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Matz, Friedrich [Hrsg.]; Andreae, Bernard [Hrsg.]; Robert, Carl [Hrsg.]
Die antiken Sarkophagreliefs (2): Mythologische Cyklen — Berlin, 1890

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https://doi.org/10.11588/diglit.12015#0128
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I I o

TROISCHER KREIS

Hintergrund fliehen zu beiden Seiten der Hauptfiguren zwei
berittene Amazonen nach links und rechts auseinander;
vgl. die Mittelgruppe von 86. Die links, im Chiton und
mit flatterndem Haar, wendet den Kopf nach rechts auf
die bedrohte Amazone zurück, streckt wie hilfesuchend
den rechten Arm aus und scheint mit dem linken den
Hals ihres Rosses zu umklammern; die rechts hat das Haar
hinten in einen Knoten zusammengebunden, trägt einen
flatternden Mantel, hält mit der Linken die Zügel und legt
die Rechte an die Brust ihres Rosses. Im unteren Räume
links ein mit eingeschlagenem rechtem Knie am Boden
kauernder jugendlicher Krieger (bärtig Fig. 89". Nie. Bea-
tricetto; weggelassen Fig. 89') in Helm, Panzer, Paluda-
mentum und Stiefeln, an der Seite die leere Schwertscheide,
am linken Arm einen sehr verstümmelten Schild, in der
aufgestützten Rechten wahrscheinlich ursprünglich das
Schwert; vgl. Fig. 89". Hinter ihm im Reliefgrund stürzt
eine Amazone mit geschlossenen Augen über den Hals
ihres zusammengebrochenen Pferdes zu Boden; vgl. die
ähnliche, nur nach der andern Seite gewandte Figur in
der linken Seitengruppe von 86. 87. Weiter rechts die
verwundet am Boden sitzende Amazone wie in der linken
Seitengruppe von 87, nur in mehr aufrechter Haltung, mit
aufgestütztem linkem Bein und dem Beschauer zugewandtem
Kopf; auch trägt sie über der Brust das Köcherband. Von
einem gestürzten Krieger rechts hinter ihr ist nur die Brust
und der rechte Arm (?) erhalten; er trägt Panzer und
Paludamentum und scheint, falls hier nicht eine von Eichler
übersehene Ergänzung vorliegt, mit der rechten Hand die
Pelta der am Boden sitzenden Amazone zu umfassen.

In der rechten Seitengruppe dieselben beiden Haupt-
figuren, wie auf 88. Die rechte Brust der Amazone, deren
Oberkörper grösstentheils ergänzt ist, scheint entblösst
gewesen zu sein. Der Krieger ist hier jugendlich und trägt
dasselbe lange Haar, wie Achilles und der entsprechende
Krieger in der linken Seitengruppe. Der Kopf ist stärker
gehoben und die rechte Schulter mehr zurückgenommen,
so dass auch der rechte das gezückte Schwert haltende
Arm vollständig sichtbar wird. Rechts über ihm, wo auf
88 die zweite Amazone erscheint, ein nach links spren-
gender Trompeter, als solcher durch die aufgeblasenen
Backen, den Bruch am Mund und die Haltung des erhobe-
nen linken Armes (noch besser erhalten 89') gekennzeich-
net; er trägt Helm, Panzer, Paludamentum und ein an
einem breiten Wehrgehäng befestigtes Schwert. Ihm ent-
sprechend muss am linken Ende dieser Seitengruppe über
der Penthesilea, wo jetzt das grosse moderne Stück ein-
gesetzt ist, schon der Ausfüllung des Raumes wegen noch
eine Reiterfigur, vermuthlich eine Amazone dargestellt ge-
wesen sein. Unter der galoppirenden Amazone, wie auf
88, eine Kampfscene. Doch ist diesmal der Angegriffene
ein Reiter, dessen Pferd auf die Hinterbeine gestürzt zu

sein scheint und sich mit erhobenem Vordertheil vergeb-
lich emporzuarbeiten strebt. Der Krieger trägt Helm,
Panzer und Paludamentum, hebt mit der Linken einen
sechseckigen Schild zur Deckung hoch empor und hält in
der aufgestützten Rechten den Rest einer Waffe, vermuth-
lich wie auch auf 89" und von Nie. Beatricetto ange-
nommen ist, eines Schwertes. Seine Gegnerin, eine trotz
ihrer Niedrigkeit eher stehend als knieend zu denkende
Amazone im gegürteten, die rechte Brust freilassenden
Chiton, das Haar in einen Knoten zusammengebunden,
erhebt den rechten Arm offenbar zum Hieb mit einer
nicht sichtbaren Waffe, wahrscheinlich der Bipennis. Unter
dem gestürzten Ross wird der Oberkörper einer todten,
auf dem Rücken liegenden Amazone sichtbar, die in der
rechten über den Kopf erhobenen Hand das Schwert hält
und am gesenkten linken Arm den Schild trägt, wie in
der Mittelgruppe von 75. Weiter rechts an der Ecke
eine, wie es scheint, verwundet am Boden sitzende Ama-
zone im Chiton mit entblösster rechter Brust, das von
wirrem Haar umgebene Haupt auf die linke Schulter ge-
beugt; sie lehnt den linken Arm auf ihren am Boden
stehenden Schild und hat die linke Hand vor die Brust,
vielleicht auf eine dort befindliche Wunde, und den rechten
Arm in den Schooss gelegt.

An jeder Ecke eine Amazone mit Tropaeum; beide
tragen Chiton mit gegürtetem Ueberschlag, einen auf der
Brust gehefteten Mantel und hohe, mit Pelz verbrämte,
die Zehen freilassende Stiefel. Das nur bei der Amazone
an der rechten Ecke erhaltene Haupt ist von langen, ge-
drehten, durch eine Binde zusammengehaltenen Locken
umgeben; das nach innen gekehrte Bein ist Spielbein. Das
wieder nur an der rechten Ecke erhaltene Tropaeum ist
dasselbe wie auf 88; nur ist am unteren Theil der Stange
auch noch ein Schwert befestigt.

90) P. Paris, Louvre. Fig. 90. Sehr stark und
an manchen Stellen unrichtig ergänzt (wohl um 1615).
L. 2,30. H. 0,91. Zeichnung von Eichler 1873.

Früher an der Nordseite der 16 15 erbauten Villa Borghese
in der dritten Reliefreihe eingemauert; E. Visconti 77 Museo
Pio-Clementino V 1796 p. 40 n. g: affisso al muro esteriore setten-
trionale del pa/azzo, vgl. Manilli Villa Borghese 1650 p. 42 una
battaglia, forse d'Amazoni; Montelatici Villa Borghese 1700 p. 162
il combattimento d'Hercole, e suoi compagni con le Amazoni. Seit 1808
im Louvre, wo es anfänglich im Hof aufgestellt war. Die ver-
muthlich beim Ausbrechen abgetrennte linke Eckfigur ist seit 1880
wieder angefügt.

Abbildungen: Bouillon Mus'ee des Antiques III 1827 (ßas~
Reliefs) pl. zo, 1 (ohne die linke Eckfigur) — Clarac Mus'ee de
sculpture II 1829—1830 pl. 112, 245 nr. 728; pl. 180, 234
nr. 750 (d. linke Eckfigur).

Litteratur: Manilli a. a. O.; Montelatici a. a. O.; E.
Visconti a. a. O.; Welcker Zeitschrift für Geschichte und Aus-
 
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