1903
ARCHITEKTONISCHE RUNDSCHAU
Heft 12
Kronleuchter von Steinicker & Lohr in München.
Und bei näherem Hin
sagenumwobene Kleinode
bisher nutzbar
blendend und ein
Kronleuchter.
Ausgeführt von
R. Kirsch
in München.
Entworfen von
H. E. von Ber-
lepsch-Valendas
in München.
Lüster in ge-
triebenem
Messing.
8 Aussenlam-
pen, 3 Innen-
lampen.
Lampen von der Sächsischen
Bronzewarenfabrik in Wurzen
gemacht werden
und Reifen-
die nicht mehr
nachgebildet,
Von Wilhelm &
Lind in München
Krone. Entworfen von K. Bertsch
in München. Ausgeführt vonj. Lasser
für die Werkstätten für Wohnungs-
einrichtung daselbst.
Von den Ausstellungen des Jahres
1903.
Lampen von cl
Sächsischen
allmählich in der Beleuch
Wo
purpurnen Kelchen zauberhaft
Blumen. In den Ecken und
an den Wänden erglänzen far-
bige Verglasungen und reich
facettierte Schalen. Aus den
Blumen der Kapitäle, aus den
Blüten- und Fruchtgewinden
der Figuren, aus den Rosetten
der Deckenfelder leuchtet das
verteilte Licht uns entgegen.
Der gestirnte Himmel über-
spannt die andachtsvoll lau-
schende Menge in den grossen
Konzert- und Theatersälen.
Das elektrische Licht hat
die Bahn
punkt einer Kuppel, dort
alsSternenkranzüberdem \
mit silbernem Prunkge- \
räte bedeckten Spiegel- \
büffett, als zauberisch ™
glühender Edelstein in der
üppigen Pracht einer Palmen¬
gruppe oder als funkelnde Rie-
senkrystalle in langen Reihen
sich spiegelnd in den marmor¬
schimmernden Wänden eines
Foyers.
Und daneben nach wie
l vor die poesievollen Ge-
\ bilde in den Formen alter
S Leuchter
\ krönen,
> streng
\ sondern immer freier
'"""x \ behandelt, im Gegen¬
sätze zu je¬
nen und am rechten Orte erhöhte Wir-
kungund neues Lebengewinnen. Wahr-
lich es ist kein Wunder, wenn jetzt
schon die Wahl schwer wird unter den
in üppiger Fülle hervorquellenden For-
men, welche in immer neuer wechsel-
voller Gestalt den lebendigen Kern,
das neue Licht zu umschliessen, es in
würdiger Fassung dem sehend gewor-
denen Auge darzubieten streben. Da-
bei scheint die volle Entwicklung erst angebahnt zu sein und
die Zukunft wird sicher bald mehr und noch Schöneres brin-
gen, wenn die sich steigernden Fortschritte in der Erzeugung
wirkungsvoller Gläser und farbiger Schmelzflüsse mehr noch
als
gebrochen und die
andern sind ihm ge¬
folgt. Das Licht als
solches ist in den
Vordergrund getre¬
ten, tausendfältig
und tausendfarbig,
schmeichelnd, tageshell und in sanfter
Verschleierung, allen Stimmungen und
Bedürfnissen gehorsam sich anpassend.
Hier als strahlende Sonne im Mittel-
Die Architekturabteilung der Glas-
palast-Ausstellung in München.
11 igentlich ist’s etwas kühn, das stille Win-
* > keldien, in das sich die Architektur heuer
\ | lungdesMünch-
ner Glaspalastes gefliich-
1 I tet hat, mit dem vollklin-
/■ \ genden Titel »Architek-
y \ turabteilung« zu be-
Z? y. zeichnen. Ein einziges klei-
i jX nes Zimmerchen (Nr. 26)
I 4. -' ’■ enthält die zur Ausstel-
’O |lung gekommenen Ent-
I v würfe für Bauten, und
1 dabei hat man noch zu
X einem Kunstgriff seine
A Zuflucht nehmen müssen,
i damit der Raum im Ver-
•\ hältnis zu den übrigen
nicht gar so armselig und
kahl und leer aussieht:
LU, x X' man hat noch verstreut
sst-FT’E&E einige plastische Kleinig-
N" keiten aufgestellt und ver-
U schiedene Skizzen nach
g-y Interieurs und Details
, ,Br?n.zeYv/’en" Krainer Dorfkirchen (von
Johannes Krontuss, Mün¬
chen) aufgehängt. Letz¬
tere Arbeiten zählen aber
füglich zu den Bildern. Nach Abzug dieser nur
dekorativen Zwecken dienenden Objekte befin¬
den sich ganze 17 Entwürfe und 5 kleine Mo-
delle in der »Architekturabteilung«; dagegen
stehen 2130 Nummern (ohne die Kopieen) des
Gemäldekatalogs!
Stange mit ihren ver-
schiedenen Ausbau¬
chungen und den von
dieser abzweigenden
Armen, statt des
schwülstigen Appa¬
rates von fratzen-
bedeckten Schnör¬
keln und zwecklos
gewordenen Tropf¬
schalen plötzlich
anmutige Phanta¬
siegebilde einer
andern Gedan- /
kenwelt: leichte
Gehänge,Blü- *
tendolden mit unzähligen Flammensternen auf r
schwankenden Stielen, scheinbar frei in der Luft / J
schwebende, aus bunten Gläsern zusammenge- >
fügte und mit funkelnden Steinen besetzte
Reifen und Diademe, wundersame Ge-
bilde aller Art, deren übereinander ge- VjRl
schürzte Reihen feiner, in tausend
Farben schillernder Perlgehänge die
stärkere Lichtquelle verschleierten und
doch das Licht überallhin strahlen und
wirken liessen. Kein Zweifel, das war
der Ausdruck für die Eigenart des elek-
trischen Lichtes, das rechte Verhält¬
nis zwischen Lampe und Licht, zwi¬
schen Beleuchtungskörper und Raum!
Wie Schuppen fiel es von den Augen!
sehen schienen uns die wundersamen Formen lang vergessene
Erinnerungen auszulösen an die diamantenfunkelnde Märchen-
welt des Orients, an geheimnisvoll
grauer Vorzeit!
Welche Wandlung vollzog sich
tung unsrer Wohn- und Festräume!
noch vor kurzem die aus der dunkelge-
bräunten Mittelrosette herabhängende
schwere Petroleumkrone in protzigem
Glanze drückende Hitze und Unbehagen
verbreitete, schweben, an leichten Schnüren
hier und da aus den anmutigen Gebilden
einer zartgefärbten Stuckdecke sich ent-
wickelnd, perlmutterglänzende Blüten oder
strahlen in
leuchtende
l
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ARCHITEKTONISCHE RUNDSCHAU
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Kronleuchter von Steinicker & Lohr in München.
Und bei näherem Hin
sagenumwobene Kleinode
bisher nutzbar
blendend und ein
Kronleuchter.
Ausgeführt von
R. Kirsch
in München.
Entworfen von
H. E. von Ber-
lepsch-Valendas
in München.
Lüster in ge-
triebenem
Messing.
8 Aussenlam-
pen, 3 Innen-
lampen.
Lampen von der Sächsischen
Bronzewarenfabrik in Wurzen
gemacht werden
und Reifen-
die nicht mehr
nachgebildet,
Von Wilhelm &
Lind in München
Krone. Entworfen von K. Bertsch
in München. Ausgeführt vonj. Lasser
für die Werkstätten für Wohnungs-
einrichtung daselbst.
Von den Ausstellungen des Jahres
1903.
Lampen von cl
Sächsischen
allmählich in der Beleuch
Wo
purpurnen Kelchen zauberhaft
Blumen. In den Ecken und
an den Wänden erglänzen far-
bige Verglasungen und reich
facettierte Schalen. Aus den
Blumen der Kapitäle, aus den
Blüten- und Fruchtgewinden
der Figuren, aus den Rosetten
der Deckenfelder leuchtet das
verteilte Licht uns entgegen.
Der gestirnte Himmel über-
spannt die andachtsvoll lau-
schende Menge in den grossen
Konzert- und Theatersälen.
Das elektrische Licht hat
die Bahn
punkt einer Kuppel, dort
alsSternenkranzüberdem \
mit silbernem Prunkge- \
räte bedeckten Spiegel- \
büffett, als zauberisch ™
glühender Edelstein in der
üppigen Pracht einer Palmen¬
gruppe oder als funkelnde Rie-
senkrystalle in langen Reihen
sich spiegelnd in den marmor¬
schimmernden Wänden eines
Foyers.
Und daneben nach wie
l vor die poesievollen Ge-
\ bilde in den Formen alter
S Leuchter
\ krönen,
> streng
\ sondern immer freier
'"""x \ behandelt, im Gegen¬
sätze zu je¬
nen und am rechten Orte erhöhte Wir-
kungund neues Lebengewinnen. Wahr-
lich es ist kein Wunder, wenn jetzt
schon die Wahl schwer wird unter den
in üppiger Fülle hervorquellenden For-
men, welche in immer neuer wechsel-
voller Gestalt den lebendigen Kern,
das neue Licht zu umschliessen, es in
würdiger Fassung dem sehend gewor-
denen Auge darzubieten streben. Da-
bei scheint die volle Entwicklung erst angebahnt zu sein und
die Zukunft wird sicher bald mehr und noch Schöneres brin-
gen, wenn die sich steigernden Fortschritte in der Erzeugung
wirkungsvoller Gläser und farbiger Schmelzflüsse mehr noch
als
gebrochen und die
andern sind ihm ge¬
folgt. Das Licht als
solches ist in den
Vordergrund getre¬
ten, tausendfältig
und tausendfarbig,
schmeichelnd, tageshell und in sanfter
Verschleierung, allen Stimmungen und
Bedürfnissen gehorsam sich anpassend.
Hier als strahlende Sonne im Mittel-
Die Architekturabteilung der Glas-
palast-Ausstellung in München.
11 igentlich ist’s etwas kühn, das stille Win-
* > keldien, in das sich die Architektur heuer
\ | lungdesMünch-
ner Glaspalastes gefliich-
1 I tet hat, mit dem vollklin-
/■ \ genden Titel »Architek-
y \ turabteilung« zu be-
Z? y. zeichnen. Ein einziges klei-
i jX nes Zimmerchen (Nr. 26)
I 4. -' ’■ enthält die zur Ausstel-
’O |lung gekommenen Ent-
I v würfe für Bauten, und
1 dabei hat man noch zu
X einem Kunstgriff seine
A Zuflucht nehmen müssen,
i damit der Raum im Ver-
•\ hältnis zu den übrigen
nicht gar so armselig und
kahl und leer aussieht:
LU, x X' man hat noch verstreut
sst-FT’E&E einige plastische Kleinig-
N" keiten aufgestellt und ver-
U schiedene Skizzen nach
g-y Interieurs und Details
, ,Br?n.zeYv/’en" Krainer Dorfkirchen (von
Johannes Krontuss, Mün¬
chen) aufgehängt. Letz¬
tere Arbeiten zählen aber
füglich zu den Bildern. Nach Abzug dieser nur
dekorativen Zwecken dienenden Objekte befin¬
den sich ganze 17 Entwürfe und 5 kleine Mo-
delle in der »Architekturabteilung«; dagegen
stehen 2130 Nummern (ohne die Kopieen) des
Gemäldekatalogs!
Stange mit ihren ver-
schiedenen Ausbau¬
chungen und den von
dieser abzweigenden
Armen, statt des
schwülstigen Appa¬
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bedeckten Schnör¬
keln und zwecklos
gewordenen Tropf¬
schalen plötzlich
anmutige Phanta¬
siegebilde einer
andern Gedan- /
kenwelt: leichte
Gehänge,Blü- *
tendolden mit unzähligen Flammensternen auf r
schwankenden Stielen, scheinbar frei in der Luft / J
schwebende, aus bunten Gläsern zusammenge- >
fügte und mit funkelnden Steinen besetzte
Reifen und Diademe, wundersame Ge-
bilde aller Art, deren übereinander ge- VjRl
schürzte Reihen feiner, in tausend
Farben schillernder Perlgehänge die
stärkere Lichtquelle verschleierten und
doch das Licht überallhin strahlen und
wirken liessen. Kein Zweifel, das war
der Ausdruck für die Eigenart des elek-
trischen Lichtes, das rechte Verhält¬
nis zwischen Lampe und Licht, zwi¬
schen Beleuchtungskörper und Raum!
Wie Schuppen fiel es von den Augen!
sehen schienen uns die wundersamen Formen lang vergessene
Erinnerungen auszulösen an die diamantenfunkelnde Märchen-
welt des Orients, an geheimnisvoll
grauer Vorzeit!
Welche Wandlung vollzog sich
tung unsrer Wohn- und Festräume!
noch vor kurzem die aus der dunkelge-
bräunten Mittelrosette herabhängende
schwere Petroleumkrone in protzigem
Glanze drückende Hitze und Unbehagen
verbreitete, schweben, an leichten Schnüren
hier und da aus den anmutigen Gebilden
einer zartgefärbten Stuckdecke sich ent-
wickelnd, perlmutterglänzende Blüten oder
strahlen in
leuchtende
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