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Robert, Carl [Hrsg.]; Matz, Friedrich [Hrsg.]; Andreae, Bernard [Hrsg.]; Robert, Carl [Hrsg.]
Die antiken Sarkophagreliefs (3,2): Einzelmythen: Hippolytos - Meleagros — Berlin, 1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.12013#0086
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240

MARS UND VENUS

Sarkophag eines Erwachsenen nicht ausreichenden Länge,
sondern auch daraus, dass in dem jetzigen Zustand die
Gruppe von Mars und Venus nicht mehr die Mitte ein-
nimmt, was sie ohne einen Zweifel ursprünglich thun
musste. Da nun rechts Quirinus, Hercules und Bacchus,
links Sol, Vulcan und Mercur einander entsprechen, so
fehlt rechts ein Pendant zur Magna Mater mit ihrer Um-
gebung. Als solches ergeben sich ganz von selbst die
capitolinischen Gottheiten, die auch auf 193 gegenwärtig
sind. Wie dort, so gehört auch hier Tellus zu dieser
Gruppe, nur dass sie links placirt ist. Auch der Caelus
unter den Füssen des Iupiter wird nicht gefehlt haben.
Hülsen bemerkt, dass bei dieser Gegenüberstellung ein
ähnliches Princip befolgt ist, wie auf der Sorrentiner Basis,
rechts die Götter des Capitols, links die des Palatin,
Apollon und Diana, die Magna Mater, endlich Lima
Lucifera.

Aus der ersten Hälfte des zweiten Jahrhunderts.

195) P> verschollen, früher in Rom. Fig. 195 nach
dem Coburgensis, Fig. igs' nach dem Pighianus, Fig. 195"
nach Winckelmann Monumenti antichi inediti 1767 nr. 27.

winckelmann spricht in seiner Abhandlung über die Allegorie
1766 (Werke II S. 549 f.) von diesem nach Ausweis des Cobur-
gensis in der Mitte des sechszehnten Jahrhunderts in Rom befind-
lichen Relief als von einem nicht mehr vorhandenen Werk. Danach
scheint er es selbst nicht mehr gesehen, sondern nur aus einer
Zeichnung gekannt zu haben, die auch seinem Stich in den Momt-
menti inediti zu Grunde liegen wird; doch fehlt in dem Text zu
diesem jede Angabe darüber, woher er die Zeichnung hat. Die des
Coburgensis kann es nicht gewesen sein, da bei Winckelmann
sämmtliche Figuren ergänzt erscheinen. Wohl aber erinnert die Art
der Ergänzungen und die allerdings durch den Stich etwas verflaute
Manier der Zeichnung durchaus an die Blätter des dal Pozzo, die
die Bildwerke auf dem Papier ergänzt zeigen. Daher liegt die Ver-
muthung nahe, dass WlNCKELMANN's Abbildung auf eine jetzt ver-
schollene Zeichnung aus dem bis 1762 in Albani's Besitz befindlichen
Museo cartaceo des dal Pozzo zurückgeht (vgl. 283). Für die Inter-
pretation ist sie also werthlos. Die Angabe bei Raoul Rochette,
dass das Relief sich einst in Villa Borghese befunden habe, ist ebenso
aus der Luft gegriffen, wie die von Overbeck und Bernoulli, die
Villa Albani als seinen früheren Aufbewahrungsort bezeichnen.

Alte Zeichnungen: Coburgensis Fol. 199 Nr. 152, ohne den
Mercur an der rechten Ecke, der, weil die Breite des Papiers nicht
ausreichte, entweder auf demselben Blatt darunter oder auf einem
anderen Blatt gezeichnet gewesen sein muss, ein im Coburgensis
nicht seltener Fall, Fig. 195. Danach Pighianus Fol. 261 Nr. 158,
skizzenhafte Bleistiftzeichnung, aber mit dem ohne Zweifel nach der
verlorenen CüBURGENSlS-Zeichnung copirten Mercur, Fig. 195'.

Abbildungen: winckelmann a.a.O. Fig. 195". Danach HlRT
Bilderbuch für Mythologie, Archaeologie und Kunst 1805 I Taf. 7, 5
(nur die Hauptgruppe); MlLLlN Galerie mytlwlogique 1811 I pl. 38
nr. 168 (= GuiGNlAUT Religions de Pantiquite IV 1841 95 nr. 380);
BRUNN Vorlegeblätter Taf. IV 1.

Litteratur: Winckelmann Versuch einer Allegorie (Werke II
S. 549 f.); DERS. Monumenti antichi inediti 1767 33.?.; HlRT a.a.O.
S. 60; Millen a. a. O. I 39 (= Guigniaut a. a. O. /. 161);
K. O. Müller Handbuch der Archaeologie der Kunst (1. Aufl. 1830)
§367, 2; Raoul Rochette Choix de peintures de PompH 1843
/. 231J.; O. Jahn Berichte der sächsischen Gesellschaft der Wissen-
schaften, Philol. histor. Classe, XX 1868 S. 2i2f.; Rossbach Römische
Hochzeits- und Ehedenkmäler 1871 S. 5 A. 7. S. 8. S. 16; Matz
Philologischer Anzeiger IV 1872 S. 155; Overbeck Kunstmythologie
I (Zeus) 1871 S. 172 (EE), III (Apollon) 1889 S. 298; Bernoulli
Aphrodite 1873 S. 396.

Die Interpretation dieser Platte hat sich streng an die
Zeichnung des Coburgensis Fig. 195 zu halten und die
willkürlichen Ergänzungen der WiNCKELMANN'schen Abbil-
dung Fig. 195" unberücksichtigt zu lassen. Für die Figur
an der rechten Ecke tritt ergänzend der Pighianus
Fig. 195' ein.

Die Disposition erinnert etwas an den Medea-Sarko-
phag II 194. Man unterscheidet eine kleine Scene an der
linken Ecke und eine grosse den ganzen Rest der Platte
einnehmende Hauptscene. Die kleine Scene zeigt gleich-
sam als Vorspiel die Vermählung des Vulcan mit der
Venus in der Form der Dextrarum iunctio und in dem auf
den sog. Hochzeits-Sarkophagen üblichen Typus. In der
Mitte steht Iuno pronuba, die ihre beiden Hände auf
die Schultern des Paares legt. Sie trägt ein Diadem und
einen Chiton mit ungegürtetem Ueberschlag; deutlich er-
kennt man auch die Schulterlocken. Der bärtige Vulcan
ist mit dem Pileus und der Exomis bekleidet; Venus mit
Chiton und Brautschleier; vgl. II 194.

Den Mittelpunkt der Hauptscene bildet das von Vulcan
überraschte Liebespaar, Mars und Venus. Vor einem
im Hintergrund ausgespannten Vorhang sitzen sie Seite
an Seite auf einer Kline, wenden sich aber wie bestürzt
und beschämt von einander ab; doch ist von den Fesseln
des Vulcan hier so wenig wie auf 194 etwas wahrzu-
nehmen. Mars sitzt weit zurückgelehnt mit geneigtem
Haupte da: sein linker Arm ruht auf dem neben ihm
stehenden Schild; sein rechter war erhoben, schwerlich um,
wie Fig. 195", das Haupt zu stützen, sondern vermuthlich
mit einem Gestus der Ueberraschung und des Schreckens.
Der Gott trägt einen Helm mit hohem Busch und an der
Seite das Schwert; über seine Beine fällt eine Chlamys
herab; sein vorgestreckter rechter Fuss ruht auf einem
breiten niedrigen Schemel, der wohl als Bettstufe zu denken
ist (vgl. Band II S. 207 A. 2). Venus wendet sich ganz
nach rechts ab; ihre rechte Hand berührt keineswegs, wie
in Fig. 195" angenommen ist, die wegeilende Flügelfigur,
sondern stützt sich, wie sowohl Fig. 195 als Fig. 195'
deutlich zu erkennen ist, auf den Rand der Kline. Die
linke Hand war erhoben; dass sie aber den einen Zipfel
des schleierartig über den Kopf gezogenen Mantels gefasst
 
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