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Robert, Carl [Hrsg.]; Matz, Friedrich [Hrsg.]; Andreae, Bernard [Hrsg.]; Robert, Carl [Hrsg.]
Die antiken Sarkophagreliefs (3,2): Einzelmythen: Hippolytos - Meleagros — Berlin, 1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.12013#0069
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TAFEL LVII 180. 181.

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erschrocken und unentschlossen, der andere muthig und
energisch.

Diese letztere Figur bildet zusammen mit einem Ge-
fährten der Dioscuren die linke Seitengruppe. Mit Helm,
Schild, Wehrgehänge und flatternder Chlamys ausgestattet,
in der gesenkten Rechten, wie die Vergleichung mit
181—183 lehrt, das gezückte Schwert, will er den Leukip-
piden zu Hilfe eilen. Zwischen seinen Füssen liegt die
herabgefallene Schwertscheide am Boden. Diesem Krieger
wirft sich der jugendliche Begleiter der Dioscuren, der
gleichfalls einen Helm, einen Schild mit Gorgoneion und
die Chlamys trägt, den Rückzug seiner Herren deckend,
entgegen; jedoch gebraucht er keine Angriffswaffe. Er
stemmt nur mit der ganzen Wucht des Körpers seinen
Schild gegen den Schild seines Gegners, auf dessen Schul-
ter er zugleich wie begütigend die rechte Hand legt. Wir
sollen uns vorstellen, dass die Dioscuren die Entführung
durch kein Blut befleckt sehen wollen. Die Deutung der
Gruppe auf die beiden Apharetiden — Lynkeus dem Idas
den Kampf mit Castor streitig machend nach Theokrit
XXII 176 — verbietet sich, abgesehen von vielem anderem,
schon durch den Altersunterschied der beiden Gegner und
die von Theokrit völlig verschiedene Situation.

Die beiden Schmalseiten führen in höchst anmuthiger
Weise die förmliche Vermählung der Dioscuren mit
den geraubten Bräuten vor. Beide Male bildet ein Para-
petasma den Hintergrund, das nach der Rückseite hin an
dem Ast eines kräftigen Baumstamms befestigt ist. Diesem
entspricht nach der Vorderseite hin ein Pflaster, auf dem
eine Vase steht. Auf der linken Schmalseite Fig. 180 a
fasst der mit kleinem aber deutlichen Pileus und Chlamys
bekleidete Dioscur die Leukippide mit der Linken bei
der rechten Handwurzel, während er, wie in Verlegenheit
wegen des gewaltsamen Raubes, mit der Rechten an seiner
Chlamys zupft. Die Leukippide, in Aermelchiton, Mantel,
Brautschleier und Brautschuhen, am rechten Arm eine
Spange, spielt mit der Linken gleichfalls an ihrem Ge-
wand, blickt aber ihren Bräutigam an. Durch ein Ver-
sehen des Bildhauers sind ihre Füsse etwas zu hoch ge-
stellt, so dass sie auf einem Postament zu stehen scheint.
Auch unter den verbundenen Händen des Paares ist etwas
Marmormasse stehen geblieben, was zu der falschen An-
nahme geführt hat, als ob ein Altar dargestellt sei, wobei
gleichzeitig die Horizontalfalten des Parapetasma als Qua-
derfugen missverstanden wurden. Auf der rechten Schmal-
seite Fig. 180b schreitet die Leukippide langsam nach
rechts, während der Dioscur, in derselben Tracht wie
sein Bruder, ebenfalls den Kopf verlegen abwendet, mit
der Linken seine Chlamys fasst und mit der Rechten den
Mantel seiner Braut nur schüchtern zu berühren wagt.
Diese ist mit Chiton und einem schleierartig über das
I laupt gezogenen Mantel bekleidet. Am rechten Fuss ist

der Brautschuh deutlich zu erkennen. Der Restaurator hätte
daher den linken Fuss nicht unbeschuht ergänzen dürfen.
Vielleicht noch aus dem Ende des ersten Jahrhunderts.

181) S. Rom, Vatican, Galleria dei candelabri (269).
Fig. 181. Fig.i8ia. Fig.i8ib. L. 1,85. H.0,51. T. 0,60.
Am Kranz der rechten Eck-Hore und an den benachbarten
Theilen ihres Gewandes sind Spuren rother Farbe erhalten.
Zeichnung von Eichler 1876.

Am Ende des 15. Jahrh. im Hause eines MESSER Fazio bei
S. Maria in Via lata; bis zu seiner Ueberführung in den Vatican
so gut wie unbeachtet, dort anfänglich im Belvedere in der Nähe
des Apollon aufgestellt.

Alte Zeichnung: cronaca (1457—1508) Fol. iöor, früher in der
Sammlung Santarelli, jetzt in den Uffizien; darunter die Inschrift:
in chasa di meser Fazio a santta maria invia latta (P. N. Ferri Cata-
logo riassuntivo de IIa Raccolta di Disegni antichi e moderni posseduta
dalla R. Galleria degli Uffizi di Firenze 1890 p. 115 nr. 160).

Abbildungen: E. Q. visconti // Museo Pio-Clementino IV
1788 tav. 44 (Vordere.); to. A 4, 5 (Schmalseiten). Danach Millin
Galerie mythologique 1811 II CXIX nr. 523 (= GuiGNIAUT Reli-
gions de Vantiquite IV 2, 1841, pl. 187, 737). — PlSTOLESI // Vati-
cano descritto ed illustrato VI 1829 pl. 58.

Litteratur: E. Q. visconti a.a.O. p.goss.; P. Massi Indica-
zione antiquaria del pontificio Museo Pio-Clementino in Vaticano 1792
/. 209 nr. 48; Zoega App. Fol. 460 cc Nr. 171 (= welcker Zeit-
schrift für Geschichte und Auslegung der alten Kunst 1818 S. 406);
Petit Rädel Les monumens antiques du Musee Napoleon II 1804
p. 118; H. Meyer in Winckelmann's Werken II 1808 S. 693 A. 114;
C. A. Böttiger Ideen zur Archaeologie der Malerei 1811 S. 294;
Millin a.a.O. II /. 59 (= Guigniaut a.a.O. IV 1 p. 336); Fea
Nuova Descrizione de' monumenti antichi nel Vaticano etc. 1819
p. 121; clarac Musee de smlpture II 1826 527; [FRATELLI MASSl]
Museo Pio-Clementino al Vaticano (erster Druck 1826)/. 189 nr. 269;
PlSTOLESI a. a. O. p. 93 ff.; K. O. Müller Handbuch der Archaeo-
logie der Kunst (1. Aufl. 1830) § 414, 5; Beschreibung der Stadt
Rom II 2, 1834, S. 276 Nr. 22; Campana Di due scpolcri rotnani
1840 /. 34; Bursian Archaeologische Zeitung X 1852 S. 441; braun
Die Ruinen und Museen Roms 1854 S. 512 ff. Nr. 214; DüTSCHKE
Antike Bildwerke in Oberitalien III 1878 S. 39; Helbig Führer durch
die öffentlichen Sammlungen klassischer Alterthümer in Rom 1899
I2 S. 245 Nr. 390.

Die Vorderseite Fig. 181 ist eine ziemlich genaue Wie-
derholung von 180, nur sind zu beiden Seiten der Mittel-
figur noch zwei weitere Gespielinnen der Leukippiden
eingesetzt, beide nach rechts enteilend; die zur Linken
ganz im Profil mit gesenktem rechtem Arm, die zur Rech-
ten zurückblickend, mit erschreckt erhobener rechter und
weit vorgestreckter linker Hand. Beide tragen einen ärmel-
losen Peplos mit Ueberschlag, die zur Rechten ausserdem
einen bogenförmig flatternden Mantel. Auch durch grössere
Lebhaftigkeit in der Bewegung und* stärkeres Pathos im Ge-
sichtsausdruck unterscheidet sich dieser Sarkophag von 180.
Von Abweichungen im Detail sind folgende hervorzuheben.
 
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