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TAFEL XLV. XLVI GRIECHISCHE SARKOPHAGE 147—151

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der links eine grosse Traube, der rechts einen Vogel, viel-
leicht eine Taube, hält.

Die Vorderseite Fig. 151 zeigt in der Mitte Hippolytos,
wie er, im Begriff zur Jagd aufzubrechen, von der Amme
der Phaidra angesprochen wird. Er ist nackt bis auf die
über den linken Arm geworfene, mit zurückgeschobener
Spange auf der Schulter aufliegende Chlamys. An der
Seite trägt er das Schwert. Mit der Linken schultert er
einen kurzen Jagdspeer; in der Rechten hält er ein ihm
von der Amme übergebenes Schreibtäfelchen, den Liebes-
brief der Phaidra. Den Blick richtet er prüfend und arg-
wöhnisch auf die Amme. Der Kopf hat, wie bereits Lechat
hervorhob, eine unbestreitbare Aehnlichkeit mit Antinous.
Die Amme, eine alte kleine Frau mit tief herabfallenden
Scheiteln, welkem Hals und schmalen zusammengekniffenen
Lippen, aber in aufrechter Haltung, hebt wie beschwörend
die Linke; auch ihre an die Brust gehaltene Rechte,
die jetzt abgebrochen ist, wird wohl einen Redegestus
gemacht haben. Bekleidet ist sie mit einem Aermel-
chiton und schleierartig über den Kopf gezogenem Ober-
gewand.

Die linke Ecke nimmt die traurig und nachdenklich auf
einem Stuhle sitzende Phaidra ein. Sie trägt ein Diadem,
hochgegürteten Aermelchiton und einen um den Unterkörper
gelegten und schleierartig über den Kopf gezogenen Mantel,
dessen einen Zipfel sie mit der rechten Hand emporzieht;
die Füsse sind beschuht. Mit der Linken fasst sie das
rechte Händchen eines kleinen Eros, der sich an sie lehnt
und mit der Hand ihr Knie berührt, indem er sie theil-
nehmend betrachtet; er hat das rechte Bein über das linke
geschlagen; auf dem lockigen Haar bemerkt man eine
Scheitelflechte. Phaidra ist von zwei Dienerinnen um-
geben; zu der einen, die hinter ihr stehend ihren rechten
Arm fasst und ihr flüsternd Muth zuzusprechen scheint, dreht
sie den Kopf ein wenig zurück. Diese Dienerin trägt einen
feinen Aermelchiton und einen um den Unterkörper ge-
schlungenen Mantel; das gescheitelte Haar ist hinten in
einen Schopf zusammengefasst, der auf dem Scheitel auf-
gebunden ist. Die zweite an Phaidras linker Seite stehende
Dienerin beobachtet gespannt den Vorgang in der Mitte,
indem sie die geschlossene linke Hand dem Kinn nähert.
Sie trägt einen Aermelchiton mit gegürtetem Ueberschlag.
Das Haar ist hinten in ein Nest zusammengebunden.

Rechts zwei Jagdgefährten des Hippolytos. Der eine
führt das gezäumte Pferd des Heros; die Stütze links be-
zeichnet die Stelle seiner rechten Hand; die rechts rührt
wohl von einem Schwert her, das er in der vorgestreckten
Linken trug. Vgl. 161. 163. Der zweite Gefährte führt mit
der Rechten einen Hund an der Leine und schultert mit
der Linken einen Speer. Beide Jünglinge haben lockiges
Haar und sind mit der Chlamys bekleidet. An jeder Ecke

schliesst ein Pinienbaum die Darstellung ab; vor dem zur
Linken sitzt das Schosshündchen der Phaidra.

Eine recht ähnliche Composition zeigt ein Decken-
gemälde aus den Traians-Thermen, Mirri et Carletti Tenne
di Tito tav. 43; Ponce Collection des tableaux etc. trouves dans
les ruines des Thermes pl. 42 (Spiegelbild), danach Archaeo-
logische Zeitung XLI 1883 Taf. 7, 3 und, richtig gestellt,
Mittheilungen des Römischen Instituts XVI 1901 S. 225.
Letztere Abbildung wird hier mit Benutzung des vom
römischen Secretariats freundlich zur Verfügung gestellten
Cliches wiederholt. Der Augenschein lehrt, dass sowohl

deckengemälde aus den traians-thermen.

der Sarkophag als das Deckengemälde auf dieselbe Vor-
lage, wohl ein Tafelbild, zurückgehen, die auch dem
herculanensischen Bilde {Pitture d'Ercolano III 15, Helbig
Wandgemälde Nr. 1244) und seinen pompeianischen Re-
pliken zu Grunde liegt, nur dass hier die Figuren enger
zusammengedrängt sind. Vgl. S. 169 ff.

Die beiden Schmalseiten sind nur abbozzirt. Auf der
linken Fig. 151a ist eine in Vorderansicht stehende nackte
Figur angebracht, die in der Linken eine Lanze halten sollte,
wohl Hippolytos selbst; auf ihn schreitet von rechts ein
Jagddiener zu, der mit tiefgegürteter Tunica bekleidet ist
und in der Linken ein Lagobolon trägt. Auf der rechten
Fig. 151b zwei nach rechts schreitende Jagddiener, gleich-
falls in tiefgegürteter Tunica, die auf den Schultern ein
Jagdnetz tragen; zwischen ihnen ein kleiner Jagdhund.

Auf der gleichfalls nur abbozzirten Rückseite Fig. 151c
sind drei Guirlanden mit herabhängenden Trauben aus-
gehoben. Sie sollten von vier auf besonderen Postamenten
stehenden Eroten auf den Schultern getragen werden.
Ueber den Guirlanden waren drei Masken oder drei Ro-
setten beabsichtigt. Diese Form der Guirlanden-Decoration
ist auf Sarkophagen aus Kleinasien, Syrien und Nordafrika
sehr beliebt. Besonders ähnlich ist ein unpublicirter Sarko-
phag im Garten von Rustem-Pascha bei Beirut; vgl. auch
den von Joubin a. a. O. p. 56 nr. 99 beschriebenen Sarko-
phag aus Iasos, jetzt in Konstantinopel, der nur hinsicht-
lich der Ausfüllung des Raumes über den Guirlanden ab-
weicht. Auch die gleichfalls nur ausgehobene, nicht durch-
geführte Rückseite eines Sarkophags bei Mylasa (abgeb.

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