung, Gasbeleuchtung
und elektrisches Licht. Es ist 1900—1901 erbaut und hat 107 000 Mark
gekostet.
Tafel 86. Fassadenentwürfe für die Rheinuferstrasse in
Köln. I. Architekt: Kurl Roth in Darmstadt.
Ein zweites Blatt folgt im nächsten Heft.
Tafel 87. Villa des Herrn Hell in Marquartstein. Archi-
tekt: S. Polz in Traunstein.
Das für die Bedürfnisse einer grösseren Familie an aussichtsreicher
Stelle erbaute Haus ist frei gelegen, vollständig unterkellert und enthält
2 Wohngeschosse und 1 Dachgeschoss mit 2 Zimmern.
Das Untergeschoss besteht aus Beton, das aufsteigende Mauerwerk
aus verputztem Backsteinmauerwerk.
Die geradlinigen Dächer sind mit Ziegeln, die geschwungenen mit
Kupfer gedeckt.
Das abschüssige Gartenterrain ist durch Terrassen gegliedert.
Die innere Ausstattung ist eine gut bürgerliche. Das Haus hat elek-
trische Beleuchtung.
Tafel 88. Konzert- und Kaffeehaus für Millstatt in
Kärnten. Architekt: F. Freiherr von Krauss in Wien.
Durch die Ausführung des vorliegenden Projektes soll einem drin-
genden Bedürfnisse abgeholfen und geeignete Geselligkeitsräume für die
zahlreichen Sommergäste der beliebten Sommerfrische Millstatt geschaffen
werden.
Wie aus dem Grundrisse ersichtlich ist, soll das in schönster Lage am
See gelegene Gebäude einen 350 Personen fassenden Saal mit den nötigen
Nebenräumen behufs Veranstaltung von Vorträgen, Konzerten und Tanz-
festen, sowie eine Kaffeewirtschaft enthalten; zu letzterer gehört eine grosse
Terrasse, welche sich in den See hinausbaut.

Konzert- und Kaffee- Architekt:
haus für Millstatt Lq i ! i i i I ! I i i i i i i H ’ i ? j1""' F- Freilierr
in Kärnten. . 11 von Krauss in Wien.


•-1

Villa des Herrn Hell in Marquartstein. Architekt: S. Polz in Traunstein.


Zwischen dem grossen Saal und der Kaffeehausveranda liegt ein Büffett-
saal, welcher zu diesen beiden Räumen zugezogen werden kann, wodurch
eine Benützung des Gebäudes im ganzen oder geteilt ermöglicht wird.
Textblatt: Detail vom Hause Tauenzienstrasse 12a in
Berlin. Architekten: Hart & Lesser in Berlin.

38* 38^ 38^

Sprechsaal.

Anch’ io son’ architetto!

Stolz war einst, der dies sagen konnte. Er legte den Grund des
Werkes, er war der Denker, der Schöpfer, der Vater des Baues, der
zugleich ein Denkmal wurde für den, der den Auftrag gab, und für den,
der ihn auszuführen verstand.

Doch er war sich, wie seiner Rechte, so auch seiner Pflichten streng
bewusst: vor seiner eigenen Kunst liess und wies er deren Milchschwestern,
der Malerei und der Bildnerei, zu deren Füssen meist er selbst gekniet,
in stolzer Selbstbeherrschung den edelsten Platz. Und seine Werke redeten
für ihn und die, die mit ihm waren — doch meist für ihn — und ihre Namen
blieben der Nachwelt als leuchtendes Vorbild für alle, die der hehren Kunst
ihr Herzblut geweiht. Wer nannte wohl den Dom zu Florenz ohne Bru-
nellesco, wer die Markus-Bibliothek ohne Sansovino? — Tempi passati!
Es mag ja sein, dass die steinharte Sprache der Baukunst nicht
jedermanns Herz fesselt, oder, wenn schon, nicht dauernd gefesselt hält;
oder dass sie zu entziffern manchen zu zeitraubend ist. Aber wer die Sprache
der Steine liest und sie entziffernd weitererzählen will, der sollte doch über

der Schrift den Schreiber, über
gessen! — Doch wie geschieht’s?
Noch hast du, Architekt von
heute, dein Werk nicht fertig gedacht,
da kommen schon weise Männer mit
einem hellsehenden Kasten — knips —
haben sie diresweggeguckt! Inirgend
einer bilderreichen Wochenschrift,
auf vielbegehrten Ansichtskarten, in
dem aufdringlichen Musterbuche über
den »neuesten« Fussboden — von
dem zufällig probeweise einige Ge-
viertmeter darin ausgeführt sind
da findet es sich wieder. Und wie?
Geschäftshaus N. . . . nach einer
Photographie von . . .«, oder
»Palais v. Z. . . ., aus dem photo-
graphischen Atelier der Herren
.. .«, oder gar »Theater in O . . .,
Eigentum der photographi-
schen Gesellschaft... alle Rechte
vorbehalten!
Gewiss ist das Bestreben, Schö-
pfungen der Kunst in Wort und Bild
den breitesten Schichten zu bieten,
lobenswert; gewiss ist es verdienst-
lich, einen guten Bericht zu verfassen,
eine gute Aufnahme zu machen; aber
werden denn durch die richtige Auf-
stellung einer vorzüglichen Camera,
durch wohlabgewogenes Belichten-
lassen tadelloser Platten’ durch ein
ebenso tadelloses Objektiv Werke
der Baukunst geschaffen?
Liest man je: »Das Schweigen
im Walde nach einer photographi-
schen Aufnahme des Herrn X. Y.«?
Nun, ist der Architekt nicht auch wert,
dass man ihm die Vaterschaft an sei-
nem geistigen Kinde gönnt? Braucht
er das nicht überhaupt zu seinem
Fortkommen — er, der leider oftauch,
wie der träumende Poet A zu spät
kommt zur Teilung der Welt?
1 st es denn so schwer, so neidens-
wert, ihn zu nennen, den — leider
ach so schnell verklungenen Namen?
Gewiss bricht das Genie sich
seine Bahn trotz alledem und alle-
dem; aber wie viele können mit Lord
Byron sagen: I awoke one morn ’and
foundmyself clever.«—? CcirloSenza.

dem Werke den Meister nicht ver-


Detail vom Hause Tauenzienstr. 12a in Berlin.
Architekten: Hart & Lesser in Berlin.

88
 
Annotationen